Hide (German Edition)

erst einmal alles absichern sollten.
    Der Keller war nicht groß und bereits nach wenigen Minuten wussten wir, dass sich außer uns niemand hier unten aufhielt. Sam erreichte als Erster die Tür zum Labor. Ich blieb hinter ihm, während er sich den Nummernblock genauer ansah.
    »Keine Ahnung, ob ich das hier knacken kann«, sagte er leise. »Das ist echte Spitzentechnologie, viel fortschrittlicher als das System im Farmhaus.«
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Hoffen wir mal, dass Cas und Nick den Leiter finden und der uns dann den Code verrät.«
    Ich schnaufte. »Als würde der den einfach so rausgeben.«
    »Ich kann sehr überzeugend sein«, sagte er, ohne mich dabei anzuschauen.
    »Bitte? Willst du damit sagen, du willst ihn im Zweifelsfall foltern? Das kann nicht dein Ernst sein. Dieser Programmleiter wird auch nur so jemand sein wie mein Dad …«
    »Du willst doch deine Schwester finden, oder?« Nun sah er mir in die Augen. »Wie sollen wir denn sonst da reinkommen? Bei Riley anrufen und nachfragen, ob er den Code kennt?«
    »Das ist kein Grund, arschig zu werden.«
    »Bin ich doch gar nicht, ich versuche nur …«
    Über uns wurde eine Tür geöffnet. Helles Licht fiel ins Treppenhaus. Ich umschloss die Pistole fester.
    »Wir sind’s bloß«, sagte Cas. »Wir haben den Leiter gefunden.«
    Ich atmete auf und folgte Sam zur Treppe. Nick schleifte einen Mann die Stufen hinunter. Cas lief vorneweg. Der Mann stolperte fast über die letzten beiden Stufen, Nick musste ihn unter den Armen packen, damit er nicht hinfiel.
    »Nehmt mit, was immer ihr braucht«, sagte der Mann, in seiner Stimme schwang Panik mit. »Mein Portemonnaie liegt oben. Ich weiß nicht, wie viel Bargeld ich im Haus habe, aber da findet ihr auch meine Kreditkarten und …«
    »Wir wollen kein Geld«, sagte Sam.
    Ich trat aus Sams Schatten, um mir den Leiter des Delta-Labors einmal genauer anzusehen. Er ähnelte meinem Vater kein bisschen.
    Zunächst einmal war er wesentlich jünger. Vielleicht um die Dreißig, volles, dunkelblondes Haar, das Kinn von einem ordentlichen Ziegenbärtchen geziert. Eine Krawatte hing ihm locker um den Hals, die oberen drei Hemdsknöpfe waren geöffnet.
    »Öffnen Sie die Tür zum Labor«, sagte Sam.
    Die Furcht verschwand, stattdessen zeigten sich Neugier und Vorsicht auf dem Gesicht des Mannes. »Das bist wirklich du, oder?«
    Sam zuckte nicht mal mit der Wimper.
    »Sam. Und …« Der Mann sah uns der Reihe nach an. »Cas. Nick. Und …« Nun hatte ich seine Aufmerksamkeit. »Anna.«
    »Dann können wir uns die Vorstellungsrunde ja sparen«, sagte Nick und rupfte den Mann am Ärmel. »Los, öffnen Sie die Tür.«
    »Das kann ich nicht. Habt ihr eine Ahnung, was die mit mir anstellen, wenn ich das mache?«
    Nick trat ihm in die Kniekehle. Der Mann schrie auf und fiel zu Boden. Schon war Nick über ihm, umfasste seine Oberarme und drehte so lange, bis die Gelenke kurz davor waren herauszuspringen.
    »Haben Sie eine Ahnung, was wir mit Ihnen anstellen, wenn Sie das nicht machen?«, wollte Nick wissen.
    Der Mann fing an zu schluchzen. »Bitte tut mir nichts, ich bin doch nur Wissenschaftler. Schreibe Protokolle und mache Tests. Mehr nicht.«
    Nicks Griff wurde fester. »Dann öffnen Sie die Tür.«
    Er schrie auf. »Also gut. Also gut! Hör auf. Bitte.«
    Nick warf einen Blick zu Sam. Sam nickte und sofort ließ Nick den Mann los. Dieser blieb einen Augenblick lang keuchend auf dem Boden sitzen, die Arme eng an den Brustkorb gepresst.
    Steh schon auf , dachte ich, bevor Nick oder Sam dir noch wirklich was antun.
    Ich fühlte mich unwillkürlich an meinen Vater erinnert. Obwohl dieser Mann für die Sektion arbeitete, mussten sie ihn doch trotzdem nicht misshandeln.
    Irgendwann schob er sich endlich auf die Knie, stützte sich an der Wand ab und kam wieder auf die Füße. Er schlurfte zur Labortür, wir folgten ihm.
    Er tippte den Code ein und schon öffnete sich die Tür mit einem Zischen.
    Nick ging als Erster hinein, die Waffe gezückt. Sam stupste den Projektleiter vor sich her. Cas und ich folgten ihnen.
    Im Labor war es dunkel. Mehr als die Konturen der Zellen direkt gegenüber konnte ich nicht erkennen, also versuchte ich, mich auf all das zu konzentrieren, was Sam mir in den vergangenen Wochen beigebracht hatte. Wonach riecht es? Was spürst du? Nicht verkrampfen. Leg den Finger nicht direkt auf den Abzug, halt ihn nur in der Nähe, bis du schießen willst. Hör auf dein Bauchgefühl, das liegt nie