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Heyne Galaxy 14

Heyne Galaxy 14

Titel: Heyne Galaxy 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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erreichten, lehnten überall Menschen aus den Fenstern, schwenkten kleine Flaggen, jubelten den Soldaten zu und pfiffen Madge und mich aus. Sie alle hatten eine unüberwindliche Abneigung gegen die amphibische Lebensart – Menschen aller Hautfarben, Größen und Nationalitäten, die hier zusammengekommen waren, um gegen uns zu kämpfen.
    Es stellte sich heraus, daß Madge und ich in einem großen Schauprozeß abgeurteilt werden sollten. Nachdem wir eine unangenehme Nacht auf jede denkbare Weise gefesselt im Gefängnis verbracht hatten, wurden wir in einen Gerichtssaal geführt. Sofort richteten sich zahlreiche Fernsehkameras auf uns.
    Madge und ich waren mit den Nerven fertig, denn wir steckten nun schon sehr lange in diesen Körpern, ohne uns an den Zustand gewöhnen zu können. Es war zum Verzweifeln – während es in den Stunden vor dem Prozeß darauf ankam, einen klaren Kopf zu haben und sich einen Verteidigungsplan zurechtzulegen, entwickelten unsere Körper Hungergefühle und protestierten mit heftigen Schmerzen gegen die harten Pritschen, auf denen wir lagen. Außerdem kamen wir nicht um die acht Stunden Schlaf herum, die ein solcher Metabolismus braucht.
    Die Anklage warf uns ein Vergehen vor, das in den Augen unserer Feinde ein Kapitalverbrechen war – Desertion. Für sie waren alle Amphibienmenschen Deserteure, die zum Gegner übergelaufen waren und ihre Körper im Stich gelassen hatten – Körper, die zum Wohle der Menschheit noch mutige und wichtige Dinge hätten vollbringen müssen.
    Auf einen Freispruch durften wir nicht hoffen, denn der eigentliche Grund für den Prozeß war die gute Gelegenheit, wieder einmal gegen die Amphibienmenschen ins Feld zu ziehen und dabei den ›richtigen‹ Standpunkt der Landmenschen erneut herauszustellen. Im Gerichtssaal saßen zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten, die ohne Ausnahme ärgerlich und mutig dreinblickten.
    »Herr Amphibienmensch«, sagte der Ankläger, »Sie sind doch bestimmt alt genug, um sich an die Zeit zu erinnern, da sich die Menschen den Härten des Lebens in ihren Körpern stellen mußten und für das zu arbeiten und zu kämpfen hatten, an was sie glaubten.«
    »Ich erinnere mich in der Tat. Damals gab es oft Kämpfe zwischen den Menschen, und niemand schien den Grund dafür zu kennen oder die Auseinandersetzungen unterbinden zu können«, erwiderte ich höflich. »Dabei schien jedermann der festen Überzeugung zu sein, das Kämpfen im Grunde zu hassen.«
    »Was würden Sie sagen, wenn ein Soldat im Angesicht des Feindes die Flucht ergreift?«
    »Ich würde sagen, daß er Angst hat.«
    »Und er trägt dazu bei, daß der Kampf verloren wird, nicht wahr?«
    »O natürlich.« Über diesen Punkt ließ sich kaum streiten.
    »Und haben nicht die Amphibienmenschen das gleiche getan – die Menschheit im Angesicht des Lebenskampfes im Stich gelassen?«
    »Die meisten von uns leben aber noch, wenn Sie das meinen sollten«, sagte ich.
    Und das stimmte. Wir hatten das Phänomen des Todes zwar noch nicht gemeistert, waren aber auf dem besten Weg. Die individuelle Lebensspanne hatten wir schon erheblich verlängern können.
    »Sie sind vor Ihrer Verantwortung geflohen«, sagte er.
    »Wie man aus einem brennenden Gebäude flieht«, erklärte ich geduldig.
    »Und haben die anderen zurückgelassen, um den Kampf allein weiterzuführen?«
    »Die Tür, durch die wir entkommen sind, steht jedem offen. Sie können sie jederzeit benutzen. Sie müssen sich nur dazu entschließen und sich darauf konzentrieren, was Sie wollen und was Ihr Körper will, dann werden Sie in kurzer Zeit…«
    Der Richter hämmerte so heftig auf seinem Tisch herum, daß ich dachte, er würde etwas zerschlagen. Ich konnte seine Erregung verstehen. Immerhin befand ich mich unter Leuten, die Königswassers Buch verdammt und jedes erreichbare Exemplar verbrannt hatten, und versuchte einer unbekannten Anzahl von Fernsehzuschauern beizubringen, wie man seinen Körper verläßt. Das konnte er natürlich nicht dulden.
    »Wenn man euch Amphibienmenschen gewähren ließe«, fuhr der Ankläger fort, »würde das Leben und der Fortschritt bald spurlos verschwinden.«
    »Aber natürlich«, erwiderte ich. »Darum geht es ja.«
    »Und das hieße, daß die Menschen nicht mehr für das arbeiten würden, an was sie glauben?« forderte er mich heraus.
    »Ich hatte einmal einen Freund, der in einer Fabrik siebzehn Jahre lang kleine Löcher in Metallstücke bohrte, ohne zu wissen, wofür die Teile später

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