High Heels im Hühnerstall
Dokumentationen über Leute träumte, die sich zum Spaß als Ponys verkleideten.
Sophie hätte nie gedacht, dass sie sich nach ihrem winzigen Zimmer, den zwei getrennten Betten mit den Trapunto-Decken sehnen würde, doch genau in diesem Augenblick hatte sie Heimweh nach dem Avalon, nach St Ives und dem unentwegten Geschrei der Möwen. Dieses Zimmer hatte sich wie ein Ort für einen Neustart angefühlt.
Carmen hatte ihr geraten, nicht wegzufahren.
Sophie hatte Kleider in einen Koffer geworfen und sich gleichzeitig Tränen aus den Augen gewischt, während Carmen und Cal nebeneinander auf dem freien Bett saßen.
»Ich sage ja nur«, hatte Carmen erklärt, »wenn diese Wendy so ausgekocht ist, wie du sie beschreibst, warum gehst du jetzt fort und lässt ihr das Tor sperrangelweit offen? Du solltest sie niederschlagen, die dumme Schlampe. Ich mache das für dich, wenn du willst. Man beleidigt kein Mädchen aus Chelmsford oder dessen Freundinnen und kommt damit durch, nicht, solange man Wert darauf legt, seine Zähne zu behalten. Oder besser noch, gib mir ihre Adresse, dann schicke ich ihr einen mit Rattengift versetzten Kuchen.«
»Ich kann nur sagen«, meldete sich Cal zu Wort, der gerade naserümpfend eines von Sophies neuen praktischen T-Shirts aufhob und es mit spitzen Fingern in ihren Koffer warf, »ich würde von deinen Éclairs essen, selbst wenn ich wüsste, dass es mich umbringt.«
»Danke, mein Lieber.« Cal und Carmen strahlten sich an. »Aber wie auch immer, selbst wenn du nicht willst, dass ich ihr wehtue, solltest du nicht davonlaufen, Sophie. Du solltest hierbleiben und um deinen Mann kämpfen!«
»Eigentlich ist Wendy gar nicht das Problem«, erklärte Sophie und hielt mit ein paar Slips in der Hand kurz inne, auf die Cal leicht panisch zu reagieren schien. »Es war nicht gerade ideal, dass sie und ihr unehelicher Nachwuchs aufgetaucht sind, kurz nachdem Louis mir den Heiratsantrag gemacht hat, und weder Louis noch ich können so tun, als wäre es nicht passiert. Es geht eher um Louis. Er will mich eigentlich heiraten, ich will eigentlich seine Frau werden, und trotzdem möchte er mich nicht dahaben, wenn etwas sehr Ernstes und Wichtiges in seinem Leben geschieht. Ich glaube nicht, dass er über unseren Hochzeitstag hinaus gedacht hat. Ich glaube nicht, dass er sich überlegt hat, worum es in einer Ehe wirklich geht.«
»Du etwa?«, wollte Cal wissen.
»Nein«, antwortete Sophie nachdenklich. »Eher nicht. Ich war vermutlich genauso von der Dramatik und Romantik überwältigt wie Louis und habe mich auf das märchenhafte Ende gefreut. Aber die Hochzeit ist nicht das Ende, oder? Sie ist erst der Anfang, und dann muss man herausfinden, worum es in einer Ehe wirklich geht«
»Ich kann dir sagen, worum es in einer Ehe wirklich geht«, stellte Carmen fest. »Genau genommen bin ich noch immer verheiratet, und ich kann dir Folgendes sagen: In der Ehe geht es um Kompromisse. Es geht darum, seine Wahl zu akzeptieren und die Konsequenzen zu tragen. Darum, jeden Tag aufzuwachen und sich zu entschließen, sein Bestes zu geben, auch wenn man nicht wirklich mit dem Herzen dabei ist. Darum geht es in der Ehe, und das ist der Hauptgrund, wieso ich meinen Mann für einen Jüngeren verlassen habe. Deswegen und weil er im Bett schrecklich war.«
»Jetzt mach aber mal halblang!«, sagte Sophie und knallte ihren Koffer zu. »Noch vor wenigen Wochen konntest du es kaum erwarten, dass Louis und ich heiraten. Du hast mich praktisch vor den Altar gezerrt!«
»Ich weiß«, antwortete Carmen. »Und zwar weil ihr beide nicht ausgesehen habt, als würdet ihr euch mit dem Zweitbesten begnügen. Ihr habt nicht ausgesehen, als würdet ihr heiraten, weil ihr ein Gesprächsthema gebraucht habt. Ihr habt ausgesehen – ihr seht aus –, als würdet ihr euch lieben.«
»Lieben«, seufzte Sophie, während sie versuchte, noch ein fast neues Paar Schuhe in ihren Koffer zu stopfen, weil sie wusste, dass Sportschuhe und Stiefel in der Hauptstadt nicht schick genug waren. »Was zum Teufel ist Liebe überhaupt? Was bedeutet sie? Und das mit dem Heiraten meinst du nicht ernst. Du würdest James heiraten, nicht wahr?«
Carmen seufzte und blickte auf die Spitzen ihrer gut geputzten Stiefel hinab.
»James will mich heiraten«, antwortete sie. »Aber das will ich nicht.«
»Wirklich?«, fragte Sophie und ließ sich mit einem Plumps auf den Koffer fallen, sodass ihre Kleider herausquollen wie spitzenbesetzte Innereien. »Warum? Weil du
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