Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod
gehetzt weiter.
Ihre Schritte wurden gehört – sofort rief jemand einen scharfen Befehl, der wie ein Peitschenhieb durch den Nebel drang. Für einige Sekunden verstummte das Hundegebell, um dann jedoch erneut zu erschallen. Diesmal war es so nah, dass Jeany das gierige Hecheln der Meute hören konnte. Und die festen Schritte ihrer Verfolger. Verschwommene Schatten tauchten in dem grauen Brei auf, in den der Nebel die Welt verwandelt hatte.
Blind vor Angst rannte Jeany auf die dichtesten Nebelschwaden zu und tauchte in die graue Masse ein. Im ersten Augenblick hatte sie das Gefühl, gegen eine feste Wand gelaufen zu sein. Jeany schrie vor Schmerz und Panik auf und warf sich herum. Doch im selben Augenblick gab die Nebelwand ihren Widerstand auf; ein Gefühl, als zerrisse eine unsichtbare Membran. Eine körperlose klebrige Hand strich über ihr Gesicht wie Spinnweben und Jeany stolperte haltlos nach vorne.
Das Bellen der Hunde und die Rufe ihrer Verfolger waren mit einem Mal so nahe, dass Jeany jede Sekunde damit rechnete, das erste der geifernden Ungeheuer vor sich auftauchen zu sehen. Die Luft stank nach Blut.
Wimmernd vor Angst drehte sie sich um die eigene Achse, die Hände in einer halb erschrockenen, halb abwehrenden Geste erhoben. Doch der Nebel war so dicht, dass sie kaum ihre eigenen Finger sehen konnte. Eine unnennbare Drohung ging von ihm aus, ein dunkles Gefühl, das Jeany trotz der Abendkälte den Schweiß aus allen Poren trieb. Außerdem wurde ihr mit entsetzlicher Deutlichkeit klar, dass sie sich in der Heide verirrt hatte.
Doch das drohende Knurren und Geifern der Hunde ließ sie blindlings weiterlaufen. Sie streifte mit der Achsel einen unsichtbaren Widerstand und erhielt einen heftigen Schlag quer über das Gesicht. Jeany warf sich zur Seite und riss abwehrend die Arme empor.
Aber es war kein Hund und keiner der Verfolger. Ihr Gegner entpuppte sich als verkrüppelter Baum, gegen dessen Äste sie gerannt war.
Oder hatte er mit seinen Ästen nach ihr geschlagen?
Jeany wusste, wie absurd dieser Gedanke war. Und doch setzte er sich hinter ihrer Stirn fest und wühlte und grub in ihrem Bewusstsein, wie eine Ratte, die sich in ihrem Kopf festbiss. Sie wusste, dass sie vor lauter Angst sterben würde, wenn dieser Albtraum noch lange anhielt. Verzweifelt stolperte sie weiter.
Ein großer Hund kam von der Seite auf sie zugeschossen und schnappte nach ihr, seine Zähne fingerlange gebogene Elfenbeindolche, blutiger Geifer vor dem Maul, Augen wie glühende Kohlen, die Jeany voller Mordlust musterten. Jeany schlug mit beiden Händen zu, um das Tier abzuwehren. Ihre Arme fuhren durch Luft und eine dichte Nebelschwade, die im Wind verwehte. Nur einen Augenblick blieb Jeany überrascht stehen. Da fühlte sie einen heftigen Schlag gegen ihren rechten Unterschenkel und einen brennenden Schmerz.
Drei, vier weitere Hunde schälten sich aus dem Nebel und stürzten mit geifernden Mäulern auf sie zu. Jeany versuchte fortzulaufen, stolperte über eine Wurzel und schlug mit dem Gesicht voraus auf den gefrorenen Boden. Sie blieb benommen liegen und sah die großen Hunde wie durch einen dichten Schleier näher kommen. Feuchte Schnauzen berührten ihre Arme und Beine, furchtbare Zähne gruben sich in ihr Fleisch.
Der Schmerz war unbeschreiblich. Jeany fuhr schreiend hoch, griff blindlings um sich und umklammerte den ersten besten Gegenstand, der ihr unterkam. Erst als sie damit zuschlug, merkte sie, dass sie einen mehr als anderthalb Yard langen Weidepfahl gepackt hatte. So ein Pfahl stellte normalerweise die am besten geeignete Waffe dar, um einen oder auch mehrere Hunde von sich abzuhalten. Doch entweder waren diese Hunde hier so flink, dass Jeany keinen von ihnen traf, oder sie wurden immer wieder von diesem fürchterlichen Nebel verschluckt, sobald Jeany zuschlagen wollte. Sie war keine geübte Kämpferin. Und diese Hunde waren groß und zahlreich genug, selbst einen kräftigen Mann in Stücke zu reißen.
Sie hatte keine Chance und sie wusste es.
Auch beim nächsten Schlag sauste der Weidepfahl nutzlos durch die Luft, während ein riesiger schwarzer Hund auf Jeany zuschnellte und seine Fänge in ihre linke Schulter schlug. Jeany brüllte in schiere Agonie auf, stieß den Hund blindlings von sich und blickte auf ihre Schulter hinab.
Eine eisige Hand schien sie zu streifen. Für eine Sekunde vergaß sie sogar die Hunde und die entsetzliche Lage, in der sie sich befand.
Sie sah – NICHTS!
Der Schmerz
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