Hier hat s mir schon immer gefallen
unvermittelt los, und Hi versuchte, den Wagen fluchend über schlüpfrige Wege zu manövrieren, und verfuhr sich in dem dichten Schneetreiben immer wieder. Sie brauchten fünf Stunden, um die zweiundzwanzig Meilen zurückzulegen, und Helen hielt es für ein Wunder, dass sie die Fahrt lebend überstanden. Hi war schreckensbleich und erschöpft, doch er sagte, der Essex sei ein Juwel von einem Auto.
Helen hatte Hi bei der Beerdigung ihres älteren Bruders Ned kennengelernt; Hi war wenige Monate zuvor aus dem großen Krieg in Europa zurückgekommen. Es war ein schwüler Tag, von keinem Windhauch, keiner Wolkendecke aufgelockert. Die Trauergemeinde versuchte, sich mit kleinen runden Fächern Kühlung zu verschaffen, die mit dem Namen des Beerdigungsinstituts bedruckt waren: Farrow’s Funerals. His Bruder Sen war mit Ned befreundet gewesen und hatte ihn auf dem verhängnisvollen Ausflug begleitet. Ned hatte einen hohlen Baumstumpf in einem Schwarzwassersumpf erklettert, um das Ei eines Graureihers zu holen, während Sen im Boot wartete, und als Ned das Nest plünderte, hackte ihm der rabiate Vogel, der sein Ei verteidigte, Auge und Gehirn aus.
Als Hi und Helen das frisch ausgehobene Grab in Begleitung der schwitzenden Trauergäste verließen, sagte er zu ihr als Erstes: »Die könnten alle Vogeleier der Welt vor mir ausbreiten, aber ich würde mich nur umdrehen und weggehen«, und damit drückte er aus, was auch sie dachte. Ihre Mutter hörte seine Bemerkung und fasste sie als verdeckte Schuldzuweisung für den Tod ihres Sohnes auf, und von da an konnte sie Hi nicht ausstehen.
Er war neun Jahre älter als Helen. Im Krieg hatte er einen Gasangriff und eine Verwundung am rechten Oberschenkel überlebt. Er kam hinkend zurück, unerwartet unwillig, mit seinem Vater und seinen Brüdern das Land zu bestellen. Die Familie war ratlos, was man mit ihm anfangen sollte, und sein Vater sang sarkastisch das neue Lied, das jeder Farmer kannte: »Was hält sie auf der Farm, wenn sie schon in Parrie waren?«
Obwohl er natürlich nicht in Paris gewesen war.
»Die Befriedigung hätte ich denen nicht gegönnt«, sagte er, als wäre seine Weigerung, die Lichterstadt zu besuchen, eine Bestrafung der Franzosen, die er scherzhaft und beleidigend als »Froschfresser« bezeichnete. Das Leben war für Hi von da an ein kostbares Geschenk, das man nicht vergeuden durfte, hatten doch so viele andere aus Gründen, die ihm nach wie vor unerfindlich waren, im französischem Dreck ihr Leben gelassen. Er wusste, dass er sich von seiner Familie befreien musste, von Tabletop mit seinen unerbittlichen Maisfeldern und dem wabernden Horizont. Er suchte eine Grenze, obwohl ihm schwante, dass alle Grenzen zu Lebzeiten seines Großvaters verschwunden waren. Ohne es zu wissen, suchte er nach einer Bestimmung, die sein verschonter Körper erfüllen konnte. Helen, neunzehn Jahre alt und mit langen holzbraunen Haaren, war wie eine Insel in den Augen eines Schiffbrüchigen. Sie würden ihre eigene Grenze finden.
Hi vertraute darauf, dass die Preise für Mais und Weizen hoch bleiben würden, und als der Mais auf zweiundvierzig Cent und der Weizen von drei Dollar fünfzig auf einen Dollar fiel, war er ratlos.
»Ich kann einfach nicht verstehen, wie es dazu kommen konnte«, sagte er, denn er hatte monatelang zu viel zu tun gehabt, um The Great Divide zu lesen. Jetzt machte Helen ihn auf einen Artikel aufmerksam, in dem erklärt wurde, dass der Kriegsbedarf beendet war und dass viele Farmer im Vertrauen auf anhaltende hohe Preise zu viel angepflanzt hatten.
»Das ergibt keinen Sinn«, sagte er. »Die Leute auf der Welt sind doch nicht weniger geworden. Die müssen doch essen.«
Selbst wenn die Preise nicht gesunken wären, mussten sie sich eingestehen, dass weder Weizen noch Mais den erwünschten Ertrag gebracht hatten. Nur die Kartoffeln waren gediehen, aber Kartoffeln waren nicht viel wert; Kartoffeln konnte jeder anbauen. Im November 1921 fuhr Hi nach Iowa, um seinen Vater aufzusuchen, nicht aus Familiensinn, sondern um das Brennen von Kartoffelschnaps zu lernen.
In Iowa mussten sie selbstverständlich Helens Familie besuchen. Sie verbrachten kaum eine halbe Stunde in dem trübseligen Haus, bevor sie die Flucht ergriffen.
»Aha, schon wieder schwanger«, sagte Helens Mutter kühl und sagte dann nichts mehr.
»Wie kann man nur so leben«, jammerte Helen auf der Rückfahrt. William hatte wieder mit dem Eiersammeln angefangen, diesmal nicht, um die Eier
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