High Heels mit acht, Diaet mit neun
Tochter in einem gesunden Verhältnis zur Realität stehen. Fragen Sie sich, wen Sie hier eigentlich wirklich beschützen: Ihre Kinder – oder tun Sie das für Ihren eigenen Seelenfrieden? Also: Egal, ob es darum geht, einen Pfannkuchen zu backen oder eine Glühbirne auszuwechseln, denken Sie zuerst immer daran, was Ihre Tochter schon alles alleine tun kann – und nicht daran, was Sie für sie tun können.
Prioritäten setzen bei der Erziehung: da sein und sich Zeit nehmen
Gehen wir noch einmal an den Anfang zurück. In dem Augenblick, in dem wir unsere neugeborene Tochter zum ersten Mal im Arm hielten, haben wir versprochen, dass wir die bestmöglichen Eltern sein würden. Wir haben uns dazu verpflichtet, die richtigen Elternratgeberzu lesen, die richtigen Dinge zu sagen und unsere ganze Zeit dafür aufzuwenden, mit diesem entzückenden kleinen Geschöpf zu spielen. Gute Voraussetzungen also für die erste Etappe beim Aufbau des Selbstwertgefühlsunserer Tochter. Wenn sie schrie und wir darauf reagierten, indem wir sie auf den Arm nahmen, dann lernte sie von uns die erste Lektion, um sich in ihrer eigenen Haut wohlzufühlen: dass sie eine wertgeschätzte Person ist, die es verdient, gehört zu werden.
Als unsere Töchter dann das Kleinkindalter erreichten, arbeiteten wir weiter hart daran, sie zu schützen und zu umsorgen. Wir waren ihnen liebevoll zugewandt, spieltenmit ihnen und befolgten die Ratschläge der Erziehungshandbücher Wort für Wort. Aber irgendwann unterwegs haben uns andere Zwänge, wie etwa die Arbeit und die Notwendigkeit, Geld zu verdienen, die Stunden gestohlen, die wir eigentlich mit unseren kleinen Mädchen verbringen wollten. Nach und nach, Tag für Tag, dann Jahr für Jahr, waren viele von uns immer weniger die Mütter und Väter, die wir eigentlich hatten sein wollen.
Hat die Zeit, die Sie einmal begeistert damit verbrachten, bei Ihrer Tochter zu sitzen und mit ihr zu spielen, nicht inzwischen merklich abgenommen? Und ist Ihnen so nach und nach bewusst geworden, dass unsere Bemühungen, die Kinder mit allem Nötigen zu versorgen, uns auch die Möglichkeit verschafft haben, uns zurückzuziehen und Zeit für uns selbst zu gewinnen, um beispielsweise in Ruhe unsere E-Mailszu checken? Wir wussten ja, dass die Kinder alles hatten, was sie brauchten, um ruhig in einer Ecke zu spielen. Viele von uns stehen so unter Stress, dass sie sich von einer »Hauptsache Ruhe«-Erziehunghaben ködern lassen: Es ist einfacher, Kinder mit Computernund Videospielen abzuspeisen, als gemeinsam mit ihnen zu spielen.
Aber begehen Sie nicht den Denkfehler anzunehmen, dass Ihre Kinder es nicht merken, wenn Ihre Augen noch die letzte SMS überfliegen, während Sie mit ihnen sprechen. Vielleicht haben sie einfach nur aufgegeben, sich zu beklagen. Ich behaupte nicht, dass wir unsere Kinder den ganzen Tag lang zum Zentrum des Universums machen sollten. Das würde nur zu einem unrealistischen Narzissmus führen. Sie müssen lernen, welchen Platz sie in unserem Leben einnehmen. Aber wenn wir nur mit halbem Ohr zuhören – und zulassen, dass nach und nach unsere gesamte Zeit von modernen Kommunikationstechnologien in Anspruch genommen wird –, dann riskieren wir, unsere so wichtige Verbindung zu unseren Mädchen zu verlieren. Natürlich können Sie Ihrer Tochter ein Dutzend Mal am Tag sagen, dass Sie sie lieben. Aber wenn Sie dabei gleichzeitig eine SMSversenden und wie immer auf die Uhr sehen, verliert Ihre Botschaft an Glaubwürdigkeit. Außerdem: Was würden Sie tun, wenn jemand, mit dem Sie gerade reden, dabei andauernd woandershin schaut? Sie würden es sein lassen.
Manchmal müssen wir einfach daran erinnert werden, dass uns die Zeit davonläuft. Die Kindheit unserer Mädchen dauert nicht lange. Von der Geburt bis zu ihrem zwölften Lebensjahr bleiben uns 4380 gemeinsame Tage. Und manchmal sind wir so mit dem Versuch beschäftigt, unseren Kindern materiell alles zu bieten, dass wir ihnen dabei das, was sie am meisten brauchen, vorenthalten – uns selbst. Das ist eine zerstörerische Tendenz, und sie kann durchaus zu einer Entfremdung führen, die nur sehr schwer wieder zu heilen ist. Wenn wir diese entscheidenden Jahre damit zubringen, unsere E-Mailszu checken – kann es uns dann noch überraschen, wenn unsere Töchter als Teenager ihre Augen nicht mehr von Facebooklosbekommen, wenn wir ihr Zimmer betreten?
Es ist in vielerlei Hinsicht eine Zwickmühle. Je weniger Zeit Sie mit Ihren Kindern verbringen,
Weitere Kostenlose Bücher