High Heels im Hühnerstall
die Mundwinkel herunter, als sie sich auf einen Stuhl plumpsen ließ.
»Hast du koffeinfreien, Mum?« Sie gähnte, vergrub das Gesicht in den Händen und krallte die Finger ins Haar.
»Koffeinfreien?«, fragte Iris und neigte den Kopf zur Seite. »Du hast immer gesagt, koffeinfreier Kaffee wäre etwas für Versager, die bereit sind, für Wasser mit Kaffeegeschmack Geld hinzublättern. Ich dachte, du willst einen echten, nachdem du gestern schon wieder aus warst. Was habt ihr euch, du und Cal, denn angeschaut, irgendein russisches Theaterstück? Ich hätte nie gedacht, dass Cal ein Fan von russischen Theaterstücken ist.«
»Ist er auch nicht, aber er ist Fan eines Fans von russischen Stücken«, antwortete Sophie und fragte sich, warum sie sich eigentlich bereit erklärt hatte, sich stundenlang Tschechow anzuschauen, nur damit Cal Steven bei ihrem nächsten Treffen mit seinen Kenntnissen über dessen Werk beeindrucken konnte. Allerdings war es gewiss ein bisschen angenehmer gewesen, als auf dem Sofa zu sitzen und ihrer Mutter und Trevor beim Knutschen zuzusehen.
»Und ja, wir haben dich kommen hören, besten Dank.«
»Na ja, ich habe ja nicht gesungen, so laut ich kann, oder herumgetobt«, sagte Sophie und beäugte ihre Mutter gereizt durch ihren Pony hindurch. »Ich war stocknüchtern. Dieser ganze Stress hat mir das Trinken vergällt, und das ist nicht lustig, verdammt noch mal, sondern verdammt unangenehm. Ich meine, das machen wir Briten doch, wenn etwas völlig danebengeht, wir betrinken uns bis zur Bewusstlosigkeit und treffen unüberlegte Entscheidungen. Jetzt bin ich – gegen meinen Willen, wie ich hinzufügen darf – gezwungen, alles mit klarem und vernünftigem Kopf zu bedenken. Obwohl ich mir über die Sache mit der Vernunft nicht ganz sicher bin …«
»Du hast in dieser Woche keinen Alkohol und keinen Kaffee getrunken?«, fragte Iris sie nachdenklich, während sie noch immer die Kaffeekanne in der Hand hielt.
»Nein, Mum«, seufzte Sophie müde und fühlte sich geistig, wenn auch nicht körperlich, als wäre sie wieder siebzehn. »Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen, nichts davon ist ein klassisches Anzeichen für eine Essstörung. Falls überhaupt, beweist es, dass ich absolut gesund bin. Bis auf meine Sucht nach dem Nachmittagstee mit Gebäck aus Brandteig, und ganz ehrlich, das ist im Südwesten praktisch lebensnotwendig.« Sophie sah sich in der Küche um, in der sich kein Köter aufhielt, bis auf Tripod, dem dreibeinigen Spanielmischling ihrer Mutter, der bei einem Zusammenstoß mit einem Gelenkbus schwer verletzt worden war und sich jetzt ein paar glückliche Augenblicke lang fröhlich an einem unbewachten Buffet von Hundeschalen labte.
»Wo sind eigentlich die Hunde?«
»Diejenigen, bei denen man sich darauf verlassen kann, dass sie nicht die toten Rennmäuse der Nachbarschaft ausgraben, sind im Garten, und Scooby und die anderen habe ich ins Wohnzimmer gesperrt«, antwortete Iris. »Ich dachte, wir sollten uns allein unterhalten.«
»Vielleicht irre ich mich ja, aber ich glaube, wenn man sich vor geistlosen Tieren unterhält, gilt das in der Regel als allein«, stellte Sophie fest.
»Diese Hunde verstehen jedes Wort, das ich sage, und ein paar davon sind sehr sensibel. Die kleine Miss Pickles merkt zum Beispiel sofort, wenn etwas nicht stimmt, und dann fallen ihr die Haare aus. Ich möchte nicht für einen kahlen Pekinesen verantwortlich sein. Und außerdem unterhältst du dich ja auch mit deiner Katze.«
»Ja, aber Artemis ist kein geistloses Tier«, entgegnete Sophie. »Und übrigens, was ist mit Tripod?«
»Tripod ist taub.« Iris verdrehte die Augen, dann durchsuchte sie ihre Schränke, bis sie eine Packung Kräutertee fand.
»Ich habe Pfefferminztee«, informierte sie ihre Tochter, als sie über ihre Brille hinweg auf die Packung schielte. »Haltbar war er bis 2002, aber er wird dich nicht umbringen. Möchtest du einen?«
»Pfefferminztee? Genau darauf habe ich Lust«, sagte Sophie, und ihre Miene hellte sich auf. »Ich hab gar nicht gewusst, dass ich Pfefferminztee mag.«
Iris spitzte die Lippen und machte sich daran, den Wasserkessel aufzusetzen.
»Wie wäre es mit verlorenen Eiern zum Frühstück?«, bot sie ihrer Tochter an.
»Verlorene Eier? Nein danke, beim Gedanken an das Eigelb meine ich, mich gleich übergeben zu müssen. Ich nehme nur ein bisschen Toast, danke …«
Iris stellt einen dampfenden Becher Pfefferminztee vor Sophie und setzte sich ihr
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