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Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Titel: Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha u. a. Mamczak
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missglückten Feier umsorgt sie die schwer depressive Justine, und wird dabei von ihrem Mann John eher behindert als unterstützt. Neben dieser Aufgabe, die sie mit Hingabe bewältigt, entwickelt sie eine von krankhafter Angst geprägte Obsession für das Herannahen des potenziell todbringenden Planeten. Alle Beschwichtigungsversuche des Hobby-Astronomen John fruchten nur kurz, danach setzt die Panik massiv wieder ein. Und erweist sich am Ende als begründet, denn tatsächlich lässt von Trier schließlich die Welt untergehen.
    MJ hätte lieber bei den X-Men mitgemacht. Melancholia
    Die Blumen passten nicht zur Tischdecke, das war das Ende der Welt. Melancholia

    Vor einigen Jahren erkrankte der Regisseur an einer schweren Depression. Das erste künstlerische Resultat dieses psychischen Ausnahmezustandes, Antichrist , beschäftigte sich ganz explizit mit der gefühlten Unvereinbarkeit von individueller Extremerfahrung und objektiver Betrachtung und Behandlung durch Psychologie und Therapie vor dem Hintergrund eines diffusen Waldhorrors. In Melancholia nutzt Lars von Trier nun die gewählten SF-Topoi, um das Wesen der erlittenen Krankheit ganz unabhängig von medizinischen Heilsversprechen zu erkunden und deutlich zu machen. Und genau hier liegt die große Stärke des Films als Autorenwerk – in der spezifischen Verbindung persönlicher Erfahrung und genuiner künstlerischer Verarbeitung. Klar zweigeteilt zeigt der Film zwei psychische Krankheiten, die oft zusammengehören, aber laut internationaler Diagnoseklassifikation ICD-10 getrennte Zustände darstellen: Depression und Angst.
    Justine ist die Depressive – und so widmet sich der erste Teil des Films mit großer Leidenschaft der Darstellung der Welt als ekelhafte Ansammlung schauriger Charaktere und Situationen, vor denen man sich eigentlich nur ekeln kann. Justine schwankt zwischen Gefühlen großer Trauer und Leere, kann sich ihrem Bräutigam nicht öffnen, gibt sich auf dem Golfplatz bedeutungslosem Sex mit einem Hochzeitsgast hin, verstört die Gesellschaft mit ihren Ausfällen. Klar, dass das Herannahen der Apokalypse sie neugierig macht – für sie bedeutet Melancholia die potenzielle Erfüllung ihrer Todessehnsucht und das Ende ihres Weltekels. Und damit auch die Lust am Leiden – der Planet heißt nicht umsonst so, wie er heißt.
    Claire dagegen verkörpert die Angst. Der ewige Kreislauf aus Grübeln, Katastrophendenken, pathologischen Beruhigungsstrategien und Panikattacken bestimmt ihr Handeln. Sie betrachtet den fremden Planeten als tödliche Bedrohung, der sie sich nicht gewachsen sieht, und reagiert mit den klassischen Symptomen einer generalisierten Angststörung. Von Trier zeigt anhand der beiden Schwestern, wie Depression und Angst zusammenhängen, in welchen Punkten sie sich ähneln, wo sie sich unterscheiden – aus seiner persönlichen Erfahrung heraus entwickelt er eine Studie des psychischen Grauens, dem er einen externen Auslöser gibt, der sich wiederum aus Genrekonventionen speist. Insofern ist Melancholia ein perfektes Beispiel für das, was die französischen Kritiker der Cahiers du Cinéma als Ideal des Autorenkinos postulierten.

    Siehst du, Lars hat Spider-Man nicht gesehen. Melancholia
    Dass dabei kein bleischweres Traktat entsteht, sondern ein wunderschönes Stück Kino mit sichtbarer Lust an der Zerstörung, liegt vor allem daran, dass von Trier sich so weit von den eigenen Dogma-Restriktionen entfernt wie selten zuvor. Vor allem der Prolog, eine in Superzeitlupe inszenierte und schwer bearbeitete Vision der späteren Ereignisse, erstrahlt zu Wagnerklängen in unfassbar slicker Werbeästhetik – in dieser Sequenz scheinen die bewegten Bilder fast stillzustehen und verwandeln sich in malerisch-barocke Tableaus des Surrealen. Doch auch das, was dann folgt, ist trotz der oft eingesetzten typischen Handkamera stets erstklassig ausgeleuchtet und vor allem ganz klar inszeniert. Die Kamera entfernt sich dabei immer wieder von den Figuren, erhebt sich über das Szenario, schwebt über den reitenden Schwestern oder den dräuenden Wäldern. Auch Kirsten Dunst und Charlotte
Gainsbourg sind wunderbar anzusehen in ihrem Leid. Und tatsächlich bemängelte von Trier in diversen Interviews nachträglich die Schönheit des Films als vielleicht ein wenig übertrieben (andererseits bezeichnete er sich in denselben Interviews als Nazi, also alles Quatsch). Auch die für von Trier typischen Momente schräger Komik finden sich hier wieder und

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