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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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begänne das Tipi des Schamanen zu beben und verlöre seinen festen Umriss und würde so durchsichtig wie frisches Eis, so dass er alles im Inneren des Tipis sehen konnte. Er sah das heiligste und kostbarste Gut des Stammes, eine tiefe Steinschale, die in ferner Vergangenheit in dessen Besitz gelangt war. Die Schale war von weicher, schimmernder, grauer Farbe, mit hellen und dunklen Streifen geädert, und es wurde behauptet, sie fühle sich fettig an, wenn man sie berührte. Nach einer erfolgreichen Bisonjagd rieb man sie mit Fett ein, was den Stein noch dunkler machte. Die Schale verlieh Macht. Sie verlangte nach Blut. Sie brauchte Fett. Sie war sehr schwer, und selbst wenn sie leer war, mussten zwei Männer sie anheben. Weil sie eine spirituelle Kostbarkeit war und weil sie Macht verlieh, wurde sie mitsamt spirituellen Kräutern in weiße Tierfelle verpackt und von Hunden auf einer Trage geschleppt, wenn der Stamm weiterzog. Kleines Murmeltier spürte, wie die graue Kraft der Schale die Bisons herlockte, denn es dürstete sie nach dem Blut, das bis an ihren kalten Rand schäumen würde.
    Die jungen Männer und der Knabe berichteten den Jägern, dass die Bisons sich langsam dem Abhang näherten. Es war eine stattliche Herde. Alle drei streckten sechsmal ihre Finger aus, um die Anzahl zu verdeutlichen. Die Flöte zog die Tiere an. Sie konnten nicht anders. Sie kamen. Am Morgen würden sie den Abhang hinaufwandern.
     
    Nun verdichtete sich die Zeit und nahm Form und Farbe der Bisons an. Nichts anderes war mehr von Bedeutung. Die Frauen begutachteten ihre Tipis und schätzten, wie viele neue Häute sie benötigen würden. Die wartenden Männer schlugen aus dem abgekühlten Feuerstein lange, schmale Keile. Einer holte ein schönes Stück Obsidian hervor, das aus dem Nordwesten stammte; der glänzende schwarze Stein schmiegte sich in seine Hand wie ein Kind an seinen Vater. Sie schliffen und reparierten Wurfspeere und schlugen neue Schneiden in Messer und Schaber zum Häuten. Die jungen Männer, die vor Erregung kaum an sich halten konnten, wollten ihren Platz an den Treibjagdlinien einnehmen, bevor es dunkel wurde. Die Jäger sagten ihnen, am Morgen wäre dafür noch Zeit genug, denn die Bisons würden am Fuß des leichten Anstiegs erst ankommen, wenn die Sonne schon hoch stand. Geduld war bei einer solchen Jagd ausschlaggebend. Dennoch lagen nicht wenige die ganze Nacht wach und fieberten dem Morgen entgegen. Bevor die Jäger die Klippe erstiegen, trugen sie im Gefolge des Schamanen die zauberkräftige Steinschale zu der Stelle, wo die Bisons hinunterstürzen und geschlachtet werden würden. Sie stellten sie behutsam auf einen großen, flachen Felsblock, der mit einer Adlerfeder bezeichnet war.
    Als sie oben an der Klippe ankamen, sahen sie die Herde nahe dem Fuß des Abhangs. Am Vorabend waren die Bisons zum Fluss gewandert und hatten große Mengen Wasser getrunken, und nun erholten sie sich langsam von der Trägheit, die das viele Wasser in ihrem Bauch bewirkt hatte. Der Wind blies aus Nordwesten. Der Schamane ging zu dem Steinhügel am westlichen Klippenrand und begann, die Herde mit seiner Flöte zu locken. Männer und Knaben nahmen ihre Plätze an den Treibjagdlinien ein: in den Sanddünen, hinter von wühlenden Tieren aufgeworfenen Erdhaufen, in der Senke mit den Lilien. Die Sonne schob sich schwerfällig über den heißen Himmel, und die Bisons zogen langsam den Abhang hinauf. Sie kamen an den Sanddünen vorbei, und der Geruch der dort verborgenen Jäger drang leise und schwach genug zu ihnen, um einigeTiere ganz leicht nervös zu machen. Mehrere Bullen richteten den Kopf auf, als wollten sie den Geruch besser erschnüffeln, doch die Herde bewegte sich weiter grasend den Hügel hinauf.
    Als sie die Sanddünen passiert und eine kritische Entfernung zum Rand der Klippe erreicht hatten, sprangen die Männer und Knaben hinter den Treibjagdlinien auf und liefen schreiend und mit Fellen wedelnd auf die Tiere zu. Die erschreckte Herde wandte sich nach Westen, wo zwanzig Männer unter lautem Geschrei auftauchten. Die vordersten Tiere rannten los, und bald rannten alle. Die Treiber schrien und fuchtelten, und die Herde drängte sich immer enger zusammen und rannte immer schneller, bis alle Tiere rempelnd und drängelnd mit stieren, blicklosen Augen den Abhang hinaufgaloppierten und sich in einen einzigen riesigen Organismus mit Hunderten Beinen verwandelten.
    Kurz vor dem Gipfel sprang eine Gruppe Jäger aus der Senke,

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