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Heyne Galaxy 10

Heyne Galaxy 10

Titel: Heyne Galaxy 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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im Kambrium viel später einsetzte als Oben, tat die milde Luft dem reichen Fang nicht gerade gut.
    Barrett hatte sich vorgenommen, heute die Männer für die jährliche Inlandsexpedition zu bestimmen.
    Die Tradition gebot es eigentlich, daß er selbst diesen Marsch anführte, aber wegen seiner Verletzung war es ihm unmöglich, auch nur an eine Teilnahme zu denken. In jedem Jahr begaben sich etwa ein Dutzend gesunder Männer auf einen Fußmarsch, der sie in großem Bogen ins Innere des Landes führte. Zuerst ging es nach Nordwesten bis an den großen See, dann nach Süden und im Bogen schließlich zurück zum Lager. Der Sinn der Expedition bestand zum Teil darin, Materialsendungen, die sich im Laufe des Jahres vielleicht in der Nähe des Lagers eingefunden hatten, aufzuspüren und zu verwerten.
    Es war nicht genau bekannt, wie groß die Fehlermarge gewesen war, die damals während der Aufbauzeit des Lagers bei den ersten Zeit-Sendungen bestanden hatte, doch im Grunde war eine genaue Bestimmung der Zielzeit vor Errichtung der Empfängerstation unmöglich gewesen. Von Zeit zu Zeit tauchten also immer wieder Lieferungen auf, die eigentlich für das Jahr zwei Milliarden zweitausendundfünf vor Christi bestimmt gewesen waren, die aber aus irgendwelchen Gründen erst einige Dekaden später ankamen. Da das Lager alles brauchte, was irgendwie heranzuschaffen war, ließ sich Barrett keine Gelegenheit entgehen, nach solchen Sendungen zu suchen.
    Die Expedition hatte noch einen anderen Grund – sie bildete gewissermaßen den Angelpunkt eines jeden Jahres, etwas, auf das man sich einstellen konnte.
    Die Expedition bestimmte gewissermaßen den Frühlingsanfang für die Lagerinsassen.
    Die zwölf stärksten Männer des Lagers wanderten in jedem Jahr zu Fuß an die Küsten des großen Sees, der das Zentrum des nordamerikanischen Kontinents bildete; und für die Zurückbleibenden wie für jene, die mitwanderten, war dieser Marsch fast zu einem Ritus geworden, obwohl die Männer bei ihrer Ankunft am Binnensee nichts Mystischeres taten als einige Trilobiten zu fangen und zu essen.
    Die Expedition hatte Barrett mehr bedeutet, als ihm bisher bewußt geworden war; das erkannte er jetzt, da er zurückbleiben mußte. Denn in den letzten zwanzig Jahren war er der Führer der Expedition gewesen.
    Aber im vorigen Jahr hatte er sich zu weit hinausgewagt auf einen Küstenabhang, dessen Felsen vom nimmermüden Ansturm der Wellen ausgehöhlt worden waren. Er hatte sich auf gefährliches Gebiet begeben und seine alternden Muskeln hatten ihn im Stich gelassen. Oft erwachte er schweißgebadet aus tiefem Schlaf, doch der Traum, der ihn den entsetzlichen Augenblick immer wieder erleben ließ, wollte ihn nicht mehr loslassen… Das Ausgleiten und Abrutschen, das Nachrutschen der Felsen, die sich plötzlich irgendwo gelöst hatten, und dann der unerträgliche Schmerz, als er den Fuß plötzlich nicht mehr bewegen konnte. Das Geräusch der knirschenden Knochen war auf ewig in seinem Gedächtnis eingegraben, und der lange Rückweg war ein einziger Alptraum. Seine Kameraden hatten ihn förmlich ins Lager zurückschleppen müssen.
    Er war nahe daran gewesen, den Fuß zu verlieren; doch Quesada hatte ihn vor der Amputation bewahrt. Auf diese Weise war ihm der Fuß erhalten geblieben, den er jedoch niemals wieder richtig belasten konnte, ohne die größten Schmerzen zu empfinden. Er hatte oft gegrübelt, ob eine Amputation nicht doch besser gewesen wäre, aber Quesada war anderer Ansicht.
    »Man kann nie wissen«, hatte er immer wieder gesagt. »Vielleicht schicken sie uns eines Tages doch eine Transplantations-Ausrüstung. Und wenn ich dir den Fuß abgenommen hätte, würde ich selbst dann nichts mehr für dich tun können.« Also hatte Barrett seinen zerschmetterten Fuß behalten.
    Aber seit dem Unfall war er nicht mehr derselbe.
    In diesem Jahr mußte also jemand anders die Expedition anführen, und er wußte noch nicht, wen er für diese Aufgabe bestimmen sollte.
    Quesada war eigentlich der geeignetste Kandidat. Nach Barrett war er der dem Wesen nach stärkste Mann im Lager. Aber er konnte Quesada hier nicht entbehren. Es schien durchaus angebracht, der Expedition einen Arzt mitzugeben; aber einen Medizinkundigen im Lager zu haben war wohl noch viel wichtiger.
    Nach einiger Überlegung entschied sich Barrett für Charley Norton. Des weiteren bestimmte er Ken Belardi, damit Charley einen geeigneten Gesprächspartner hatte. Und wie stand es mit Rüdiger?

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