Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
den Kolben seines Gewehrs gestützt ein kleines Nickerchen zu halten. Er musste Pferdeblut in den Adern haben, um so ohne zu wanken im Stehen zu schlafen. Gallahan, ein Grenadier, mochte nie allein bleiben, da er so schreckliche Angst vor den Indianern hatte. Vor zwei Tagen hatte der Hauptmann ihn mit einer Haube, die er von der dicken Bessie entliehen hatte, durch das ganze Lager marschieren lassen, um ihn zu demütigen und zu zwingen, seine Panik zu beherrschen. Doch nichts fruchtete. Sobald er ein Hälmchen unter dem Tritt eines Hasen knacken oder eine Eule rufen hörte, machte er sich in die Hosen und schlug Alarm.
Heute Abend machten Buchanan und Macgregor die Runde. In zwei Stunden waren dann bis zum Morgengrauen Chisholm und Gordon an der Reihe. Finlay Gordon war in seine Fluchtpläne eingeweiht und könnte ihn decken. Endlich war die richtige Gelegenheit gekommen. Er musste mit Leticia darüber sprechen.
Er sah sich nach der jungen Frau um, entdeckte sie jedoch nirgends. Gerade steckte er sein Messer weg und stand auf, um sich auf die Suche nach ihr zu machen, als Lachlan Macpherson und Angus Fletcher bei ihm vorbeikamen.
»Hey, Macdonald! Was hältst du von einer kleinen Partie Würfel gegen Fletcher und mich?«
»Heute Abend nicht«, gab Alexander zurück und entfernte sich.
»Na mach schon, Macdonald! Ich habe fünf Shilling, die mir Löcher in die Taschen brennen!«
Den Blick auf die von den französischen Batterien gespuckten Flammenzungen gerichtet, die sich im ruhigen Wasser des Flusses spiegelten, blieb er stehen. Fünf Shilling? Die Versuchung war groß. Aber wenn er verlor? Er konnte sich nicht erlauben, auch nur einen einzigen Penny zu verlieren, nicht gerade jetzt. Wenn er auf der anderen Seite gewann, würde das seine kleine Börse ordentlich aufstocken.
Sein Ruf als Spieler war schon lange gefestigt; die Männer behaupteten, für ihn leuchte ein Stern am Firmament, weil er so häufig gewann. So ein Unsinn! Lachhaft! Sein so genanntes Glück bestand darin, dass er intelligent genug war, um zu wissen, wann er aufzuhören hatte. Genauso würde er es auch heute Abend halten…
Die Männer hatten sich um den kleinen Tisch versammelt, um den fünf von ihnen saßen. Coll hatte sich unter die Neugierigen gemischt. Abgesehen von Alexander, Macpherson und Fletcher gehörten Daniel Leslie, ein Korporal von den Grenadieren von Louisbourg und Seth Williamson, ein Kundschafter aus den Reihen von Scotts Rangern, zu der Runde. Der erste Einsatz betrug einen Shilling, eine gewaltige Summe.
Eineinhalb Stunden später saßen nur noch Alexander, Leslie und Macpherson am Tisch. Die anderen hatten sich zurückgezogen, nachdem sie gespielt und bis auf den letzten Penny alles verloren hatten. Leslie setzte seine letzte Münze, einen halben Shilling.
»Der Einsatz beträgt einen Shilling, mein Alter …«
Dem Iren standen dicke Schweißtropfen auf der Stirn. Er hatte bereits ein Pfund und sieben Shilling verloren. Die Geldgier wühlte in seinen Eingeweiden wie eine giftige Schlange. Seine Augen blitzten beim Anblick des kleinen Vermögens, das Alexander und Macpherson angehäuft hatten. Ein letztes Mal … dieses Mal würde er gewinnen, das spürte er. Er kippte sich einen ordentlichen Schluck Rum in den Hals und zog eine Grimasse.
»Ich habe noch etwas anderes …«, verkündete er fieberhaft. »Etwas, das ich setzen kann …«
»Lass es bleiben, Leslie, du hast doch nur noch dein Hemd und deine Stiefel! Du willst doch wohl nicht splitternackt gegen die Wilden kämpfen, oder?«
Gelächter stieg aus der Gruppe der Umstehenden auf, doch Leslie gab nichts darum und redete weiter.
»Christina … Ich habe doch noch meine Tochter Christina.«
Es wurde still. Alexander war wie vor den Kopf geschlagen.
»Ich spiele nicht um ein Mädchen«, erklärte er verächtlich. »Sie ist Eure Tochter, ist Euch das eigentlich klar? Wer beim Spiel seine eigene Tochter als Einsatz hergibt, der muss ein ganz schöner Bastard sein, Leslie!«
»Wartet, bis Ihr sie seht, dann ändert Ihr Eure Meinung, Macdonald.«
»Also, ich wäre interessiert«, meinte Macpherson. »Dann bring die Ware her. Ich möchte sehen, was du zu bieten hast.«
Leslie ließ Christina holen, die einige Minuten später eintraf. Ihre großen braunen Augen wirkten ganz verschlafen, und ihre schönen blonden Locken waren zerzaust. Sie war wirklich sehr hübsch, recht gut gebaut und hatte alles, um einen Mann in Versuchung zu führen. Aber sie war
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