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Heyne Galaxy 14

Heyne Galaxy 14

Titel: Heyne Galaxy 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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fertig. Zu viele Selbstmorde, zu viele unverständliche Morde, zu wenige Männer.
    Vorsichtig ölen und mit dem Lappen nachwischen. Kein Teil vergessen. Dann alles wieder zusammensetzen.
    Warum sollte sich ein Mann wie Ambrose Hardesty aus dem Fenster stürzen?
    Er lag im licht des frühen Morgens auf dem Bürgersteig, und was von ihm übrig war, ähnelte mehr einem Fleck als einem Körper. Seine Penthouse-Wohnung lag im sechsunddreißigsten Stock. Blut bedeckte den Bürgersteig. Die Flecken waren noch nicht getrocknet. Hardesty war kopfüber aufgeprallt. Er trug einen hellen Seidenanzug und eine Schlafjacke mit breiter Samtborte.
    Man war damit beschäftigt, Blutproben zu nehmen, um festzustellen, ob er vielleicht unter dem Einfluß von Drogen oder Alkohol gestanden hatte. Mehr konnte man im Augenblick nicht tun.
    »Aber warum ist er so früh aufgestanden?« fragte Trimble ratlos. Die Alarmmeldung war um 8.03 Uhr im Hauptquartier eingetroffen, als er es sich eben in seinem Büro bequem gemacht hatte.
    »Die Frage muß lauten: ›Warum ist er so spät ins Bett gegangen?« sagte Bentley, der den Tatort zwanzig Minuten vor ihm erreicht hatte. »Und die haben wir schon beantwortet. Einige Freunde haben uns Auskunft gegeben. Er hat an einem Pokerspiel teilgenommen, das bis 6 Uhr morgens gedauert hat.«
    »Hat Hardesty verloren?«
    »Im Gegenteil. Er hat fast fünfhundert Dollar plus gemacht.«
    »Das hätte ich mir denken können«, erwiderte Trimble mürrisch. »Kein Abschiedsbrief?«
    »Vielleicht haben sie einen gefunden. Wollen wir mal nach oben gehen?«
    »Es gibt keinen Brief«, prophezeite Trimble.
    Noch vor drei Monaten hätte er den Fall für unglaublich gehalten und sich gefragt, wer den Mann aus dem Fenster gestoßen hatte. Doch als er sich jetzt vom Fahrstuhl ins oberste Stockwerk tragen ließ, dachte er nur an die Reporter. Ambrose Hardesty war ein Fall für die erste Seite. Trotz der zahlreichen Selbstmorde in den letzten Wochen war sein Tod geeignet, großes Aufsehen zu erregen.
    Hardesty war ein angesehenes Mitglied der Gemeinde, ein Mann, der außerordentlich reiche Großeltern gehabt hatte. Vielleicht war ihm die große Erbschaft vor vier Jahren zu Kopf gestiegen. Jedenfalls hatte er gewaltige Summen in Unternehmen investiert und auf Vorhaben verschwendet, die oft alles andere als seriös waren.
    Doch eines dieser Unternehmen hatte sich außerordentlich positiv entwickelt und ihm zu noch größerem Reichtum verholfen. Die Traverszeit-Gesellschaft war bereits Inhaberin einer Reihe von Patenten und Erfindungen, die aus verschiedenen Zeitlinien stammten – Erfindungen, die auf den verschiedensten Gebieten mehr als eine industrielle Revolution in Gang gebracht hatten. Und Hardesty war der Geldgeber hinter der Traverszeit-Gesellschaft. Er wäre der nächste Milliardär der Erde gewesen, wenn er es nicht vorgezogen hätte, von seinem Balkon aus in die Tiefe zu springen.
    Die beiden Männer fanden ein geräumiges und luxuriös eingerichtetes Appartement vor, das sorgfältig aufgeräumt war. Jemand hatte die Bettdecke zurückgeschlagen. Nur Hardestys Kleidung schien etwas durcheinander zu sein – da lagen Hemd und Hose auf einem Stuhl im Badezimmer, zusammen mit einem Halstuch, einem Paar Socken und einem leichten Pullover. Unterwäsche war nicht zu sehen. Die Zahnbürste war benutzt worden.
    Er wollte zu Bett gehen, überlegte Trimble. Er hat sich die Zähne geputzt und ist dann auf den Balkon hinausgetreten, um sich den Sonnenaufgang anzusehen. Ein Mann, der oft sehr spät ins Bett kommt, hat bestimmt wenig Gelegenheit, so etwas zu beobachten. Er hat in die aufgehende Sonne gestarrt und ist dann gesprungen.
    Warum?
    So war es eigentlich bei allen gewesen – Selbstmord als Ergebnis eines spontanen Entschlusses. Die Selbstmörder waren von Brücken gesprungen, hatten sich über die Brüstungen ihrer Balkons gestürzt oder sich plötzlich vor fahrende U-Bahn-Züge geworfen, sie waren auf Schnellstraßen herumgerannt oder hatten eine Überdosis Schlaftabletten geschluckt. Keine der angewandten Methoden deutete darauf hin, daß die Tat vorher geplant worden war. Das jeweils benutzte Hilfsmittel hatte das Opfer immer zufällig bei sich gehabt. In keinem Fall war es vorgekommen, daß die Selbstmordwaffe speziell für die Tat gekauft war. Auch hatten sich die Opfer für das Ereignis niemals besonders angezogen, wie das bei normalen Selbstmördern oft der Fall ist. Es gab gewöhnlich auch keinen

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