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Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Titel: Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha u. a. Mamczak
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nur kein Wort, sondern auch keinen einzigen Ton zu viel; musikalische Untermalung zwecks Dramatisierung kommt so gut wie gar nicht zum Einsatz. Stattdessen herrscht eine lediglich von handlungsortgemäßen Minimalgeräuschen unterfütterte permanente Stille, in die immer wieder grauenhafte Töne einbrechen. Bei diesen Tönen handelt es sich hauptsächlich um die Schreie der von Moreau in seinem »Haus des Schmerzes« genannten Labors gefolterten, da bei lebendigem Leib und ohne Betäubung operierten Tiermenschen. Spätestens ab hier unterscheidet sich Island of Lost Souls massiv von den anderen amerikanischen Horrorklassikern seiner Zeit. Wenn Moreau seinen entsetzten Gast über Natur und Zweck der Experimente, wegen denen der Doktor immerhin aus seinem Heimatland England flüchten musste, aufklärt und seine Ausführungen in der (durchaus berechen- und erwartbaren) Frage »Do you know what it means to feel like God?« gipfeln lässt, spricht hieraus keineswegs die Stimme der von vertretbar ausgereiztem Fortschrittsethos in Hybris umgeschlagene Viktor-Frankenstein-Verwandtschaft, sondern die schiere und von keinerlei Erkenntnisinteresse mehr in Bahnen gedrängte Lust am Quälen lebenden Fleisches. Moreau ist kein fanatischer Wissenschaftler, sondern ein fanatischer Folterer, ein Vivisekteur, und der Film handelt weniger von der Amoral der Wissenschaft als vielmehr von Folter, Schmerz und Qualen, in geschmackvollem Ernst und einer Konsequenz, die das Werk – in Symbiose mit seinen formalen Vorzügen – gegen jeden Anflug von in solchen Fällen allzeit und überall lauernder B-Movie-Haftigkeit schützen. Bezüglich dieser sehr speziellen Balance zwischen derbem Schund und nihilistischem Tiefgang sowie der anrührenden Bemühung, mit der Rhetorik des Monströsen eine Botschaft des Humanen zu vermitteln, ist Island of Lost Souls am ehesten mit Tod Brownings im selben Jahr produzierten Film Freaks zu vergleichen. Dabei adaptiert Regisseur Kenton sehr werkgetreu den statt gepflegtem Grusel brachialen Horror von Wells’ Roman, in welchem Dr. Moreau schon der Heiligen Inquisition als »Hauptziel kunstgerechtes Foltern« (S. 98) unterstellt und sein Tun auf die grausame Formel bringt: »Ich wollte – das war das Einzige, was ich wollte – die äußerste Grenze der Gestaltungsmöglichkeit in einer lebenden Form finden.« (S. 101) Eben hierin findet sich die Motivation des leidenschaftlichen Folterers artikuliert, zusätzlich ins Metapoetische künstlerischen Horrors gewendet. Moreaus filmische Emanation ist die Erscheinung des unglaublichen Charles Laughton, der den soeben zitierten Satz zwar nicht spricht, aber dessen Inhalt mit jeder noch so winzigen mimischen und körperlichen Geste zum Ausdruck bringt und die Figur – mit ihren geschmeidigen Bewegungen, dem hocheleganten Auftreten, der Teetrinkerei, dem Peitschenknallen, der eiseskalten diabolischen Sexualität und der völlig in sich ruhenden, aristokratischen Erhabenheit – sichtlich als Ästheten anlegt. Laughton allein würde den Film zusammenhalten, der das absolut nicht nötig hat, aber sich angemessen um den unumstrittenen Star heruminszeniert. Es gehört nicht zu den geringsten Leistungen dieses schauerlichen, das in sogenannte Zivilisationen sauber integrierbare unsägliche Leid des Kreatürlichen verhandelnden Melodramas, dass die finale Rache der Schöpfungen an ihrem Schöpfer – die Tiermenschen drehen den Spieß um und zerstückeln den schrecklich schreienden Moreau mit Skalpellen – für einen unangenehm ambivalenten Abgang sorgt. Mag auch jemand wie Bela Lugosi (in der Rolle des haarigen Oberpredigersder Hybriden-Gemeinde) den Film ein wenig aus der Bahn werfen – Island of Lost Souls ist vorzüglich gealtert, nichts weniger als eines der großen Meisterwerke filmischen Horrors, und hat kaum etwas von seiner zeitlosen Wucht eingebüßt.
    Sven-Eric Wehmeyer
    Nein, ihren Ladyshaver kriegt ihr nicht! Island of Lost Souls

    Eine Ausgrabung aus dem Hause Criterion. Island of Lost Souls

    Nein, ihren Ladyshaver kriegst du auch nicht! Island of Lost Souls
    JOHN CARPENTER’S THE WARD
    USA 2011 · Regie: John Carpenter · Darsteller: Amber Heard, Danielle Panabaker, Mamie Gummer

     
    Dieser Film heißt nicht The Ward , sondern John Carpenter’s The Ward , wie es bei Werken des sympathischen Genre-Auteurs schon seit geraumer Zeit der Fall ist. Nur: Womit verdienen sich Carpenters Filme eigentlich diese offensiv behauptete Autorenfilm-Aura? Einem

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