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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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den Lilien anschloss, bis zu der Stelle, wo die Treibjagdlinie sich zu einem Haken krümmte, damit die Herde ein enger Pulk blieb. Sobald die Tiere den Abhang zur Steilkante hinaufwanderten, würden die Treiber an den Seiten aus Bodenvertiefungen aufspringen und hinter Beifußsträuchern hervorkommen, um die Bisons in Panik zu versetzen.Wenn die Herde sich dann in die Senke flüchten wollte, würden die Knaben und jungen Männer, die sich dort versteckt hatten, laut schreiend aufspringen und sie unwiderruflich auf die Klippe zutreiben. Dieser Todeslauf mit den Bisons war gefährlich und schön zugleich. So war es in jener früheren Zeit gewesen. So würde es nun wieder sein. Dafür waren sie geboren.
    Einige der Männer gingen zu der Feuersteinader entlang einem Grat hinter den Sanddünen, um die begehrten Klumpen in ihrer weißen Kalkrinde aus dem Boden zu kratzen. So viele wie möglich würden sie zu ihrem Lager mitnehmen, im Boden vergraben und darüber ein Feuer entzünden, dessen langsame, stetige Hitze den Feuerstein glatt und leicht zu bearbeiten machte. Den abgekühlten Feuerstein konnte man dann in geeignete Stücke schlagen, aus denen sich Kratzhilfen, Wurfgeschosse und Messerklingen machen ließen.
    Der Jäger, der zur Zeit der letzten Jagd ein Knabe gewesen war, sprach, wie er es schon oft getan hatte, von den Sanddünen vor dem hohen Abhang, wo die Treiber mit dem Wind arbeiten mussten, sich nicht sehen lassen durften, aber durch Einsatz des fremden menschlichen Geruchs die Tiere mit ihrem feinen Geruchsinn zwischen die Treibjagdlinien scheuchen mussten. Diese Reden hatten die anderen schon oft gehört, und sie hatten die Jagdgründe gesehen in jedem fruchtlosen Jahr, in dem kein Bison kam oder nur eine Herde, die so klein war, dass man sie nicht treiben konnte. Wieder erzählte ihnen der Jäger, wie die Treibjäger, die sich hinter Beifußsträuchern, Dachsbauen und Präriehundhügeln verborgen hatten, im entscheidenden Augenblick aufsprangen und sich den Bisons zeigten. Der Schrecken machte die Tiere besinnungslos, und sie stürmten blindlings vorwärts, wirbelten mit den Hufen Steine und Klumpen von langblättrigem Riedgras auf, dessen dunkle Wurzeln wie das wirre Haar eines Ertrunkenen aussahen, zertraten Schlangen und Heuschrecken, und wenn eines von ihnen strauchelte, trampelten die anderen über das Tier hinweg, das sich vergebens aufzurichten versuchte. Sie waren keine Bisons mehr, sondern Fleisch. So hatte es sich vor vielen Jahren abgespielt.
    Wieder fragten die Jäger einander:Wie viele? Es war wichtig zu wissen, wie viele.
    Zwei junge Männer sagten, sie wollten die Herde suchen, ihre Größe herausfinden, die Richtung, in die sie wanderte, und wie schnell sie wanderte. Ein Knabe, nur zehn Sommer alt, bat, mitgehen zu dürfen. Als Kleinkind waren ihm die Ohren abgefroren, und mit den zurückgebliebenen Stummeln sah er aus wie ein kleines Tier; er hieß Kleines Murmeltier. In geschwindemTrabeschritt liefen sie nach Osten zu den Bergen nördlich des Passes. War die Herde groß genug, dass man sie jagen konnte? Kleine Herden gerieten nicht in Massenpanik. Und die Häute der Tipis waren alt.
     
    Spät am Tag kehrten die jungen Männer zurück. Sie hatten einen weiten Bogen beschrieben und kamen aus nördlicher Richtung, wo die Klippe niedrig war, so dass man bequem zu der Furt des Flusses und dem Lager auf der anderen Seite gelangte. Bevor sie sich an den Abstieg machten, standen sie oben und blickten zu dem Lager hinunter, auf dem das erstickende Gewicht des Lichts lastete, das auf die dünne Erdkruste einhämmerte. Es war, als zerrte das Licht an den Tipis und lockerte sie, bis sie zu den bebenden Himmelsteilchen emporstiegen. Die strahlende Helligkeit bot unbarmherzig klare Sicht. In wenigen Wochen würde der Rauch der herbstlichen Steppenbrände die Berge verhüllen und verwischen, der Wind wäre voller Asche und Staub, doch noch war die stille Luft so klar wie ungetrübtes Wasser, und alles war so deutlich zu erkennen wie Kiesel am Grund einer Quelle. Sie hörten einen schwachen Ton, der aufstieg und zitterte wie ein Falke, der über seiner Beute schwebt. Der alte Schamane hatte gegessen und geschlafen und genug Kraft gesammelt, um seine Flöte zu blasen, den Ton, der jetzt schon die Bisons unausweichlich herbeirief.
    Der stumpfohrige Knabe blickte zum Lager hinunter, und er konnte die glänzenden Haare erkennen, die wie Fransen die Ohren eines jungen Hundes säumten. Und dann war ihm, als

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