Heyne Galaxy 13
herum.
»Die menschliche Rasse«, sagte Padma, »geriet in eine evolutionäre Explosion und zerbrach – und zwar in dem Augenblick, als eine interstellare Kolonisierung möglich wurde. Die Gründe hierfür sind in rassischen Instinkten zu suchen, die wir noch nicht völlig ergründet haben, die aber im Grunde einer Art Selbstschutz-Bedürfnis entsprangen.«
»Ich sollte mir wohl ein paar Notizen machen«, sagte ich.
»Wenn Sie möchten«, sagte Padma. »Diese Explosion brachte Kulturen hervor, die sich auf ganz bestimmte Facetten der menschlichen Persönlichkeit ausrichteten. Die Dorsai zum Beispiel konzentrierten sich auf die kriegerische Facette. Die Facette des hingebungsvollen Gläubigen wurde das beseelende Element der Freundler. Und die philosophische Facette brachte die exotenische Kultur hervor, der ich mich zuzählen darf. Wir nennen diese Dinge Splitterkulturen.«
»O ja«, sagte ich, »ich weiß Bescheid über Splitterkulturen.«
»Der Begriff ist Ihnen vertraut, aber Sie kennen diese Kulturen nicht wirklich, Tam.«
»Nein?«
»Nein«, sagte Padma, »und zwar weil Sie und Ihre Vorfahren von der Erde stammen. Sie gehören zu den volltalentierten Menschen, die noch das volle Spektrum der menschlichen Persönlichkeit auf sich vereinen. Die Angehörigen der Splitterkulturen sind Ihnen in der Evolution voraus.«
Plötzlich spürte ich den Ärger wie einen kleinen Knoten in meinem Magen.
»O wirklich? Ich fürchte, ich verstehe das nicht ganz.«
»Weil Sie es nicht verstehen wollen«, sagte Padma. »Denn wenn Sie es täten, müßten Sie zugeben, daß sich diese Menschen von Ihnen unterscheiden und nach anderen Maßstäben bewertet werden müssen.«
»Inwiefern sollten sie sich unterscheiden?«
»Sie unterscheiden sich zum Beispiel in der Fähigkeit, etwas instinktiv zu erfassen, während ein volltalentierter Mensch in jedem Falle extrapolieren muß, wenn er zum Verständnis kommen will.« Padma setzte sich ein wenig in seinem Sessel zurecht. »Sie würden das besser verstehen, Tam, wenn Sie in die Rolle des Angehörigen einer Splitterkultur zu schlüpfen und zu erspüren versuchten, wie sehr er von einer Art Monomanie besessen ist, die ihn ganz auf eine bestimmte Art von Person ausrichtet. Der große Unterschied liegt darin, daß die Teile seines seelischen, geistigen und physischen Ichs, die außerhalb dieser Monomanie liegen, nicht ignoriert und unterdrückt werden, wie das bei Ihnen der Fall wäre …«
Ich unterbrach ihn. »Wieso ausgerechnet bei mir?«
»Also gut – wie bei jedem nicht einseitig ausgerichteten Menschen«, sagte Padma ruhig. »Diese Teile werden also nicht zurückgebildet, sondern derart abgewandelt, daß sie der Monomanie entsprechen und sie unterstützen. Auf diese Weise haben wir keinen kranken und schwachen, sondern einen gesunden, neuen Menschen.«
»Gesund?« fragte ich. Wieder einmal stand mir das Bild des Freundler-Unteroffiziers auf der Neuen Erde vor Augen.
»Kulturell gesehen gesund. Nicht als Individuum, sondern als Kultur.«
»Es tut mir leid«, sagte ich, »aber das glaube ich nicht.«
»Das reden Sie sich nur ein. Tam«, sagte Padma leise. »Im Unterbewußtsein wissen Sie es besser. Sie haben vor, sich die Schwächen einer solchen Kultur zunutze zu machen und sie zu vernichten.«
»Und welche Schwäche wäre das?«
»Die offensichtliche Schwäche, die die Umkehrung der Stärke ist«, sagte Padma, »Die Splitterkulturen sind nicht lebensfähig.«
Ich war ehrlich erstaunt.
»Nicht lebensfähig? Sie meinen, diese Kulturen können sich nicht selbst am Leben erhalten?«
»Natürlich nicht«, sagte Padma. »Angesichts ihrer Expansion ins All reagierte die menschliche Rasse mit dem Versuch, sich der neuen Umgebung anzupassen. Und zwar derart anzupassen, daß sie unabhängig voneinander sämtliche Elemente ihrer Persönlichkeit ausprobierte, um festzustellen, welches Element am besten überleben konnte. Nachdem nun diese Elemente – die Splitterkulturen – mehr oder weniger überlebt und sich angepaßt haben, wird es Zeit, daß sie sich wieder miteinander verbinden und einen widerstandsfähigeren, dem Universum aufgeschlossener gegenüberstehenden Menschen bilden.«
Der Luftwagen begann an Höhe zu verlieren. Wir näherten uns unserem Ziel.
»Was hat das alles mit mir zu tun?« fragte ich schließlich.
»Wenn Sie eine der Splitterkulturen aus dem Gleichgewicht bringen, kann sie sich nicht mehr anpassen, wie es ein volltalentierter Mensch vermocht hätte,
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