Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans
seinen Hof zu kommen und ihm auch noch zu drohen?, dachte er wütend.
Als hätte er seine Gedanken gelesen, legte Guillaume de Saint Denis seinem Kameraden beruhigend die Hand auf den Unterarm. »Lass ihn, Renard. Der Rubin stellt für uns keine Gefahr dar.« Er schüttelte den Kopf, um seine Worte zu bekräftigen, dann wandte er sich wieder an Nizar:
»Du solltest dir unseren Vorschlag noch einmal überlegen«, sagte er ruhig. »Um die Wüstenstämme, die du dir unterworfen hast, unter Kontrolle zu halten, brauchst du das Auge des Satans nicht. Dazu reicht die Kraft deines Rubins allein. Außerdem bieten wir dir die Unterstützung unseres Ordens an, wenn du uns das Auge des Satans übergibst. Du weißt, wir besitzen mehr Macht, als du mit dem Auge jemals erringen könntest. Außerdem«, fügte er in fast – aber eben nur fast – freundlichem Ton hinzu, »wäre es nur eine … nun, sagen wir: Leihgabe. Ein jeder von uns gibt dir sein Wort als Ehrenmann und Ritter, dass du das Auge unbeschädigt zurückerhältst.«
»Würdet ihr mit euren Köpfen dafür haften?«, fragte Nizar lauernd.
»Nein«, fauchte Renard. »Aber vielleicht mit deinem.«
Saint Denis brachte seinen Begleiter mit einer unwilligen Geste zum Verstummen. »Schlag ein«, fuhr er fort, Renards Worte ganz bewusst übergehend, »und wir garantieren, dass ab sofort deine Feinde auch unsere Feinde sind. Wir werden jeden vernichten, der dich und dein Reich bedroht!«
Nizar starrte den Templer an. Das Wort Größenwahn war ihm bisher fremd gewesen, obwohl – oder vielleicht weil – er von Geburt an sehr ausgeprägt an dieser Krankheit litt, aber Guillaume de Saint Denis’ Worte klangen in seinen Ohren mehr als nur großspurig. Er kannte die Macht der Templer, auch wenn er bislang noch nie persönlich mit einem Angehörigen dieses Ordens zusammengetroffen war. Doch was konnten sie von der geheimnisvollen Kraft des Auges schon wissen? Märchen und Gerüchte vielleicht, nichts als das erschreckende und Angst machende Geschwätz, das darüber im Umlauf war – und das er selbst zu einem guten Teil in die Welt gesetzt hatte, um seine Macht noch mehr zu festigen.
Was wussten sie schon, diese Narren! Er hatte seinen Blick in das Auge versenkt und die Kräfte, die es wie ein nie versiegender Quell verströmte, in sich aufgenommen. Nur er allein wusste, was das Auge des Satans vermochte.
»Nein«, sagte er, jetzt ohne die geringste Spur von Freundlichkeit. »Es bleibt dabei. Und es wäre besser, ihr verschwindet jetzt. Aus meiner Burg und aus meinem Reich. Bevor die Wüstensonne eure Knochen bleicht«, fügte er gelassen hinzu.
Renard de Banrieux riss sein Schwert mit einem Wutschrei aus der Scheide und stürmte auf Nizar zu, noch bevor ihn Guillaume zurückhalten konnte. Der Magier wich mit einer Behändigkeit, die man einem Mann seines Aussehens gar nicht zugetraut hätte, einen halben Schritt zurück und zeichnete mit der Hand einen Kreis in die Luft. Wie aus dem Boden gewachsen stand plötzlich ein gutes Dutzend Krieger um ihn herum, reglos, aber bereits mit gezückten Krummsäbeln.
Aber statt stehen zu bleiben, schrie de Banrieux noch wütender auf und schwang seine gewaltige Klinge. Nizars Leibwächter zogen sich hastig zu einem lebenden Schutzwall um ihren Herrn zusammen, eine Mauer aus drohend vorgestreckten Schwertern und Schildern, an der sich der Templer selbst aufspießen musste. Und wahrscheinlich hätte er es, blind vor Wut, auch getan, hätte ihn nicht der scharfe Befehl Saint Denis’ im letzten Moment zurückgerufen.
»Halt, Renard! Das Schwert nieder!«, befahl der Templer scharf. »Wir sind als Gesandte zu Nizar gekommen und nicht, um mit diesen Kreaturen des Teufels zu kämpfen!«
Tatsächlich hielt de Banrieux mitten im Schritt inne und senkte sogar sein Schwert – wenn auch nur um eine Winzigkeit –, aber in seinen Augen blitzte der blanke Hass. »Du befiehlst mir, feige zu sein, de Saint Denis?«, fragte er aufgebracht.
»Ich befehle dir nicht, feige zu sein, sondern klug«, antwortete Guillaume. Er sprach zu seinem Kameraden, aber sein Blick war weiter starr auf Nizar gerichtet; ein Blick, unter dem sich der Zauberer mehr als nur unwohl zu fühlen begann. »Unser Auftrag heißt uns nur, das Auge des Teufels von Nizar zu fordern, nicht jedoch, den Kampf mit ihm zu beginnen!« Einen Moment lang starrte er Nizar noch auf diese unheimliche, beinahe Furcht einflößende Weise an, dann zog er sehr langsam sein eigenes Schwert aus
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