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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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Hacker, die im ewigen Feuer schmorten, angewiesen, E-Mails von Fremden in der Oberwelt zu besorgen. In den letzten Jahrhunderten hatte er sich hauptsächlich gelangweilt, und seit er einem jungen schottischen Erfinder gewisse Beobachtungen zum Thema Dampfkessel eingegeben hatte, war ihm nicht viel anderes übrig geblieben, als zu warten. Die Erfindung des Erfinders hatte eine Spezies von selbstsüchtigen, gerissenen Geschöpfen mit unzulänglicher Selbstbeherrschung, die sich zum Jagen, Sammeln und vereinzelt zum Ackerbau eignete, mit einem Schlag zu einer blindwütig technikgläubigen Zivilisation hochgepeitscht, die außer Rand und Band geraten war und sich anschickte, eigenhändig den Weltuntergang herbeizuführen.
    »Noch ein paar hundert Jahre, und sie sind alle hier unten bei mir«, murmelte der Teufel. Und während er auf die Ernte wartete, die im Begriff war, sich selbst einzubringen, vertrieb er sich die Zeit damit, diese Menschen zu manipulieren. Er war ganz versessen auf Mode und versäumte fast keine Modenschau. Ihm verdankte die Welt ebenso den Lendenschurz der Algonquin-Indianer, in dem man sich tatsächlich den Arsch abfrieren konnte, wie den topplastigen gehörnten Wikingerhelm, das eingeweidezerquetschende Walbeinkorsett oder - in neuester Zeit - durchsichtige Herrenhosen aus Nylongaze. Manolo Blahnik brachte er wärmste Gefühle entgegen, und er hatte bereits eine Suite für ihn vorbereiten lassen, die mit Tigerfellvorlegern, silbernen Armaturen, Federbetten aus Alkdaunen und Bleiglaskristallkaraffen ausgestattet war. Die Fußbodenheizung dieser Luxussuite war auf sechzig Grad Celsius eingestellt, und die einzigen Schuhe in der geräumigen Kleiderkammer waren Kopien der Werke des Meisters in Herrengröße. Wenn alles glatt verlief, würde er ihn zum Dämon ausbilden lassen.
    Einer der vergnüglicheren Zeitvertreibe des Teufels bestand darin, dass er anderer Leute E-Mails las und beantwortete, um spaßiges Durcheinander und Chaos zu säen. Für ihre Bemühungen wurden die Hacker mit ein wenig Urlaub von ihrem jeweiligen Grillrost belohnt, und der Teufel genoss das Gefühl, wichtige Verhandlungen zu führen.
    »Jawohl, Sir. Welche Kategorie - normaler Briefwechsel, Weltbankbotschaften oder Regierungskorrespondenz? Und falls Letzere, von welcher Regierung?«
    Der Teufel wählte die in Frage kommende Kategorie, indem er eines seiner vielen ungekürzten Nachschlagewerke aufs Geratewohl öffnete und mit geschlossenen Augen den Finger auf eine Stelle legte. Er hatte das Wort Ornithologe gewählt.
    »Ausgezeichnet! Besorg mir E-Mails von Ornithologen in Island - und in Amerika.«
    »Kanada auch?«
    »Von Kanada will ich heute nichts hören. Auf die sogenannte kanadische Höflichkeit habe ich heute absolut keinen Bock. Besorg mir was aus dem Westen der USA.« Der Teufel fühlte sich als ausgemachter Westerner, seit ihm aufgefallen war, wie eitle Cowboys ihre Füße in winzige Stiefel mit hohen Absätzen zwängen. Das war eine Mode, die dem Pferdefüßigen sehr zupasskam, und er besaß eine erstklassige Sammlung von Cowboystiefeln, die mit Mistgabeln verziert waren, mit Flammen, die vom Rist emporschlugen, und die seine zahlreichen Schnürsenkelkrawatten höchst vorteilhaft ergänzten. (Lesern mit Restzweifeln an der Westerner-Identität des Teufels sei empfohlen, einen Blick auf die Landkarte zu werfen: In Montana finden sie des Teufels Korkenzieher, in Idaho des Teufels Bettstatt, in Colorado des Teufels Ohrensessel - sein Lieblingsplätzchen - und in Kalifornien des Teufels Küche, was sonst; seine Badewanne, die mit heißem, kratzigem Sand gefüllt ist, befindet sich in Arizona.)
    Dass der Teufel ein ausgemachter Kleiderfex war, ließ sich nicht leugnen. Nach dem Höllensturz hatte er, der einst der schönste aller Engel war, sich bis zur Unkenntlichkeit verändert. Sein rosiger Teint war zu ledriger grauer Haifischhaut degeneriert, die in permanentem Wechsel bald dichter gelber Behaarung wich, bald Schuppen und Klauen, einem dicken roten Fell oder einer mattblauen Epidermis voller Geschwüre und Karbunkel. Er war eitel genug, sich hin und wieder sterblichen Malern zu zeigen, und es erfreute ihn, dass an den Wänden der Welt Kunstwerke hingen, die ihn mit Hirschgeweih zeigten, mit Antilopenhörnern, mit Stoßzähnen, mit krallenbewehrten Klauen, mit Medusenhaar und dünnem Flaum, mit sabbernden roten Lippen und mit den Augen eines Ziegenbocks. In seiner Kleiderkammer hingen enge seidene Häute in jeder

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