Hier hat s mir schon immer gefallen
abstoßenden Gewohnheiten, zu früheren Affären, Lug und Trug, dem scheußlichen Vollwertleinsamen, den sie am liebsten aß, zu seiner Vorliebe für stinkenden Käse und Brot, das man selber backen musste, weil man es nirgends kaufen konnte, und dann kamen wieder die unseligen Nagelschuhe aufs Tapet. Es war weniger ein Streit als ein Zeugnis, das erbittert abgelegt wurde, so wie in der letzten Nacht des Karnevals in manchen ländlichen Städten in Galicien ein Mann das testamento vorträgt, den gereimten, unbarmherzigen Sündenkatalog des Dorfs aus dem vergangenen Jahr, und den einzelnen Sünden die Körperteile eines Esels zuteilt. Marc hatte ihr davon erzählt, und nun gratulierte er ihr dazu, dass der furzende Hintern des Esels ihrem Geschrei am ehesten entspreche.
Unzählige Verletzungen und Kränkungen, die sie für sich behalten hatten, wurden nun von den Vulkanen ihrer beleidigten und erzürnten Egos ausgespien. Marc warf die Salatschüssel auf den Fußboden, so dass die Zwiebelscheiben auf ihren breiten Rändern davonrollten. Catlin warf sein Hemd in den Salat. Sie schüttete Olivenöl über das Hemd und sagte, wenn er so ein Olivenölfan sei, bitte sehr, das könne er haben. Sie lief zum Herd, ergriff die Bratpfanne und schleuderte die Bananen-Chili-Mischung in das Spülbecken. Als Marc ihr Einhalt gebieten wollte, verpasste sie ihm einen dröhnenden Schlag an den Kopf. Sie schrie Beschimpfungen, doch er war plötzlich sehr ruhig. Sein Gesichtsausdruck war eigenartig und vertraut; Zorn und - ja, tatsächlich, Freude.
Dann kam er wieder zu sich und setzte die Tirade fort, als wollte er sie noch mehr reizen. »Du amerikanische dumme Kuh!«, sagte er fast beiläufig, doch seine Stimme wurde mit jedem Wort schneidender. »Du und diese engstirnige Gegend mit lauter weißen, klotzköpfigen, rechtslastigen Republikanern. Hier gibt es keine Vielfalt, hier gibt es kein anständiges Essen, hier gibt es keine Gespräche, keine Ideen, hier gibt es nichts als die Landschaft. Und die Alpen sind landschaftlich interessanter als die Rockies.« Er verschränkte die Arme und schwieg herausfordernd.
»Ich bin froh, dass ich endlich weiß, was du wirklich denkst. Warum haust du nicht ab? Geh und vögel die alte Julia mit ihren dicken Beinen!« Ihre Stimme kippte in ein diabolisches Kreischen über. Doch noch während sie schrie, schämte sie sich für den theatralischen Schwulst der Szene, die sie ihm machte. Und er fragte sich, woher sie etwas von Julia wissen konnte. Er hatte sie nie erwähnt. Julia war seine Mutter.
Er presste die Lippen aufeinander und ging steifbeinig hin und her, während er mit unbewegter Miene seine Kleidung, seine Bücher, die geschmähten Nagelstiefel, sein GPS-Navigationsgerät, seine Kletterausrüstung, seine Skier und seine Sammlung afrikanischer Masken einpackte. Er sagte nichts, während sie weiter bissige Bemerkungen machte. Als er die Küche durchquerte, rutschte er in dem Olivenöl aus und wäre beinahe hingefallen. Die Demütigung stachelte seinen Zorn an. Catlin sah, dass der Verband an seiner linken Hand mit Eiter und Blut befleckt war. Vor einigen Tagen hatte er von einem schimmernden Stück Obsidian, das Ed Glide ihm geschenkt hatte, Späne zu schlagen versucht, und dabei war ihm ein Splitter tief in die Hand gedrungen. Die Wunde war sicher entzündet, dachte Catlin schadenfroh.
Als Letztes riss er ihr Poster von Big Train Johnson von der Wand, das Retabel ihres Schreins für den Baseball in Idaho, auf dem der Werfer zu sehen war, nachdem er gerade den Ball geworfen hatte, die Finger der rechten Hand gekrümmt und mit einem Ausdruck leiser Neugier auf seinem grobschlächtigen Gesicht. Marc starrte sie finster an. Für ihre Begriffe sah es aus, als halte er ihr sein Gesicht hin, um noch einmal geschlagen zu werden. Sie rührte sich nicht, und er machte abrupt kehrt und ging.
Aus dem Fenster sah sie ihn in seinen Wagen steigen und wegfahren. Nach Süden. Nach Denver, wo es, wie er gesagt hatte, mehr als eine Hautfarbe gab, alle möglichen Kulturen und einen internationalen Flughafen.
Sie kehrte den Salat mit seinem ölbeschmierten Hemd auf, steckte alles in einen Abfallbeutel. Langsam beruhigte sie sich, und dann kam ihr eine großartige Idee: Sie würde den Jade Trail ohne ihn wandern. Sie brauchte ihn nicht.
Sie schlief nur ein paar Stunden, erwachte zweimal und wusste jedes Mal sofort, dass es zwischen ihnen aus war. Beim ersten Tageslicht stand sie auf, kochte ein Dutzend Eier
Weitere Kostenlose Bücher