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Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Titel: Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha u. a. Mamczak
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Sequence besessen und setzt die filmische Inspiration, lebende menschliche Leiber zu einer grotesken Gliederfüßer-Skulptur zusammenzunähen, in sehr ehrgeizigem Umfang in die Tat um – verbieten sich nähere Angaben zum Inhalt oder Detailbeschreibungen. Das Erste, was man über Full Sequence sehen und hören konnte, waren die Reaktionen der sichtlich angeschlagenen, mit grünen Gesichtern frisch aus dem Kinosaal des Fantastic Fest, dem größten Genre-Filmfestival der USA, wo der Film Premiere feierte, heraustretenden Zuschauerinnen und Zuschauer. Dieses Quasi-Werbefilmchen verspricht nicht zu viel, denn Tom Six fährt Depravationen und Widerwärtigkeiten in einer (sich noch dazu ziemlich stetig steigernden) Ballung und Unverschämtheit auf, die selbst geschulteste Exploitation-Exegeten überraschen dürfte. Dabei bleibt der Regisseur und Drehbuchautor Six immer im kindlich herumsauenden, überbietungsstrategischen, nie auf sanktionsfähigen (etwa gegen- oder subkulturellen) Mehrwert schielenden Genrerahmen, wie ihn zum Beispiel der auf jedwede Rechtfertigung pfeifende, matschige italienische Kino-Horror der Siebziger- und frühen Achtzigerjahre setzte. Zwar ist die stumme, glubschäugige, kleinwüchsige, von schäbigem Asthmahusten geplagte, stark übergewichtige und in gereizter Verfassung fauchend wie ein surrealer Kobold herumstampfende Hauptfigur Martin eine familiär und sozial extrem geschundene Kreatur, aber derlei Herleitungen und Psychologisierungen nimmt der Film an keiner Stelle wirklich ernst; sie werden stattdessen offensiv und böse veralbert. Der Grund für Martins abartig-bizarres Treiben ist ein anderer, wiederum metafiktionaler (und auf diesen gehen auch der Regisseur und der Hauptdarsteller Laurence R. Harvey in ihrem gemeinsamen Audiokommentar ein). Martin ist die satirische Apotheose des Horror-Fans, wie ihn die Mainstream-Medien imaginieren – ein monströses großes Kind, das nicht mehr zwischen Film und Wirklichkeit unterscheiden kann, das nach immer fieseren Stimulationen verlangt, dessen verrohte und verdorbene Seele das Ergebnis von Horrorfilmkonsum ist und das unbekümmert das nachspielt und überbietet, was an noch so Schrecklichem durch Filmbilder in seinen Kopf gelangte. The Human Centipede 2: Full Sequence sagt: Schaut hin, ihr Spaß-Depravierten, so schlimm können Horrorfilme gar nicht sein, als dass zumindest wir, die wir sie gerne anschauen, nicht auch über die gröbsten Abscheulichkeiten lachen können (auch wenn sie uns an die Nieren gehen) und sie damit als das nehmen, was sie sind, nämlich zweifellos derbe, aber aufrichtige und im Grunde vollkommen harmlose Scherze. Auch dieser Film ist (mit Waters gesprochen) letzten Endes eine Komödie und darüber hinaus in Schwarzweiß gedreht, was ihm die blutigen Spitzen nimmt und ihn (neben anderen Elementen wie dem stetig leise dröhnenden Industriegeräuschsoundtrack, des tiefschwarz-extratrockenen Humors und der kaputten urbanen Kulisse) in die Nähe solcher Werke wie Eraserhead (1977) von David Lynch und Mann beißt Hund (1992) von Rémy Belvaux, André Bonzel und Benoît Poelvoorde rückt. Eine letzte Warnung: The Human Centipede 2: Full Sequence gehört, dank seines infernalischen Höhepunkts, zur überschaubaren Subgattung des skatologischen Horrorfilms und hat in der entsprechenden Szene sogar einen quasi mit ekelhaftem Grinsen präsentierten Schindlers-Liste -Moment zu bieten. Aber die »Sprache hat die Fähigkeit, das Wirkliche zu negieren, zu vergessen und aufzulösen: Geschrieben stinkt Scheiße nicht«, um es beschwichtigend mit Roland Barthes zu formulieren (in: »Sade Fourier Loyola«, Frankfurt a. M. 1986, S. 156). So ist es; und Filme haben diese Fähigkeit trotz ihrer größeren mimetischen Unmittelbarkeit ebenso. Zur (teils direkt motivischen) Einstimmung empfehlen sich außerdem Tom Six’ »painfarts« genannte malerische Werke, die in Internetgalerien ausgestellt sind. Dieses Ding muss niemand sehen, aber wer es ansehen mag, hat was davon.
    Sven-Eric Wehmeyer

    Mama hatte sich geirrt, es gab doch nette Autofahrer, die Anhalterinnen mitnehmen. Human Centipede 2: Full Sequence

    Irgendetwas musste er in der Bauanleitung übersehen haben. Human Centipede 2: Full Sequence

    ICH BIN NUMMER VIER (I AM NUMBER FOUR)
    USA 2011 · Regie: D. J. Caruso · Darsteller: Alex Pettyfer, Dianna Agron, Timothy Olyphant

     
    Unter dem Pseudonym Pittacus Lore haben die Autoren James Frey und Jobie Hughes im August 2010 mit

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