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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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tun.
    »Ich will Ihnen was sagen«, sagte Antip Bewley in vertraulichem Ton zu Hi, als hätten Bier und Urinieren größere Vertrautheit zwischen ihnen gestiftet, »es gibt da eine spezielle Gegend, die ich nur ganz speziellen Leuten zeige, und ich glaube, zu diesen Leuten gehören Sie. Das ist was ganz Besonderes. Warten Sie nur ab.«
    Helen fand, dass das Grundstück auch nicht anders aussah als alle anderen, und blieb im Wagen, doch Bewley führte Hi zu einer kleinen Senke, in der die Vegetation ein bisschen anders aussah.Vögel flogen auf, als sie sich näherten, und in dem feuchten Boden waren Hufspuren wilder Pferde zu sehen.
    »Da«, sagte Bewley. »Was sagen Sie dazu?«
    »Da« war eine feuchte Stelle oberhalb der kleinen Senke, die eigentlich nichts weiter war als eine schräge Falte in dem ansonsten brettflachen Land. »Nette kleine Quelle. Trocknet nie aus. Die graben Sie aus, bauen ein Kühlhaus daneben, und dann haben Sie ausgesorgt.«
    Im selben Augenblick sah Helen, die vom Wagen aus die beiden beobachtete, dass Hi ihr neues Grundstück gefunden hatte. Er warf den Kopf leicht zurück wie immer, wenn er zu einem Fazit gelangt war.
     
    »Hast du nicht gesagt, wir würden Bäume haben?« Ihre Stimme war so schwerelos, als hätte sie einen Wolkenschleier eingeatmet und ließe ihre Worte auf seinen luftigen Resten davonschweben. Doch ihr Gesicht war verhärmt und gelb, und sie behielt die Hände unter dem Büffelfell. Er fand, dass sie irgendwie chinesisch aussah.
    »Du hast das Grundstück letztes Frühjahr doch gesehen. Hast du erwartet, dass in der Zwischenzeit Bäume wachsen? Die müssen wir erst pflanzen. Ich werde sie pflanzen. Verdammt, sobald der Boden auftaut, will ich als Erstes eine Ladung Bauholz und ein paar Baumschösslinge und Rosensträucher holen. In Ordnung?« Seine Stimme klang schroff, als hätte sie eine Einfahrt mit Kopfsteinpflaster und einen Springbrunnen verlangt.
    Sie nickte um des lieben Friedens willen.
    Seine Stimme klang milder. »Na gut. Komm, wir steigen aus, und ich zeige dir eine Überraschung.«
    Helen kletterte langsam aus dem Wagen, da ihre Glieder steif waren vor Kälte, klopfte den Staub von ihren Ärmeln und trat in die eisige Luft. Sie fror entsetzlich und wünschte, sie hätte ihren braunen Rock aus Merinowolle angezogen. Sie folgte Hi, der mit großen Schritten voranging; beide beeilten sich, denn inzwischen rieselten die ersten Schneeflocken vom Himmel. Im vergangenen Frühjahr war das Land ringsum sattgrün und mit funkelnden Wildblumen übersät gewesen, denn Antip Bewley hatte sie in weiser Voraussicht während der schönsten Jahreszeit zur Besichtigung mitgenommen. Als sie im Spätsommer zum Picknick hergekommen waren, hatten sie sich weiter östlich aufgehalten. Dort war die Landschaft karg und dürr, das Gras so braun wie eingetrockneter verschütteter Kaffee, und Helen war froh gewesen, dass sie im blütenreichen Westen wohnen würden. Doch nun sah der Westen aus wie eine Wüste.
    »Kalt!«, keuchte sie und nestelte mit klammen Fingern an dem obersten Knopf ihrer dünnen Jacke, während sie bereute, keinen Schal mitgenommen zu haben, und sich wünschte, sie hätte einen dicken Mantel oder Überzieher.
    »Schau dir das an!«, rief Hi glücklich und breitete die Arme aus, um die zwei Morgen Land zu bezeichnen, die er mit der bezahlten Hilfe eines Farmers aus Craig gepflügt und geeggt hatte. »Ein zweiter Durchgang mit der Egge im Frühjahr, und dann können wir pflanzen. Und was sagst du dazu?« Er zeigte auf das Kühlhaus, das er wenige Wochen zuvor gebaut hatte. Er hatte die schlammige Quelle geklärt, sie mit Zedernholz eingefasst, den Grund mit sauberem Flusskies und mit vom Wasser geglätteten Steinen bedeckt und danach ein Häuschen errichtet, um die Quelle vor freilaufenden Pferden, Rindvieh und sandhaltigen Winden zu schützen. Er öffnete die kleine Tür, und Helen sah auf dem dunklen Wasser das Rechteck aus Licht gespiegelt.
    Sie zog eine Grimasse, und er sah es.
    »Was passt dir daran nicht?«, fragte er.
    »Gar nichts! Es ist prima! Aber das Baby hat sich gerade bewegt.« Bei diesen Worten legte sie die Hand auf den Bauch, als wäre sie eine Schauspielerin, die andeuten wollte, dass sie schwanger war.
    »Gut«, sagte er. »Prima. Oder? Oder etwa nicht, Süße?«
    »Ja.«
    »Alles prima, unser neues Grundstück, unser neues Kühlhaus, unser richtiges Haus, das wir bald haben werden, und ein Baby ist auch schon unterwegs. Wir werden ihn Joe

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