Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
wird. Löse dich von deiner Erinnerung und dem, was du in dir trägst.«
    »Genug!« Shadow presste die Handflächen mit aller Kraft gegen ihre Ohren. »So versteht mich doch, Schwestern! Ihr seid … verblendet. Ihr kennt nicht mehr die Welt draußen. Ich jedoch habe sie gesehen! Ich weiß, welche Gefahren darauf lauern das Glück der Welt zu zerstören. Ich sehe nun, welchen furchtbaren Fehler der Mensch Robert Craven in seiner Unwissenheit begeht, und ich muss ihm beistehen, um es zu verhindern. Ich … ich kann nicht zu IHM gehen, nicht jetzt! Ich würde das Wissen um den letzten Weg verlieren, die Erde und all ihre Kreaturen zu retten.«
    »So maßt du dir an ein Messias zu sein?« Die Frage der Vorsprecherin war rein rhetorisch und Shadow wusste, dass keine Antwort der Welt sie hätte wirklich beantworten können. Trotzdem schüttelte sie ernst den Kopf.
    »Nein, Schwester. Ein Werkzeug Gottes, das in SEINEM Willen handelt. Und es muss SEIN Wille sein, denn die Erde ist sein Werk. Wie könnte ER zulassen, dass sie vernichtet wird?«
    Sie drehte sich langsam im Kreis und bedachte jede der Schwestern mit einem offenen Blick aus ihrer tiefsten Seele, um ihnen ihre Ehrlichkeit zu offenbaren. Und tatsächlich konnte sie spüren, wie einige der El-o-hym in ihrem Entsetzen schwankten und zu begreifen schienen.
    Sie wusste, dass dies ihre Chance war – die einzige. Die Schwestern waren uneins. Das Urteil konnte nicht gefällt werden, bevor der Rat nicht erneut zusammengefunden hatte. Mit einem schnellen Ruck wandte sich Shadow wieder der Vorsprecherin zu.
    »Gebt mir Zeit«, bat sie eindringlich und mit fester Stimme. »Ich kehre zurück.«
    Und wurde zu einem Ball flammender Helligkeit.
    Die Vorsprecherin stürzte vor, die Hände ausgestreckt, doch sie kam zu spät. Mit vor Entsetzen geweiteten Augen sah sie den Feuerball verblassen, als Shadow das Reich der El-o-hym verließ.
    Für Minuten noch verharrte der Kreis schweigend und betroffen. Kein Zweifel, die Worte ihrer Schwester waren blanker Ungehorsam gewesen – gegen die ehernen Gesetze und gegen das Volk der El-o-hym. Aber dennoch: Sie alle hatten den Hauch von Wahrheit darin gespürt. Und vielleicht war es das, was sie so erschreckte; nicht Uriels Flucht zurück auf die Erde.
    Sie waren aus ihrem trügerischen Schlaf des Friedens und der Eintracht geweckt worden. Und was konnte es Schlimmeres für einen Engel geben?
     
    Mitternacht.
    Wind war aufgekommen und trieb schwere, bauchige Wolken vor sich her, die sich einem finsteren Vorhang gleich vor den Mond schoben. Die Stille der Nacht wurde nur von einem gelegentlichen, leisen Grollen unterbrochen, das Echo eines Gewitters, das aus weiter Ferne drang und sonderbar bizarr und falsch klang; sich eher wie das Brüllen urzeitlicher Untiere ausnahm. Einen Moment lang war wieder Stille, dann antwortete das zwölfmalige Schlagen einer Kirchturmglocke auf den Donner. Aber auch dieser Laut versickerte im Schweigen der Nacht und zurück blieb Dunkelheit …
    Jennifer Corland hatte es längst bereut sich keine Kutsche genommen zu haben. Schließlich hatte Sir Windham ihr ausdrücklich angeboten, einen Wagen kommen zu lassen; allerdings erst, nachdem er ihr verkündet hatte, dass weitere Treffen unmöglich wären und ihr eine beachtliche Summe für ihr Schweigen geboten hatte.
    Jennifer hatte weder den Wagen noch das Geld genommen. Stattdessen hatte sie ihn geohrfeigt und war davongelaufen. Eine Kutsche war so ziemlich das Letzte gewesen, an das sie gedacht hatte. Im Grunde hatte sie überhaupt nicht gedacht in diesem Moment, sondern war blind vor Zorn und ohnmächtiger Wut in die Nacht hinausgestürmt.
    »Ich hasse dich, Jeoffrey Windham«, murmelte sie leise. Zornbebend strich sie sich eine blonde Haarlocke aus der Stirn. Der Wind riss ihr die Worte von den Lippen und ließ sie ungehört zwischen den Fassaden der schmutzigen Häuser verhallen, die die Straße säumten. Nur das dumpfe Grollen des Donners antwortete ihr.
    Sie zuckte zusammen. Jetzt, nachdem sich der Zorn und die Verzweiflung, die sie blind in die Nacht hatten hinausstürmen lassen, ein wenig legten, kam die Angst. Das Unwetter näherte sich rasch; sie konnte das blaue Flackern ferner Blitze erkennen. Der Himmel spannte sich wie ein Licht schluckendes Tuch aus gefrorener Finsternis über ihr, durch das in unregelmäßigen Abständen das bleiche Antlitz des Mondes lugte; wie ein großes, böses Gesicht, das kalt auf sie herabstarrte.
    Jennifer versuchte den

Weitere Kostenlose Bücher