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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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nennen. Joe ist ein guter Name für einen Jungen.«
    »Ja. Oder Jim oder Frank.« Das war wohlbekanntes Terrain. Sie wusste, wie sehr ihn umständliche Namen irritierten, denn die drei Alcorn-Brüder Hiawatha, Hamilcar und Seneca hatten unter ihren Namen gelitten, und am Ende ihres jeweiligen ersten Schultags waren die Namen zu Hi, Ham und Sen abgekürzt gewesen. Ab und zu frotzelte Helen ihn deswegen, und jetzt psalmodierte sie mit tiefer Stimme (wie sie sich einen indianischen Barden vorstellte):
    An des Gitchee-Gumee Ufern,
An des Großen Sees Gestade
Stand der Wigwam der Nokomis
Heim des jungen Hiawatha …
    »Das ist nicht richtig«, sagte er mit belegter Stimme, denn er konnte es nicht leiden, wenn man sich über ihn lustig machte, ergriff einen Zinnbecher, der mit einem Lederband an der Zedernholzumfassung der Quelle befestigt war, tauchte ihn ein und reichte ihr den tropfenden Becher.
    »Du warst sehr fleißig«, sagte sie, um ihn zu besänftigen.
    »Das kannst du laut sagen.«
    Sie trank das eiskalte Wasser, das rein und süß und ganz leicht nach Zedernholz schmeckte, und dachte sich: Das ist unser Wasser, mein Wasser, denn ihr Vater hatte ihr für den Grundstückskauf mit hundert Dollar unter die Arme gegriffen. Die Kriegsjahre waren eine gute Zeit für Farmer gewesen. Mais war auf zwei Dollar pro Scheffel gestiegen, und es hatte den Anschein, als würden die Weizenpreise noch weiter steigen. Das Geld war ihnen zupassgekommen; Mr. Bewley sagte, jede Familie, die ein eigenes Grundstück besiedelte, sollte von Rechts wegen zweitausend Dollar, sechs Kühe und drei Pferde haben. Unterwegs zu dem Picknick, wo die Siedler, die es zu etwas gebracht hatten, ihre Kürbisse und ihren Mais zur Schau stellten, erklärte ihr Hi, die Great-Divide-Kolonie sei nichts für Arme, sondern eher etwas für Leute, die ein bisschen was gespart hatten und wieder auf dem Land leben wollten.
    Später sagte er in dem Gedränge: »All diese Leute«, wobei er mit dem Arm auf die Menge deutete, die dem Schönheitswettbewerb zusah, »haben ein bisschen Geld, und deshalb ist die Kolonie eine todsichere Sache.« Helen und Hi hatten nur sechshundert Dollar und eine Kuh, aber Hi war guter Dinge, dass sie in fünf Jahren genug verdienen würden. Er hatte drei Pferde gekauft, halbwilde Pferde frisch aus der Red Desert im Nordwesten, die nicht teuer gewesen waren.
    »Die kriegen wir im Handumdrehen gezähmt«, sagte er. Doch mit Pferden konnte er nicht umgehen, und nach ein paar Monaten verkaufte er sie und nahm das Geld, um eine Anzahlung auf einen Traktor zu leisten. Er wollte Mais und Weizen anpflanzen.
    »Den Traktor zahle ich mit dem ab, was wir an unserem Getreide verdienen«, sagte er.
    Nun stand er in Hemdsärmeln im eisigen Herbstwind und sagte: »Da drüben auf der Ostseite sind schon einige Häuser gebaut worden. Wenn es nicht zu schneien angefangen hätte, könnten wir hinlaufen, und du würdest es selbst sehen.« Er sah zu den Wolkenstrudeln hoch, aus denen vereinzelte Flocken heruntertrudelten. Sie erschauerte und schwieg.
    »Wir machen lieber, dass wir nach Craig und ins Warme zurückkommen. Dann hopsen wir ins Bett und machen es uns gemütlich.« Er hob und senkte die Augenbrauen, um ein unzüchtiges Angebot anzudeuten. Helen fand diese Augenbrauenpantomime frech und witzig.
     
    Sie kamen beide aus Tabletop in Iowa. His Vater war ein eigensinniger Farmer, und Helens Eltern Rolfe und Netitia Short besaßen eine kleine Milchfarm. Helen war das mittlere von neun Kindern. Ihre Brüder waren ebenfalls Milchfarmer, und Helen hatte nicht zuletzt deshalb geheiratet, um nichts mehr mit Kühen zu tun zu haben, denn die Milchkühe und die Arbeit, die sie machten, waren ihr auf die Nerven gegangen. Und sie hatte geheiratet, um die Vogeleier nicht mehr sehen zu müssen, um die sich zu Hause alles drehte. Jede Oberfläche des Haushalts bedeckten ausgeblasene Vogeleier, die Rolfe Short und seine Söhne sammelten. Sie unternahmen lange Fahrten zu entfernten Orten, um Eier zu sammeln. Die Kletterausrüstung ihres Vaters hing an Haken in der Molkerei, und selbst dort rollten die Eier von Wildvögeln zwischen Staub und Federn hin und her, wenn man die Tür aufmachte. Drei ihrer Brüder sammelten ebenfalls Eier, und beim Abendessen waren die einzigen Themen das Erklimmen von Bäumen und gefährliche Ausflüge auf Klippen, wo man der begehrten Beute habhaft zu werden hoffte.
    Die Fahrt zurück nach Craig war schrecklich, denn der Sturm brach

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