Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Titel: Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha u. a. Mamczak
Vom Netzwerk:
Geld abhängig. Reiche amerikanische Unternehmer wie der Paypal-Gründer Peter Thiel stecken beispielsweise Millionen von Dollars in die Entwicklung der Nanotechnologie. Wenn nun Sie dieses Geld von ihm bekämen, was wäre der Forschungsbereich, in den Sie es am liebsten stecken würden, um die nächsten Jahre völlig frei und nach Ihren Vorstellungen forschen zu können?
    A: (Lacht) Das ist insofern eine schöne Frage, als sie genau das Ziel des Centers trifft, das wir gerade hier an der TU München gründen: das Munich Center for Technology and Society . Eine zentrale Aufgabe wird hier die Science Policy sein, also auch nachzudenken, wo man Schwerpunkte setzen sollte. Da muss man dann natürlich zwischen Pflicht und Neigung unterscheiden. Meine Neigung geht in folgende Richtung: Ich glaube, dass die künstliche Intelligenz eine große Chance hat, in Zukunft im Bündnis mit der Medizin voranzukommen. Das hängt auch mit meinen philosophischen
und ethischen Zielvorstellungen zusammen. Ich bin schon der Auffassung, dass wir letztendlich auch unser Wohlbefinden als Ziel im Auge behalten sollten. Ich rede nicht von einem »perfekten Menschen«, einem Übermenschen, einer Optimierung der menschlichen Rasse. Sondern dass wir auf lange Sicht das Wohlbefinden der Menschen, und zwar weltweit, verbessern sollten. Das klingt zunächst sehr bescheiden, aber wenn wir das wirklich realisieren wollen, müssen wir schon an Science-Fiction-Visionen rangehen. Dann müssen wir zum Beispiel an das neuronale Gewebe heran und es züchten. Um beispielsweise schlimme Demenzen, die ja keineswegs nur im hohen Alter kommen, heilen zu können. Dann müssen wir in der Systembiologie an die molekularen Grundlagen des zellulären Lebens heran. Dann müssen wir andererseits aber auch, um unser Zusammenleben zu organisieren, tatsächlich auch die Technologien schaffen, die diese Aufgaben bewältigen können – in der K.I., in der globalen Kommunikation. Dabei schwebt mir als ethischer Maßstab eine uralte Einsicht vor, nämlich der hippokratische Eid: dass es um den Schutz des Lebens geht, dass der Arzt die Aufgabe hat, zu heilen und zu helfen. Das scheint mir eine gute Vision zu sein, die wir mit unserer Science Policy verbinden sollten. Das ist auch etwas, das auf großen Konsens stößt. Das unterschiedliche Kulturen und Menschen mittragen können. In dieser Konstellation macht auch die Weiterentwicklung der K.I. durchaus Sinn.
    F: Ich habe den Eindruck, Sie sind eher ein Optimist als ein Pessimist, was die Zukunft betrifft?
    A: Das ist richtig. (Lacht) Was mich zum Beispiel überhaupt nicht reizen würde, sind Reisen in die Vergangenheit. Und Gott sei Dank ist es nach Einsteins Relativitätstheorie auch weitgehend ausgeschlossen, dass sie realisiert werden können. Ich muss sagen: Selbst mein eigenes Leben – ich habe
ja noch die Fünfzigerjahre miterlebt – war nicht unbedingt prickelnd, die Lebensumstände damals, und was das für eine Welt war im Vergleich zu heute. Und wenn ich dann noch weitere Jahrhunderte zurückgehe, wird’s für mich immer gruseliger: Die Griechen, die ich ja sehr verehre, hatten medizinische Verhältnisse, um die ich meine damaligen Philosophenkollegen wirklich nicht beneide. Aber was ich mir gerne vorstelle – und wo ich meine Kinder um ihre Lebenserwartung beneide –, ist die Welt in hundert oder zweihundert Jahren. Nur mal so kurz dort reinblicken dürfen, um zu sehen, ob ich überhaupt noch verstehe, was dann dort abgeht – das würde mich reizen! Insofern ist es auch das, was mich an der Science Fiction reizt. Historische Romane finde ich eher nachgeordnet interessant, aber eine Vorstellungswelt, wie sie große Autoren entwarfen, die sich durchaus klug in zukünftige Welten hineindachten – das finde ich durchaus reizvoll.
     
    Mit diesem Schwenk in die Zukunft haben wir, finde ich, ein optimales Schlusswort gefunden, und ich danke Herrn Mainzer für das Gespräch. Zwei Stunden sind wir zusammen gesessen, die wie im Flug vergingen. Vielleicht ist Zeit ja wirklich nur ein subjektives Phänomen, eine »hartnäckige Illusion«, wie Einstein sagte. Es sind jedenfalls Menschen wie Klaus Mainzer nötig, die unsere Gegenwärtigkeit transzendieren und hinter den Schleier des Zukünftigen blicken, um technische Lösungsansätze und soziale Strategien entwickeln zu können. Hier, in seinem seltsam grauen Büro, unter dem aufmerksamen Blick von Leibniz, entwirft er farbenprächtige Visionen und bringt sie

Weitere Kostenlose Bücher