Hier hat s mir schon immer gefallen
ineinander, als sie sich weiter voranmühten.
Sie stiegen den alten Holzweg hinauf, doch keine zwanzig Minuten später blockierten unüberwindliche Schneemassen die Route. Am Ostabhang des Berges konnten sie die Spur der Lawine sehen, sackförmig wie die Eingeweide eines Stücks Rotwild.
»Nichts zu machen«, sagte Marc. »Weiter kommen wir nicht. Hinter der Brücke ist sowieso Ende.« Sie fuhren nach Hause, denn Marc sagte, es sei damit zu rechnen, dass die Bergrettung sie zu Hilfe rufen werde.
Die halbe Nacht hindurch beutelte heftiger Wind den Wohnwagen, und das elektrische Licht flackerte. Am Morgen war der Himmel von milchigem Blau. Marc blickte mit zusammengekniffenen Augen hoch und seufzte. Sie warteten ab. Gegen elf Uhr verdichtete sich die Wolkenhaut. Die zweite Hälfte des Sturms stürzte auf sie ein wie ein herabfallender Felsblock. Marcs Handy klingelte aberwitzigerweise mit dem Ruf eines Wiesenstärlings.
»Ja. Schon unterwegs«, sagte er. Die Bergrettung brauchte sie. Er sagte zu Catlin, sie solle nicht vergessen, ihr Verschüttetensuchgerät einzustecken.
»Damit sie uns nicht auch noch suchen müssen.« Unterwegs sagte er, Ed Glide habe erzählt, dass der Sturm die Leute zu Hunderten ins Freie gelockt habe, und warum? Weil der Winter so trocken gewesen war.
Catlin wusste, warum. Es war mehr als nur der trockene Winter. Das Skifahren im Sturm hatte für gewisse Leute einen ganz besonderen Reiz - Leute, die nachts gefährliche Felsen erkletterten, die in Flüssen voller Eisblöcke Kajak fuhren, für die Wind und Hagelschauer unwiderstehlich waren.
Am Anfang des Wanderwegs liefen aufgeregte Leute im Schneetreiben hin und her, lärmendeTeenager mit Snowboards und riesigen Rucksäcken, Eltern, die ihre Kinder anschrien, Skifahrer, die zwischen den Bäumen hindurchfuhren, und alle verschwanden in dem unerbittlichen Weiß.
Marcs Freund Ed Glide, dessen Bart so struppig war wie die Füllung uralter Stuhlpolster und dessen dunkle Nasenlöcher aussahen wie die offenen Türen einer Doppelgarage, stand vor der Tafel mit der Wanderwegkarte und benutzte einen Skistock als Zeigestock. Die Retter hörten ihm aufmerksam zu und stampften, um warme Füße zu behalten. Ed erzählte von dem Motorschlittenfahrer, der sich verirrt hatte und den sie in der Morgendämmerung nackt unter einem Baum kauernd gefunden und gerettet hatten.
»In den Bergen liegt verdammt viel Schnee«, sagte er. »Und auf dem Miner’s Trail sind sechs dämliche Kinder unterwegs. Mit Schneeschuhen. Heute Morgen unter den Fittichen eines Papas losmarschiert, um am Horse Lake ein Lagerfeuer zu machen. Wahrscheinlich unter dem großen Felsvorsprung da oben. Aber ich frage mich, ob einer von denen genug Verstand hat, rechtzeitig -« Bevor er den Satz beenden konnte, hörten alle das laute Rumpeln aus südwestlicher Richtung. Trotz des leichten Schneefalls konnte man eine große Wolke aufsteigen sehen.
»Mist!«, rief Ed. »Das war’s. Los, Leute! Los!«
Nach einer Meile begegneten sie zwei Jungen auf Schneeschuhen, die stolperten und immer wieder stürzten, die roten Gesichter mit Schnee und gefrorenen Tränen verschmiert. Die keuchenden Jungen sagten, ihre Gruppe hätte den Horse Lake fast erreicht gehabt, als Mr. Shelman sagte, der Schnee sei zu tief für ein Lagerfeuer, und sie kehrtmachten. Als sie die Talsohle fast überquert hatten, war die Lawine über sie hereingebrochen. Die anderen lagen darunter.
Der Rettungstrupp suchte den Rest des Tages nach Überlebenden, grub und schaufelte. Weder einer der Jungen noch Mr. Shelman hatte einVerschüttetensuchgerät bei sich gehabt. Verzweifelte Eltern stapften, immer wieder bis zur Taille im Schnee versinkend, zur Unglücksstelle; manche brachten den Familienhund mit. Ein Fausthandschuh wurde gefunden. Es dauerte zwei Tage, die Leichen auszugraben, und ewig, mit dem Schmerz und dem Verlust fertig zu werden.
»Lagerfeuer! So ein Reinfall«, sagte Marc. »Arme kleine Kerle.« Er meinte die zwei Überlebenden, denen nie verziehen werden würde, dass sie am Leben geblieben waren.
Am glücklichsten waren sie immer, wenn sie die Reste der schwindenden Wildnis erkundeten, und sie liebten es, neue Gegenden zu entdecken. Manchmal war Catlin zumute, als sähen sie das Ende der alten Welt. Sie wusste, dass Marc genauso empfand. Ihre Harmonie war so ungetrübt, dass sie noch nie einenWortwechsel gehabt hatten, bis es zu dem Streit um den Salat kam.
Sie wollten am nächsten Tag zu einer zehntägigen
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