High Heels im Hühnerstall
Geld, Kinder, Arbeit, alles kann der Liebe in die Quere kommen, können sie aufs Abstellgleis schieben und dich vergessen lassen, dass man mehr ist als nur Eltern und Hausgenossen, bis die Flamme eines Tages erlischt. Wenn du dir Sorgen machst, wie du die Hypothek bezahlen kannst, oder dich das Baby die ganze Nacht wach gehalten hat, sobald du dich an die Liebe, die Leidenschaft erinnerst, die euch zusammengebracht hat, und du dir gestattest, sie zu fühlen, egal was sonst los ist – dann wächst sie und wird tiefer, sie entwickelt sich zu deiner Stärke, deiner Festung gegen alles, was das Leben dir in den Weg wirft.« Iris beugte sich über den Tisch und streichelte Sophie mit dem Handrücken über die Wange. »Darling, es kommt so selten vor, dass man einen anderen Menschen anschauen und sagen kann, er ist der Richtige für mich, und das von ganzem Herzen zu wissen. Und manchmal glaube ich, dass die Leute heutzutage mehr Angst als je zuvor haben, sich ihre wahren Gefühle einzugestehen. Ihr heiratet alle später, bekommt spät Kinder, seid alle so besorgt, davor euer Leben zu leben, und das ist verrückt, weil jemanden zu lieben, Kinder zu lieben – das ist das Leben. Alles andere ist bloß ›Kleinkram‹. Man erfährt diese tiefe, starke und wunderbare Liebe, die dein Vater und ich füreinander empfunden haben, nur dann, wenn man mutig genug ist, auf den Wellen zu reiten, die dich dahin bringen. Deine Liebe für Louis wird sich verändern und weiterentwickeln – aber wenn du im Grunde deines Herzens glaubst, dass du ihn liebst und du niemals zulässt, dass du das vergisst – dann kann sie nur stärker werden.«
»Mum«, sagte Sophie. »Das war wirklich tiefschürfend.«
»Ich weiß.« Iris nickte weise. »Siehst du, ich weiß auch so einiges; du wärst überrascht, wie viel ich weiß, wenn du dir die Mühe machen würdest, mich zu fragen.«
»Ich weiß.« Sophies Lächeln wirkte reumütig. »Und was ist mit Trevor? Hast du diese Gefühle für Trevor?«
Iris grinste, und Sophie konnte es sich nicht verkneifen, es ihr nachzumachen, als sie das Funkeln in den Augen ihrer Mutter sah.
»Er macht mich sehr glücklich.« Sie nickte. »Sexuell. Aber dein Vater war die Liebe meines Lebens. Ich trauere noch immer diesen sechs Jahren zwischen dem Alter von sechzehn und zweiundzwanzig nach, in denen wir getrennt waren, und ich danke meinem Schicksal, dass ich ihn so lange hatte und dass er mir dich geschenkt hat.«
»Du hältst mich also nicht für verrückt, wenn ich Louis an Silvester heirate, obwohl an unserer Beziehung nichts normal ist?«
»Was ist überhaupt normal?«, fragte Iris. »Vor allem heutzutage. Sophie, das Leben ist kompliziert. Ich weiß, dass du mit einer gewissen Vorstellung über den Mann, in den du dich verliebst, aufgewachsen bist, aber vielleicht bist du deshalb so lange allein geblieben. Weil du auf etwas gewartet hast, was es in Wahrheit gar nicht gibt. Das Leben ist kein Märchen, es gibt kein Sie-lebten-glücklich-bis-an-ihr-seliges-Ende. Aber wenn das Glück zu dir kommt, dann solltest du es beim Schopf packen und festhalten, egal, wie es daherkommt. Und ich halte dich nicht für verrückt, wenn du Louis zu irgendeinem Zeitpunkt heiratest. Vor allem jetzt nicht.«
»Wieso vor allem jetzt nicht?«, fragte Sophie und trank den letzten Schluck Tee.
»Vor allem jetzt nicht, wo du schwanger bist.«
Genau in dieser Sekunde meldete sich Sophies Handy lautstark und vibrierte in der Tasche ihres Morgenmantels.
Sie starrte ihre Mutter mit offenem Mund an, zog das Handy heraus und nahm den Anruf an. Es war Jake.
»Hallo, Sophie, tut mir leid, dass ich mich nicht früher gemeldet habe – Stephanie hat mich auf der Suche nach Hochzeitssachen durch die ganze Stadt geschleppt. Heute Vormittag will sie unbedingt das Möbelhaus Heal’s leer kaufen; ich habe es jetzt ihr überlassen, um irgendwelche Designertische zu feilschen – was immer das sein mag –, ich vermute, du schaffst es nicht, mit mir zu Mittag zu essen, oder?«
»Oh, doch«, antwortete Sophie, vielleicht ein bisschen zu bereitwillig, als es bei einem Gespräch mit dem Verlobten einer anderen schicklich gewesen wäre. »Gern, Jake – super. Wann und wo?«
»Wie wäre es mit einem späten Mittagessen, sagen wir um zwei? Bei Sheekey’s, kennst du das?«
»Großartig, ich sehe dich dort«, antwortete Sophie und blickte auf ihre Uhr, um im Geiste auszurechnen, wie viele Minuten ihr genau blieben, um sich von einem gealterten
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