Hexer-Edition 16: Stirb, Hexer!
begriff, dass es keine Tür gab. Es war, als hätte sie nie existiert.
Sarim begann plötzlich zu frieren, obwohl es verdammt warm in dem engen Schacht war. Nervös versuchte er sich über seine Lage klar zu werden. Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Tausend Erklärungen für das Unerklärliche – und eine unbefriedigender als die andere.
Er wusste nur eines mit Sicherheit: dass er sich wie ein Idiot benommen hatte. Er hatte die Macht, die dieses Haus beschützte, sträflich unterschätzt. Wenn sein Zeitgefühl nicht ebenfalls genarrt worden war und sein Plan erfolgreich ablief, dann waren die Beamten des Yard gerade dabei, Craven zu verhaften.
Wenn … dachte er finster.
Wenn es nicht genau anders gekommen war und er sich längst in einer Falle befand, aus der es kein Entrinnen mehr gab.
Sarim konnte es kaum glauben, doch er hatte fast eine ganze Nacht und den halben Vormittag gebraucht, um eine einzige Treppe zu überwinden – und dabei war er sehr sicher, dass erst wenige Minuten vergangen waren, seit er das Haus betreten hatte. Und zu allem Überfluss war er statt in den Keller in den ersten Stock des Hauses geraten. Auch die Treppe, auf der er jetzt stand, führte nach oben. Vor ein paar Sekunden war sie noch nicht da gewesen, aber das fiel Sarim de Laurec ebenso wenig auf wie der Umstand, dass er gerade in zwei aufeinander folgenden Gedanken das Gegenteil des jeweils anderen gedacht hatte.
Er wusste nur, dass ihm die Zeit davonlief. Wenn er Craven – und damit auch Howard – vollständig vernichten wollte, dann musste er sich sputen, um ein Versteck zu finden, in dem er seine magischen Kräfte ungehindert entfalten konnte.
Und es gab nur einen einzigen Weg, der ihm offen stand – nach oben.
Vorsichtig begann er die morschen Stufen hinaufzugehen.
Und so wenig wie alles andere zuvor bemerkte Sarim de Laurec, dass die Treppe hinter ihm verschwand, kaum dass er den Fuß von dem morschen Holz gelöst hatte …
Die kahlen Mauern meiner Zelle waren nicht einmal das Schlimmste. An solche und ähnliche Widrigkeiten hatte ich mich Zeit meines Lebens gewöhnen müssen. Viel schlimmer war das Gefühl von Endgültigkeit, das ich verspürte. Es war nicht das erste Mal, dass ich in einer scheinbar ausweglosen Situation steckte – aber irgendetwas sagte mir, dass es diesmal schlimmer war als je zuvor. Es gibt sehr wenige Dinge, bei denen die englische Polizei weniger Spaß versteht als den Mord an einem Kollegen. Tailworthern selbst hatte den Riegel vorgeschoben und die Tür zugeschlossen, so sorgfältig, als hielte er mich für eine Art Wundertier, das nach Belieben durch feste Mauern und stabile Türen spazieren konnte.
Ich hätte im Moment auch viel dafür gegeben, es zu können.
Gray und Howard hatten mich in der Kutsche begleitet, die mich zum Yard brachte, und Gray hatte versichert, noch in dieser Nacht alles zu tun, was in seiner Macht stand, mir hier heraus zu helfen.
Das war es, was er gesagt hatte.
Aber ich hatte seinen Blick dabei sehr wohl registriert. Seine Worte entsprachen nicht unbedingt dem, was er dachte. Gray hatte mich schon etliche Male aus Schwierigkeiten mit den Behörden herausgepaukt, doch diesmal stand mir das Wasser bis zum Hals – und ein wenig darüber hinaus. Und Cohen würde sich ein besonderes Vergnügen daraus machen, möglichst hohe Wellen zu schlagen.
Das Schlimme war, dass ich keine Ahnung hatte, wer mir diese Leiche in den Garten praktiziert hatte. Nicht, dass ich einen Mangel an Feinden gehabt hätte, auch nicht an solchen, die zu einer solchen Intrige bereit und auch fähig gewesen wären. Aber wer, zum Teufel nochmal? Es musste jemand hinter dem Ganzen stecken, der mich mit allen Mitteln vernichten wollte – und dem mit meinem Tod allein nicht gedient war.
Es müssen wohl zwei Stunden oder mehr gewesen sein, die ich mit offenen Augen auf der harten Pritsche lag und grübelte, ehe ich ein Geräusch von der Tür her hörte und aus meinen fruchtlosen Gedanken hochschreckte. Ich setzte mich auf, fuhr mir mit den Händen durch das Gesicht und sah zur Tür, darauf hoffend, Dr. Gray zu sehen, der mit der Nachricht kam, dass sich alles als Irrtum herausgestellt hatte.
Doch es war Tailworthern, der mit Handschellen auf mich zukam. Hinter ihm standen vier kräftige Burschen in Uniform und mit Gummiknüppeln in der Hand. Dem Ausdruck auf ihren Gesichtern nach zu schließen warteten sie geradezu darauf, dass ich mich zu wehren versuchte. Einen Moment lang
Weitere Kostenlose Bücher