High Heels im Hühnerstall
… Oh, Gott, ich habe mich in ihn verliebt.«
Cal schien angesichts dieser Erkenntnis genauso überrascht zu sein wie die beiden anderen.
»Du bist in ihn verliebt?«, fragte Sophie. »Wenn du sagst, dass du ihn liebst, dann meinst du, dass du unbedingt mit ihm vögeln willst und ihm solange nachjagen wirst, bis du ihn nackt vor dir hast?«
»Nein, ja, ich will unbedingt mit ihm ficken, aber ich werde ihm nicht nachrennen. Ich wünsche mir, ihm einfach nur nahe zu sein. Ich ertappe mich jeden Morgen gleich nach dem Aufwachen dabei, mir Möglichkeiten auszudenken, wie ich in seine Nähe komme. Er ist humorvoll und interessant und wirklich nett, und er riecht nach frischen Äpfeln und Sonnenschein. Und wenn er redet, hebt und senkt sich seine Nasenspitze ein ganz klein wenig …«
»Du meine Fresse, du liebst ihn ja wirklich«, stellte Sophie fest, der mit Verspätung klar wurde, dass sie sich in der Wortwahl ein klein wenig vergriffen hatte.
»Ich liebe ihn wirklich«, pflichtete Cal ihr bei und sah sie an. »Und das ist, wie du vulgäre Schnecke es wahrscheinlich ausdrücken würdest – eine absolute Premiere, verdammt.«
»Ich sehe keinen Grund, wieso er sich nicht in dich verlieben sollte«, sagte Carmen und schlang den Arm um Cals Schulter. »Du bist sehr gut angezogen und ein echter Hingucker. Ich würde mich in dich verlieben.«
»Vielen Dank, Süße. Aber er hat einen Partner. Einen Partner, der in Frankreich arbeitet und ihn jeden Abend anruft und dem er von mir erzählt hat, und mit dem ich am Telefon geredet und dem ich versprochen habe, mich um Steven zu kümmern, solange er fort ist. Die beiden sind so widerlich monogam, und Steven sieht in mir nicht das sexuelle Wesen. Ich erleide Höllenqualen, und wenn du mich fragst, Liebe ist, wenn man zum ersten Mal entdeckt, was man unbedingt in seinem Leben haben will und feststellt, dass man es nicht haben kann. Aber ich hänge trotzdem in seiner Nähe herum, weil mich das hundert Mal glücklicher macht, als wenn ich von ihm getrennt bin. Deshalb musste ich hierher fahren. Er hatte mich eingeladen, für ein Wochenende mit Grace-Kelly-Filmen zu ihm zu kommen. Ich wollte hingehen, aber ich hatte Angst, dass ich etwas tun oder sagen und mich zum Affen machen könnte und dass ihm dann klar würde, was für ein hoffnungsloser Fall ich bin.«
»Ich glaube, das ist wahrscheinlich gut«, sagte Sophie nach kurzem Überlegen. »Es ist gut, dass du verliebt bist, auch wenn es wehtut. Erinnerst du dich, was du mir gesagt hast, als ich mir nicht sicher war, ob ich hierher ziehen und Louis ausfindig machen sollte? Du hast mir gesagt, dass ich mein Leben in die Hand nehmen und die Chance beim Schopf packen muss, dass ich mutig genug sein muss, um meine Gefühle zuzulassen. Und genau das Gleiche musst du jetzt auch tun.«
»Es bringt mich um, dass mich meine eigenen weisen Worte jetzt verfolgen«, erklärte Cal traurig.
»Meinst du wirklich, dass du die ganze Strecke nach London fahren musst, um nachzudenken?«, fragte Carmen Sophie. »Bist du sicher, dass du Louis nicht einfach anrufen, später bei ihm vorbeigehen und zwischen euch beiden alles wieder ins Lot bringen kannst?«
»Nein … Ich möchte es ja, aber ich glaube einfach nicht, dass ich das kann«, antwortete Sophie.
»Dann bleib wenigstens nicht allzu lange fort«, sagte Carmen. »Ich werde ein Auge auf die Mädchen und auf diese Schlampe Wendy haben, solange du weg bist, aber bleib nicht so lange. Und was dich betrifft«, sagte sie und wuschelte Cal durch die Haare, »wo genau wohnt dieser Typ von Steven in Frankreich? Ich lasse ihm über FedEx ein Éclair mit Rattengift zukommen.«
***
Sophie seufzte und warf einen Blick auf ihre Uhr. Es war kurz nach zehn. Sie wusste, dass sie versprochen hatte, bei Louis anzurufen, aber die Mädchen waren bestimmt schon im Bett, und sie war sich nicht sicher, ob sie ihm irgendetwas Neues zu sagen hatte. Stattdessen schrieb sie ihm eine SMS: »Bin gut angekommen, ich liebe dich. Wir reden morgen. xxxx«
Sie stand auf und blickte aus ihrem Fenster über die Häuserdächer zum Himmel hinauf, der über den unzähligen Straßen Londons orangefarben leuchtete und jede Hoffnung, Sterne zu sehen, zunichtemachte. Das ist mein Zuhause, dachte Sophie und drückte ihre warme Handfläche gegen die kühle Fensterscheibe. Da draußen, gleich auf der anderen Seite der Glasscheibe, lag die Stadt, die immer geschäftig war. Die City, in der sie aufgewachsen war, die Straßen, die
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