High Heels im Hühnerstall
noch immer irgendwie mit deinem Ex verheiratet bist? James himmelt dich an!«
»Ja.« Carmen nickte. »Ja, das tut er, er liebt und vergöttert mich, und ich bin seine Freundin, sein Schatz, die Frau, die er liebt. Und ich liebe ihn …« Carmens Lächeln wirkte wehmütig. »Ich war nie glücklicher, als seit ich mit ihm hierher gezogen bin. All die Jahre davor, all diese schalen grauen Ehejahre kommen mir wie ein Traum vor, ein Leben, das irgendein anderer armer Mensch geführt hat. Erst hier und jetzt bin ich wirklich aufgewacht und lebe mein Leben.«
»Und warum entledigst du dich nicht deines Mannes und heiratest deinen Lustknaben?«, wollte Cal wissen.
Carmen zuckte mit den Achseln. »Ich bin dreizehn Jahre älter als James, ich bin noch immer verheiratet, und ich … Na ja, ich kann keine Kinder bekommen. Jedenfalls nicht ohne jede Menge Umstände und Injektionen und künstliche Befruchtung, und selbst damit sind in meinem Alter die Chancen nicht gerade rosig. Ich habe Myome. Das weiß ich seit Jahren. Es hat nie eine Rolle gespielt. Und James ist es egal, er sagt, er will nur mich und ist an Kindern nicht interessiert. Aber er ist erst vierundzwanzig. Vielleicht wird ihm irgendwann klar, dass er gern Vater würde, vielleicht lernt er ein Mädchen kennen, mit dem er Kinder bekommen kann. Ich kann ihn nicht an eine alte Schachtel binden, die vielleicht nicht in der Lage ist, ihm das zu geben, was er will. Und deshalb stelle ich mir nie vor, dass unsere Beziehung von Dauer ist, obwohl ich noch nie in meinem Leben so glücklich war. Ich halte ihn für mein Stückchen vom Glück, das ich genießen und das Beste daraus machen muss, bis es eines Tages zu Ende ist.«
»Ach, Carmen.« Sophie streckte ihren Arm über den schmalen Gang zwischen den beiden Einzelbetten aus und ergriff Carmens Hand. »Wenn James sagt, dass er dich liebt und dich heiraten will, und du ihn liebst und ihn heiraten willst, dann ist es doch einfach dumm, das Glück nicht beim Schopf zu packen. Wir sind nur einmal auf dieser Erde; wenn wir die Gelegenheiten nicht ergreifen, was hat es dann für einen Sinn …?« Sophie verstummte, als sie ihre eigenen Worte hörte. Sie hatte eine Gelegenheit beim Schopf gepackt, eine riesige Gelegenheit, als sie nach St Ives gezogen war, um mit Louis zusammen zu sein. Und jetzt war sie sich zum ersten Mal nicht sicher, ob es auch tatsächlich funktionieren würde.
»Ich bin glücklich«, erklärte Carmen. »Ich liebe James, ich habe die Teestube aufgebaut, die wirklich gut läuft, und ich liebe diese verdammte, blöde Stadt, ob sie nun voller Touristen oder öde und leer ist. James hat mir das Gefühl vermittelt, glücklich und lebendig zu sein, und anstatt jeden Morgen mit dem Wissen aufzuwachen, dass ich mein Bestes tun muss, um den Tag hinter mich zu bringen, wache ich auf und freue mich auf jede Sekunde, die ich mit ihm verbringe.« Sie lächelte Sophie an und drückte ihre Hand. »Und wenn du wissen willst, was ich denke: Ich denke, das ist Liebe. Bewusst mit dem einen Menschen zusammen zu sein, der dich glücklich machen kann, komme, was da wolle. Das ist Liebe.«
»Oder jemanden drei Nächte hintereinander zu beherbergen«, warf Cal ein. »Manche Menschen würden das für Liebe halten.«
»Wann hast du jemals einen Mann drei Nächte hintereinander in deiner Wohnung beherbergt?«, fragte Sophie, aber sie blickte noch immer Carmen an, die den Kopf gesenkt hatte, sodass ihr die Haare vors Gesicht fielen.
»Nie«, antwortete Cal. »Aber da ist dieser Jemand. Dieser Jemand, der mich am Freitagabend zum Essen eingeladen hat und dessen Wohnung ich erst am Montagmorgen wieder verlassen habe.«
»Ich dachte, du hättest gesagt, du hast keinen Sex?«, stellte Sophie vorwurfsvoll fest. »Dass du die Nase voll hast von Gelegenheitssex.«
»Stimmt«, antwortete Cal. »Das habe ich gesagt. Wir hatten keinen Sex. Wir haben die ganze Nacht geredet und Filme angeschaut und gegessen, getrunken und gelacht. Er hat mich wirklich sehr gemocht – vielleicht mehr, als mich je ein Mann gemocht hat, aber wollt ihr wissen, was der Hammer ist? Er mag mich nur als Freund.«
»Kannst du ihn nicht verführen, oder was ihr Schwulen auch immer macht?«, erkundigte sich Carmen.
»Wir machen es genau wie ihr älteren Frauen«, erklärte ihr Cal freundlich. »Setzen Alkohol als tödliche Waffe ein und vertrauen auf gedämpfte Beleuchtung. Aber egal, wie betrunken ich ihn gemacht habe. Er stand trotzdem nicht auf mich, und ich
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