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Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und sein Haar waren so grau, wie die Wände seines Büros, selbst seine Haut schien einen ungesunden, grauen Schimmer angenommen zu haben. Irgendwie klangen sogar seine Worte grau, egal, was er sagte.
    Howard blickte ihn hoffnungsvoll an. »Könnte ich vielleicht eine Zigarre bekommen?« Mit einem angedeuteten Lächeln fügte er hinzu: »Fünf Jahre Isolierhaft in der Todeszelle lassen sich ja noch ertragen – aber in der ganzen Zeit keine einzige anständige Zigarre rauchen zu dürfen, war die Hölle. Einer der Wärter war so freundlich, mir einmal eine zu besorgen, aber dem Geschmack nach war sie offenbar aus klein geschnittenen Schuhsohlen hergestellt.«
    Langston musterte ihn, als hätte er einen Geisteskranken vor sich, dann zuckte er mit den Schultern. »Ich selbst bin Nichtraucher, aber ich könnte jemanden losschicken, der –«
    »Nicht nötig«, unterbrach ihn Gray und zog eine Zigarre aus der Tasche. »Da ich meinen Mandanten kenne, habe ich diesen Wunsch vorhergesehen.«
    Er reichte die Zigarre an den Gefängnisdirektor weiter, der sie ein paar Sekunden lang von allen Seiten betrachtete – anscheinend wollte er sich überzeugen, dass sich kein Messer, Dietrich oder vielleicht eine ganze Bande bewaffneter Fluchthelfer darin verbargen – bevor er sie an ihn weitergab. Genüsslich roch Howard daran, biss die beiden Enden ab und spuckte diese zielsicher ein paar Hand breit neben den Papierkorb. Er ließ sich Feuer geben und paffte genießerisch ein paar Rauchwolken in Langstons Richtung. Der Gefängnisdirektor wedelte mit der Hand in der Luft und hustete demonstrativ, bevor er seufzend eine Schublade seines Schreibtisches öffnete und Howard einen Aschenbecher zuschob.
    »Also, Mister Lovecraft, Sie kennen die Situation«, sagte er dann. »Das Todesurteil gegen Sie ist rechtsgültig. Es wird in …« Er sah auf seine Taschenuhr. »… einer knappen Stunde vollstreckt werden und diesmal wird es keinen Aufschub mehr geben.«
    »Noch liegt keine Antwort auf das Gnadengesuch bei Ihrer Majestät vor«, wandte Gray ein.
    Langston lächelte mitleidig und ein wenig traurig, wie es schien. »Machen wir uns nichts vor, Doktor Gray«, entgegnete er. »Wir wissen beide, dass diese Chance nur auf dem Papier besteht. Mister Lovecraft wurde des dreifachen Mordes schuldig gesprochen und das Urteil wurde in allen gerichtlichen Instanzen bestätigt. Ihre Majestät kann dem Gnadengesuch gar nicht stattgeben, selbst wenn sie es wollte. Es würde einen Skandal heraufbeschwören, die Zeitungen –«
    »Bitte, meine Herren«, sagte Howard. Er nahm einen weiteren Zug aus seiner Zigarre, wartete, bis sich aller Aufmerksamkeit wieder ihm allein zugewandt hatte und fuhr dann fort: »Es ist gut. Ich weiß, dass es so weit ist. Ich habe es akzeptiert.«
    »Noch ist –«, begann Gray, wurde aber wieder von Howard unterbrochen:
    »Lass es gut sein, Mortimer. Ich weiß, dass du alles getan hast, was in deiner Macht steht. Ich denke, so lange wie du hat es noch keiner geschafft, ein Todesurteil hinauszuzögern. Aber nun ist es genug.«
    Aus dem Hof drangen ein rhythmisches Hämmern und das Klappern von Balken zu ihnen herauf. Howard schluckte schwer. Man hatte damit begonnen, den Galgen zu errichten. Für einen kurzen Moment fühlte er nun doch Panik in sich aufwallen, aber das Gefühl wich gleich darauf wieder der sonderbaren Taubheit und Gleichgültigkeit seinem eigenen Schicksal gegenüber, die seinen Geist schon seit Tagen umfangen hielt.
    Langston räusperte sich. »Unsere Zeit ist begrenzt, Mr. Lovecraft«, sagte er.
    Howard drehte sich langsam vom Fenster weg und sah ihn an. Obwohl er wahrscheinlich nicht der erste Mann war, den Langston so wie ihn nun vor sich sah, brachte es der Gefängnisdirektor aus irgendeinem Grund nicht mehr fertig, seinem Blick standzuhalten. Verlegen sah er zur Seite und sagte in leisem, beinahe entschuldigend klingendem Tonfall: »Ich habe einen Priester kommen lassen. Er wartet im Nebenzimmer. Wenn Sie mit ihm sprechen wollen …?«
    Howard deutete ein Kopfschütteln an. »Ich brauche keinen Geistlichen«, sagte er. »Ich denke, wenn es irgendetwas gäbe, was ich zu beichten hätte, wäre es jetzt sowieso zu spät. Und schade um die Zeit«, fügte er mit einem Lächeln hinzu. »Ich brauche keinen Vermittler mehr, wissen Sie? Was ich zu sagen habe, kann ich in ein paar Minuten auch selbst erledigen.«
    Er hatte es weder böse gemeint noch hatte er Langston verletzen oder vor den Kopf stoßen wollen, aber

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