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Heyne Galaxy 09

Heyne Galaxy 09

Titel: Heyne Galaxy 09 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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daß sich die Frauen täglich um ihre Kinder kümmern müßten, wären wir schon längst am Ende. Indem wir sie in Heimen zusammen versorgen, gewinnen wir an Produktivität.«
    »Es ist also Pflicht, die Kinder in diese Heime einzuliefern?« fragte Murphy.
    »O ja. Das ist bereits seit fast fünfzehn Jahren so. Aber wie ich schon sagte, es gibt immer noch Mütter, die ihre Kinder verstecken.«
    Murphy nickte. »Die Kinder sind doch praktisch hilflos, nicht wahr? Auch die, die inzwischen etwa … äh … zwanzig sein müßten?«
    »Völlig hilflos«, bestätigte Lämmergeier. »Sie sind wie Babys, und so nennen wir sie auch. Sie müssen gefüttert und gewickelt werden, man muß sie aus dem Bett auf den Boden heben, wenn sie ein wenig spielen sollen. Übrigens zeigen sie Interesse an bunten und beweglichen Gegenständen – aber damit ist die äußerste Grenze ihrer geistigen Aufnahmefähigkeit bereits erreicht.«
    Plötzlich begann die Frau am Tisch hysterisch zu kreischen. Einer der Polizisten nahm ihr sanft, aber bestimmt das Kind ab, übergab es der Schwester und führte die Mutter hinaus. Lämmergeier und Murphy schwiegen, bis sie verschwunden war.
    Dann schüttelte Murphy den Kopf. »Phantastisch«, murmelte er erneut. »Es tut mir leid, aber das alles kommt mir unfaßbar vor! Ein fast noch jungfräulicher Planet – und dann eine solche Lage!«
    »Ich glaube, Sie sehen diese Lage noch nicht richtig«, seufzte Lämmergeier leise.
    »Vielleicht nicht. Immerhin komme ich ja von der Erde, wo jedes unproduktive Individuum ein Luxus ist, den wir uns einfach nicht erlauben können. Geschweige denn zwanzig Prozent der gesamten Bevölkerung! Auch dürfte kaum anzunehmen sein, daß in einem solchen Fall derartige Anstrengungen unternommen würden, um die Entarteten am Leben zu erhalten.«
    »Aber sie sind doch äußerlich völlig in Ordnung!« protestierte Lämmergeier. »Soweit wir feststellen können, sind sie gesund und organisch in Ordnung. Ich erwarte ja gar nicht, daß sie zu vollwertigen Erwachsenen werden, aber wenn es uns wenigstens gelänge, sie so weit zu bringen, daß sie sich um sich selbst kümmerten! Dann käme der eine große Vorteil zum Zuge: ihre Arbeitskraft. In diesen Babys steckt ein gewaltiges Potential, das in unserer Wirtschaft Wunder wirken könnte! Wenn wir sie aus ihren Betten holen könnten, wo sie im Augenblick herumliegen, hätten wir in einem halben Jahrhundert unseren ursprünglichen Entwicklungsplan wieder eingeholt!«
    »Und das ist also das Wunder, das Sie von mir erwarten?« fragte Murphy kalt.
    »Nun – nicht eigentlich. Aber wir hofften, daß das ungeheure Wissen der Erde, das in der Zwischenzeit …«
    »Ich nehme doch an«, unterbrach ihn Murphy mit beißender Ironie, »daß Sie ein wenig zu beschäftigt waren, um einmal die Zeit auszurechnen, die ein solcher Erziehungsversuch kosten würde, einmal abgesehen von der Frage, ob so etwas überhaupt möglich ist …?«
    »Ich … äh … könnte mir denken, daß es einige Jahre dauern würde – mindestens«, stammelte Lämmergeier .
    »Mindestens«, bestätigte Murphy. »Ich bin nicht hier, um meinen Zauberstab zu schwingen und Ihre Babys aus ihren zu eng gewordenen Krippen herauszuholen, wie Sie vielleicht annehmen, sondern ich bin hier aus dem alleinigen Grund, um die Situation zu begutachten und eine Empfehlung hinsichtlich des Weiterbestehens Ihrer Kolonie abzugeben. Das möchte ich einmal klargestellt wissen. Können wir jetzt mit der Besichtigung beginnen?«
    Lämmergeier empfand es als ausgesprochenen Glücksumstand, daß er die weiteren Erklärungen nunmehr Direktor Chen und Schwester Hobday überlassen konnte, die alle Tatsachen parat hatten, nach denen Murphy fragte. Die beiden schritten munter voraus, während Lämmergeier folgte, sie zitierten Statistiken, deuteten in endlose Korridore, öffneten unzählige Zimmer und wiesen auf die technische Einrichtung hin, die dem Pflegepersonal des Heims die schlimmsten Arbeiten abnahm.
    Lämmergeiers Eindrücke verschwammen. Heulende, strampelnde Kinder – heulende, strampelnde Heranwachsende, die in ihrem geistlosen Gebaren fast einer Blasphemie gegen die menschliche Gestalt gleichkamen.
    Er wurde erst wieder aufmerksam, als sie vor einer Tür haltmachten, die ihm bekannt vorkam. Diese Tür sah ein wenig älter aus als die anderen; sie hatte mehr Flecke und war ein wenig mehr abgeblättert, seit er sie das letztemal gesehen hatte – vor beinahe fünf Jahren. Aber es war dieselbe

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