Heyne Galaxy 11
dürfte durch die Tunnel am meisten zu schaffen sein, aber vielleicht sprechen Sie mal mit den Transcorp-Leuten. Wenn Sie Hilfe brauchen – ich bin immer da. Ich mache mich hier irgendwo zu schaffen. Alles klar?«
»Wie Sie befehlen, Effendi«, sagte McGee und machte eine übertriebene Verbeugung. Ehe er ging, wandte er sich noch einmal um und fragte: »Jothen, haben Sie schon einmal von einem Katalyten gehört?«
»Nein, was ist das? Eins von diesen Jones-Totems?«
»Nein, nicht ganz. Dann also bis später. Ich werde Sie nur belästigen, wenn es unbedingt erforderlich ist.«
Unten auf dem Boulevard riß der Strom der Gesichter nicht ab. Der Lärm hatte eher zugenommen. Jothen war erleichtert, daß er McGee und den Menschenmassen den Rücken kehren konnte.
Vielleicht war McGee doch nicht so unnütz, wie er zuerst angenommen hatte. Man mußte ihm zubilligen, daß er Jothens Sorgen in einem wichtigen Punkt bereits gemindert hatte. Und zwar war ihm der Gedanke gekommen, daß ein bestimmbarer Teil der Jones-Besucher – vielleicht sogar bis zu fünfundzwanzig Prozent – gar nicht erst nach Hause geschickt zu werden brauchte. Da die Jones einem hauptsächlich nordamerikanischen Klan angehörten, war durchaus anzunehmen, daß ein entsprechender Prozentsatz in dem von Flavia bedrohten Teil des Kontinents lebte und es daher keinen Sinn hatte, sie wieder dorthin zu verfrachten. Die Hilfe derjenigen, die eine Stelle hatten, wurde zu Hause nicht mehr benötigt, so daß sie ohnehin sofort wieder nach Gitler zurückkehren mußten. Natürlich waren zur Bestimmung dieser Untergruppe gewisse Berechnungen erforderlich, aber das war genau die Art von Aufgabe, für die McGee geeignet schien, wobei sich Jothen eingestehen mußte, daß nicht einmal der Anstoß dazu von ihm gekommen war.
Ein gewisser Fongavaro Jones war jedoch bereits von sich aus darauf gekommen, daß er in Gitler bleiben wollte.
2
Und das war der Hauptgrund, warum sich Fongavaro in diesem Augenblick in einem der unteren Service-Tunnel Gitlers aufhielt und sich wie ein Gejagter vorkam, obwohl er wußte, daß die Verfolgung noch nicht begonnen hatte.
Fongavaro war vom UNOC als Spezialist für das Nachrichtenwesen eingestuft worden und gehörte somit wie Jothen zur Klasse der bevorzugten Bürger – er war ein Mann mit einem Posten. Aber mehr hatte er mit Jothen Kent nicht gemein. Äußerlich ähnelte er mehr einem Orang-Utan; er war ein gedrungener, muskulöser Mann mit langen Armen und großen Händen. In seiner Heimatstadt Tananarive auf Madagaskar hätte er sicherlich bei seinen Mitmenschen kein großes Aufsehen erregt, aber in den düsteren und leeren Korridoren Gitlers war er eine gespenstische und furchteinflößende Erscheinung.
Und er kannte seine Wirkung und zählte darauf.
Fongavaro hatte einen Großteil seines Lebens in den labyrinthartigen Service-Tunneln von Tananarive verbracht und sich den Verhältnissen völlig angepaßt. Es machte ihm Spaß, so tief unter der Erde zu leben, obwohl diese Einstellung bisher völlig unbewußt gewesen war, denn bis vor kurzem hatte er keine Ahnung gehabt, daß es auf der Erde auch etwas anderes geben könnte als schlecht beleuchtete Service-Tunnel. Er war mit seinem Maulwurfsdasein zufrieden gewesen.
Aber dann hatte er die Reise zum Jones-Kongreß angetreten, die ihn zum erstenmal aus seiner Heimatstadt entführte. Zum erstenmal erblickte er die Leere des blauen Himmels, zum erstenmal wurde er in einem Düsenflugzeug ins Nichts katapultiert, zum erstenmal sah er sich der grenzenlosen Weite des Meeres und der Wälder gegenüber. Vor der Abreise hatte er sich die Fahrt kaum interessanter vorgestellt als einen kurzen Tunnelsprung ins nächste Dorf. Natürlich hatte er gewußt, daß er einen Teil seines Weges im Flugzeug zurücklegen mußte, aber er hätte es sich nicht träumen lassen, daß ihm das Fliegen so schlecht bekommen würde.
Die ganze Zeit über war es ihm, als stürzte er in eine bodenlose Tiefe, als fiele er hilflos immer wieder aus seinem Sitz. Er kämpfte verzweifelt gegen die aufsteigende Übelkeit an und bemühte sich, nicht aus dem Fenster zu sehen. Er fühlte sich von allen guten Geistern verlassen und kämpfte einen aussichtslosen Kampf gegen die Pillen und Injektionen, die man ihm verabreichte, und vor allem wütete er gegen sich selbst, gegen seinen Körper und seine Männlichkeit und sein Unwissen. Er fühlte sich schmählich im Stich gelassen.
Die Flugreise war ein einziger
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