Heyne Galaxy 11
unverändert, das die Menschenmassen zu den Tunnelniedergängen dirigierte. Aber hinter den Kulissen, in den Arbeitsräumen, auf den Maschinendecks, in den Lagerhallen, den Service-Tunneln und den Häusern der Technie-Siedlung gellte der Alarm.
Nach wenigen Minuten begannen einzelne Lichter auf Jothens Kontrollbrett anzuzeigen, daß seine Leute langsam ihre Plätze einnahmen; aber es dauerte noch einige Zeit, ehe sich McGee über Telefon bei Jothen meldete.
»Was ist los, Jothen? Es läuft alles bestens hier unten! Die Leute strömen nur so ab, jedenfalls bis eben.«
»Das mit dem Strömen können Sie bald wörtlich nehmen«, sagte Jothen grimmig. »Wo haben Sie die Leute zusammengezogen?«
»An den Tunnelstationen, wie Sie vorgeschlagen haben.«
»An welchen Stationen? Unten im Untergeschoß bei den Fern-Tunneln…? Das habe ich befürchtet. Die Sache ist die, Alva. Wir müssen mit der Möglichkeit rechnen, daß unser Haupt-Wasserzubringer hier oben bricht – und zwar in etwa neunzig Minuten!«
»Wie ist das möglich? Das Ding wird doch kaum benutzt!«
»Das ist es ja eben!« sagte Jothen. »Unsere Leitung hat einen kleinen Fehler, der entweder von vornherein bestand oder sich bei den ersten Ladungen herausbildete. Ich nehme an, daß sich die Sache inzwischen noch verschlimmert hat. Jedenfalls haben wir eine schwache Stelle an der Gabelung des Zubringers zu den Flughafen-Treibstofftanks. Das wäre an sich kein Problem, das wir nicht selbst lösen könnten, wenn uns nicht Chicago eine übergroße Ladung vorgeschmolzenes Gallium schicken würde, das für unseren Hauptreaktor bestimmt ist. Und wenn das auf die Kurve trifft… So einen Brocken hatten wir noch nie in der Leitung!«
»Warum hat Ihnen der Computer die Ladung nicht schon angezeigt?« unterbrach McGee gereizt.
»Die Sendung hat den Kansas-City-Block noch nicht erreicht; ich habe nur eben zufällig einen Blick auf die allgemeine Chicagoer Frachtliste geworfen. Aber Reden hilft uns nicht weiter. Das Ding ist unterwegs!«
»Schon gut. Scheint mir aber doch eine seltsame Methode zu sein, eine Versorgungsleitung zu beschicken. Was soll ich unternehmen?«
»Schaffen Sie die Leute aufs Dach!« ordnete Jothen an. »Wir müssen sie von dort oben evakuieren. Zum Glück wird im Augenblick kein nennenswerter Flugverkehr herrschen, so daß wir ausreichend Platz haben.«
»Aufs Dach scharfen? Alle? Eine Million Menschen – in neunzig Minuten? Für Wunder bin ich nicht zuständig, Jothen!«
»Wir müssen sie ja nicht in neunzig Minuten evakuieren, Alva. Sie müssen Sie zunächst nur aufs Dach schaffen. Vielleicht bleiben Ihnen sogar noch zehn Minuten nach dem Bruch, bis die Flut nach unten durchgedrungen ist. Ich hoffe ja, daß sich ein Teil des Galliums schnell genug verfestigt, um die Leitung wieder etwas zu verstopfen – aber damit sollten wir vielleicht nicht zu fest rechnen. Wenn ich mich recht erinnere, schmilzt es schon bei etwa dreißig Grad – und viel kälter dürfte es hier im Augenblick nicht sein. Also Tempo – und viel Glück!«
»Danke«, sagte McGee nicht ohne Ironie.
Jothen schaltete auf eine andere Leitung.
»Piscetti, hier ist Jothen. Hast du mitgehört, ja? Gut. Eine Frage – besteht die Aussicht, daß wir die Leitung noch rechtzeitig verstärken können, so daß…? Nein? Zu dumm. Okay, in diesem Fall möchte ich, daß du sofort einen Deflektorschirm über dem Notabfluß hier anbringen läßt, damit das Gallium mir nicht alles verstopft. Kontrolliere die Lagerbestände anhand des Computers, damit du ein Material findest, das leicht genug ist… Du mußt das Ding so richten, daß das Zeug in den Fahrstuhlschacht abgeleitet wird … Ja, sicher! Ich weiß, daß wir unter diesen Umständen sofort die Treibstofftanks leeren sollten, aber wir brauchen das Zeug für die ankommenden Evakuierungsschiffe – und kannst du mir verraten, wohin wir es fließen lassen können? Du möchtest doch nicht, daß es garantiert mit dem Gallium zusammenkommt, oder? Paß auf. Ich lasse die Wohngebiete in genau zehn Minuten abriegeln und alle öffentlichen Treppen für die Mannschaft sperren, damit McGee genug Stauraum für seine Flüchtlinge hat. Für uns müßten die Fahrstühle genügen. Auch wird in dreißig Minuten Gasalarm für die Arbeitsgebiete gegeben. Ich habe keine Ahnung, was für eine Art Gas sich aus der Mischung ergibt, wenn überhaupt, aber ich möchte kein Risiko eingehen. Alles mitbekommen? Zeitplan beginnt in fünfzehn Sekunden …
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