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Heyne Galaxy 13

Heyne Galaxy 13

Titel: Heyne Galaxy 13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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Hieb in den Magen.
    Auf der Universität hatte ich ein wenig Boxerfahrung sammeln können. Ich erwähne das nicht, um mich als Muskelprotz herauszustellen, sondern um zu erklären, warum ich nicht auf sein Kinn zielte. Graeme hätte den KO-Punkt wahrscheinlich gefunden, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, aber ich war kein Dorsai. Die Stelle unter dem Brustbein ist ein viel größeres und weicheres Ziel, das sich für Amateure geradezu anbietet. Ich wußte allerdings, wie man zuschlägt.
    Janol war praktisch außer Gefecht gesetzt. Er klappte wie ein Taschenmesser zusammen und ging zu Boden, ohne jedoch das Bewußtsein zu verlieren. Ich wandte mich um und verließ hastig das Gebäude.
    Im Lager herrschte eifrige Geschäftigkeit, und niemand hielt mich auf. Ich erreichte meinen Wagen, und fünf Minuten später raste ich bereits auf der Straße nach Blauvain dahin.
     
     
    5
     
    Die Entfernung von Neu San Marcos nach Blauvain betrug vierzehnhundert Kilometer, die ich eigentlich in sechs Stunden hätte schaffen müssen. Doch eine weggeschwemmte Brücke hielt mich auf, so daß ich erst nach acht Uhr mein Ziel erreichte. Hastig betrat ich das in einem Park gelegene Gebäude der exotenischen Botschaft.
    »Padma …«, sagte ich atemlos. »Ist er noch …?«
    »Ja, Mr. Olyn«, sagte das Mädchen am Empfangstisch. »Er erwartet Sie.«
    Sie lächelte über ihrer purpurnen Robe. Es machte mir nichts aus. Ich war viel zu froh, daß sich Padma noch nicht an einen weniger gefährlichen Ort abgesetzt hatte.
    Das Mädchen führte mich nach unten und um eine Ecke und überantwortete mich einem jungen Exotener, der sich als Sekretär Padmas vorstellte. Dieser übergab mich einem anderen Sekretär des Botschafters, einem älteren Mann, der mich durch mehrere Räume und einen langen Korridor führte und mich schließlich allein ließ. Ich folgte seinen Anweisungen und ging durch eine Tür, hinter der die Räumlichkeiten Padmas liegen sollten. Als ich durch den Torbogen trat, sah ich erneut einen kurzen Korridor vor mir – und hielt plötzlich inne. Denn ich glaubte Kensie Graeme auf mich zukommen zu sehen – einen wenig freundlich gestimmten Kensie Graeme.
    Doch der Mann, der wie Kensie aussah, blickte mich nur kurz an und setzte seinen Weg fort. Jetzt wußte ich Bescheid.
    Natürlich hatte ich nicht Kensie vor mir, sondern seinen Zwillingsbruder Ian, der hier in Blauvain die exotenischen Garnisonstruppen befehligte. Ich schüttelte die Lähmung schließlich ab und setzte mich wieder in Bewegung, doch der Schock wirkte noch eine Zeitlang nach.
    Ich glaube nicht, daß es einem anderen Menschen in der gleichen Situation anders gegangen wäre. Janol hatte mir mit der Zeit einen Eindruck von der Unterschiedlichkeit der beiden Brüder vermittelt – nicht in militärischer Hinsicht, denn sie waren beide ausgezeichnete Dorsai-Offiziere, sondern im Hinblick auf ihre Persönlichkeit.
    Kensie hatte großen Eindruck auf mich gemacht – mit seiner fröhlichen Art und persönlichen Ausstrahlung, die einen zuweilen fast vergessen ließ, daß er ein Dorsai war. Wenn er frei vom Druck militärischer Probleme war, schien er nur aus Sonnenschein zu bestehen, und man konnte sich in seiner Gegenwart aufwärmen wie in den Strahlen einer Sonne. Ian, der äußerlich nicht von ihm zu unterscheiden war, bestand nur aus Schatten.
    In diesem Mann war die Dorsai-Legende zum Leben erwacht. In ihm hatten sich der sprichwörtliche düstere Charakter, das eiserne Herz und die dunkle, einsame Seele zusammengefunden. In der mächtigen Festung seines Körpers lebte das Wesen Ian isoliert wie ein Einsiedler auf einem Berggipfel. Er war der wieder zum Leben erwachte wilde und einsame Hochlandtyp seiner Vorfahren.
    In Ian herrschten nicht Gesetz oder Ethik, sondern allein das Vertrauen in ein Versprechen, die Treue und die Verpflichtung des Blutes. Er war ein Mann, der in die Hölle gehen würde, um eine Schuld zu begleichen oder einzufordern, und als er mich jetzt passierte, dankte ich den Göttern, daß er keine Schuld mit mir zu regeln hatte.
    Dann war er um eine Ecke verschwunden.
    Wie ich mich jetzt erinnerte, ging das Gerücht, daß Ians Düsterkeit nur in Kensies Gegenwart völlig verschwand und er somit das echte Gegenstück seines Zwillingsbruders war. Und daß er, sollte er jemals das helle Licht missen müssen, mit dem Kensie ihn erwärmte, für immer in seiner Lichtlosigkeit verloren wäre.
    Das war eine Behauptung, an die ich mich später noch

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