High Heels im Hühnerstall
Schwarz-Weiß-Alltagsdrama – ich liebe gute Musicals, man sieht heute nicht mehr genug Musicals …«
» Mum. « Sophie klopfte mit den Fingerkuppen auf die Tischplatte.
»Ich war mit diesem anderen Jungen dort, Justin Parker hieß er, glaube ich, als ich deinen Dad im Foyer sah, und alle diese Gefühle, die ich für ihn empfunden hatte, waren wieder da, mein Herz klopfte wie verrückt, ich hatte Schmetterlinge im Bauch und bekam eine Gänsehaut, und ich kam mir wieder wie das dumme dürre Kind vor. Er hatte mir den Rücken zugekehrt und ein Mädchen im Arm. Ich weiß nicht, ob er meinen Blick spürte, aber er drehte sich um und sah mir direkt in die Augen, und er lächelte, und mir wurde klar, dass er wusste, wer ich war – er erinnerte sich an mich. Und in dieser Sekunde wusste ich, dass ich ihn heiraten würde. Ich wusste es in diesem Augenblick.«
»Und wie seid ihr dann zusammengekommen?«, fragte Sophie fasziniert. »Was ist dann passiert?«
»Er hat das Mädchen stehen lassen und kam herüber, sagte Hallo, als wären wir alte Freunde, und da ich nicht mehr jung und verängstigt oder schüchtern war und weil damals viele Jungs mit mir ausgehen wollten und ich wusste, dass ich nicht schlecht aussah, stellte ich auf einmal fest, dass ich endlich mit ihm reden konnte. Wir standen da und unterhielten uns und lachten über die alten Zeiten, bis das Kinofoyer sich geleert hatte – sein Mädchen war gegangen, und ich hatte meinen Begleiter weggeschickt.«
»Was für ein Skandal!«, lachte Sophie.
»Wir sind in dieses kleine Café hinter der Upper Street gegangen, das die ganze Nacht geöffnet hatte und von Taxi- und Lastwagenfahrern frequentiert wurde und von jungen Mädchen in schwarzen Poloshirts und mit zu viel Eyeliner geschminkt, was sie für cool hielten. Solche Lokale gibt es gar nicht mehr …« Iris bemerkte Sophies Miene und verdrehte zu Tripod gewandt die Augen, der trotz seiner Taubheit aufmerksam zuzuhören schien.
»Dein Dad hat mir mehrere Tassen Kaffee spendiert – Espresso, weil ich wollte, dass er mich für kultiviert hielt, deshalb war es vielleicht das Koffein, das mein Herz zum Rasen brachte, was allerdings nur dann passierte, wenn ich ihn ansah. Wir waren vielleicht eine Stunde dort, lachten und scherzten, als er plötzlich die Hand ausstreckte und meine berührte, und ich diesen Stromschlag spürte. Er war so stark, dass ich das Gefühl hatte, ich würde durch den Raum geschleudert und mit wild vom Kopf abstehenden Haaren auf dem Schoß irgendeines Taxifahrers landen! So etwas hatte ich nie zuvor erlebt. Er schaute mir in die Augen und sagte: ›Warum hast du früher nie mit mir geredet? Ich war ganz verrückt nach dir, aber du hast mich immer ignoriert. Ich bin mit allen deinen Freundinnen ausgegangen und habe versucht, deine Aufmerksamkeit zu erregen, aber du hast mich nicht ein einziges Mal angeschaut.‹ Ich lachte bloß und erzählte ihm von meiner Schwärmerei für ihn, und wir konnten es nicht fassen, wir konnten es einfach nicht fassen, dass wir beide vor so vielen Jahren diese Gefühle empfanden, es aber nie geschafft hatten, darüber zu sprechen.« Iris verstummte, und ein schwaches Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie an diesen Abend zurückdachte. »Er hatte eine kleine Wohnung an der Balls Pond Road. Ein fürchterliches Loch, kalt und ein bisschen feucht, aber er nahm mich an diesem Abend dorthin mit, und ich bin zum allerersten Mal bis zum Morgen geblieben. Meine Mutter ist ausgeflippt, das kann ich dir sagen – aber das war es wert.« Sie lächelte Sophie an. »Das war die Nacht, in der ich herausfand, dass ich Sex mochte. Vier Monate später waren wir verlobt und haben noch im selben Jahr geheiratet.«
»Das ist so romantisch«, stellte Sophie fest und spürte, dass ihr schon wieder Tränen in die Augen stiegen. »Und, wann hat sich das ein wenig gelegt?«
»Damals empfand ich für ihn genau das Gleiche wie du für Louis jetzt, obwohl du ein ganzes Stück älter bist als ich damals. Ich habe ihn angehimmelt. Ich fand nichts an ihm, was ich nicht geliebt hätte, ich habe sogar seine behaarten Schultern geliebt …«
»Und … hat sich das nach ein paar Jahren Ehe gelegt?«
»Selbstverständlich«, antwortete Iris.
»Siehst du, ich hab’s dir ja gesagt!« Sophie geriet in Panik.
»Nein, nein – gelegt ist das falsche Wort –, es hat sich verändert, weiterentwickelt. « Iris nickte und freute sich, dass ihr das Wort in den Sinn gekommen war. »Das Leben,
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