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Hibiskusblüten

Hibiskusblüten

Titel: Hibiskusblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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nicht.“
    „Ich möchte so gern einen kleinen Hund haben. Aber Onkel Joshua will keinen. Er sagt, Hunde würden im Garten graben und die Blumen kaputtmachen. Ich hab’ mir diesmal einen kleinen Hund gewünscht. Glauben Sie, daß ich ihn kriege?“
    „Wahrscheinlich.“
    „Ich auch. Aber Sie sagen doch bestimmt nichts Onkel Joshua?“
    „Natürlich nicht.“
    „Und meiner Mutter auch nicht?“
    „Auch nicht. Niemandem. Aber jetzt möchte ich noch wissen, woher du das viele Geld hast.“
    „Von Mutti.“
    „Na so was!“ rief ich erstaunt. „Sie gibt dir so eine Menge Geld, ohne zu fragen, wofür? Fünfzig Dollar sind sehr viel Geld, Eve.“
    So, dachte ich, sind diese Leute mit ihrem vielen Geld: sie verderben schon von Anfang an ihre Kinder.
    „Eigentlich“, sagte Eve, „hat sie’s mir nicht richtig gegeben, sondern ich hab’s mir aus ihrer Tasche genommen.“
    Ich pfiff durch die Zähne und nickte ihr anerkennend zu.
    „Respekt, Eve! Hast du schon mal was von mein und dein gehört?“
    „Wieso?“ fragte sie interessiert, „was ist damit?“
    „Ich hab’s mir gedacht, daß du davon keine Ahnung hast. Aber wenn man jemandem etwas wegnimmt, dann ist das doch gestohlen, und stehlen darf man nicht, das weißt du doch hoffentlich?“
    „Ja“, erklärte sie mir überlegen, „natürlich darf man nicht stehlen. Aber wenn ich von meiner Mutter etwas nehme, dann ist das doch nicht gestohlen — das gehört uns ja.“
    Ich kramte die Geldscheine, die ich ohnedies nur aus sozusagen taktischen Gründen eingesteckt hatte, wieder heraus und gab sie Eve.
    „Tu sie wieder genau da hin, woher du sie genommen hast, verstanden?“
    „Ja — aber...“
    „Kein aber, Eve! Du tust das Geld wieder genau dorthin an seinen Platz. Du brauchst keine Angst zu haben, ich halte trotzdem dicht.“
    „Wirklich?“
    „Ja, wirklich.“
    „Ehrenwort?“
    „Ja, großes Ehrenwort.“
    Sie seufzte erleichtert auf.
    „Sie sind ein feiner Kerl, Allan“, sagte sie, „Sie sind fast so fein wie Franky. Von mir aus könnten Sie Mutti ruhig heiraten.“
    Da ich hierauf im Augenblick nicht erpicht war, fragte ich: „Franky ist wohl dein Vater?“
    „Ja. Mutti und er haben sich scheiden lassen.“
    Ich ließ den Motor an und sagte: „Also komm, Eve — ich fahre dich wieder nach Hause.“
    „Aber nicht bis ganz, sonst merken sie womöglich was.“
    Ich brachte sie bis etwa eine halbe Meile vor das Haus, und dann verabschiedete ich mich von ihr.
    Ich wendete auf der schmalen, nicht sehr guten Bergstraße, dann hielt ich nochmals und rannte Eve nach.
    „Hallo, Eve!“
    Ich holte sie ein und sagte: „Hör’ mal, ich hab’ etwas vergessen. Wer hat dir denn eigentlich das mit den Hibiskusblüten erzählt?“
    „Das sag ich nicht.“
    „Warum nicht?“
    „Weil — weil ich’s versprochen habe.“
    „Und wenn ich’s rate? War es jemand vom Haus?“
    Sie schüttelte rasch den Kopf, aber dann nickte sie heftig und sagte: „Ja, jemand vom Haus.“
    „Na schön, Eve. Aber du mußt noch lernen, daß man einen Detektiv nicht anlügen kann, weil er’s doch sofort merkt.“
    Sie schaute mich verdutzt an.
    „Sie — Sie haben’s — ge... gemerkt?“
    Ich lachte.
    „Aber natürlich! Ich merke so was immer. Und nun mach, daß du nach Hause kommst.“
    Ich kehrte zu meinem Wagen zurück. Es war so unwichtig, wer ihr diesen Floh ins Ohr gesetzt hatte; das Ganze machte mir keinen Spaß mehr.

2

    Während ich in die Stadt zurückfuhr, war mir ein wenig flau im Magen. Die schönen, schönen fünfzig Dollar!
    Ich hatte ja bis jetzt eine ganze Menge Benzin verfahren und viel Zeit geopfert. Aber nun konnte ich doch die kleine Eve nicht verpfeifen — und mit dem ganzen Auftrag war’s wieder einmal Essig. Ich wünschte, ich hätte eine weniger schöne Seele und mehr Geschäftssinn, etwa so wie die Lesters.
    Natürlich mußte ich nun auch die Anzahlung wieder ausspucken; denn für einen Fall, den ich nicht lösen konnte, verlangte ich noch nie etwas. Und Mister Pickles mußte ich nun schreiben, daß mir die Aufklärung dieses Falles nicht gelungen sei. Eine wundervolle Reklame für mich!
    In der Stadt aß ich mißmutig eine Kleinigkeit zu Mittag und kehrte anschließend in mein Büro zurück
    Neben meiner Tür hängt ein kleiner Block mit einem Bleistift dran, damit mir jemand während meiner Abwesenheit eine Nachricht übermitteln kann. Auch dies war für mich kein Geschäft; denn die Kinder im fünften Stock brauchten mehr

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