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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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Wort über das, was er gesehen hatte, verlauten ließ. Doch das überhebliche Verhalten des Sergeanten ließ nichts Gutes ahnen. Bestimmt heckte er etwas aus.
    Leticia erholte sich von ihrer Verwundung. Wie Alexander vermutet hatte, blieb sie nicht in dem Lazarett auf der Île d’Orléans, das vor Verletzten und Kranken, die an Skorbut und der Ruhr litten, überquoll. Alexander war angeschossen worden, hatte jedoch nur einen Kratzer davongetragen, der keiner besonderen Pflege bedurfte.
    Mit Colls und Munros Hilfe stahl der junge Mann Nahrungsmittel und brachte sie auf die Seite. Anschließend versteckte er sie nachts, wenn außer den Wachen alles schlief, in einem Loch, das er am Waldrand gegraben hatte. Er ging damit ein enormes Risiko ein: Der Diebstahl von Lebensmitteln wurde mit nicht weniger als zweihundert Peitschenhieben geahndet. Doch für Leticia und für Evans Kind war Alexander zu allem bereit. Was Geld anging, so hatte er einen gemeinsamen Topf eingerichtet, in den jeder legte, was er entbehren konnte.
    Leticias Verletzung heilte gut. Bald würde die junge Frau die Flucht bewältigen können. Nun mussten sie den richtigen Moment abwarten und dann die Gelegenheit ergreifen. Doch diese ergab sich nie. Alexander wurde ständig auf Expeditionen nach Côte-du-Sud geschickt. Wolfe sorgte dafür, dass seine Männer sich nicht dem Müßiggang hingaben. Anschließend sank Alexander in einen tiefen Schlummer der Erschöpfung, aus dem er erst erwachte, wenn ihn die Trommeln erneut riefen.
    Die Zeit verging. Leticia fürchtete sich immer stärker davor, gefasst zu werden, wenn sie flohen. Keine zwei Tage vergingen, ohne dass man einen Deserteur zurück ins Lager schleppte. Die junge Frau schien es immer weniger eilig zu haben, aus der Armee fortzukommen, und tat so, als habe sie sich noch nicht ausreichend erholt. Doch ihr Leib rundete sich jetzt zusehends, und ihre Lage wurde von Tag zu Tag unhaltbarer.
    Alexander spürte, dass die Schwangerschaft Leticias Willenskraft schwächte, statt ihr neuen Mut zu verleihen. Das bereitete ihm Sorge. Gerade heute Morgen war Ruaidh Kincaid als Deserteur hingerichtet worden. Dieses Los wünschte er Leticia nicht. Deswegen war er auch bereit gewesen, noch ein wenig zu warten, um sich die beste Gelegenheit zunutze zu machen und ausreichend Vorräte zu sammeln, damit sie nicht auf den Bauernhöfen in der Umgebung stehlen müssten, was unweigerlich beide Seiten auf sie aufmerksam machen würde.
    So führten sie ihr Soldatenleben weiter, befolgten Befehle und taten ohne Murren, was ihnen aufgetragen wurde. Es war kein leichtes Leben für diese Menschen, die von der anderen Seite des Ozeans gekommen waren. Sie waren körperlich und seelisch erschöpft. Angesichts der ständigen Bedrohung durch die Indianer und das Geheul, das nächtens aus den umgebenden Wäldern schallte, fanden sie kaum Schlaf. Sehr oft entdeckte man im Morgengrauen einen toten Wachposten, dem die Kopfhaut fehlte. Einen fand man sogar erst nach zwei Tagen wieder: Man hatte den Mann an einen Baum gefesselt, ihm die Beine bis auf die Knochen aufgeschlitzt, seinen Bauch aufgeschnitten und ihn ausgeweidet. Seine Schreie waren eine ganze Nacht hindurch zu hören gewesen. Man hätte graue Haare darüber bekommen können. Einzig der Alkohol und das Spiel boten den Männern eine kurze Flucht und ermöglichten es ihnen, diese Hölle zu ertragen. Beides führte zu Ungehorsam: Die Anzahl der Diebstähle und die Fälle von Befehlsverweigerung und Fahnenflucht nahmen täglich zu. Die Drohung mit der Peitsche zeigte nicht die geringste Wirkung: Für ein winziges Stück Glück oder Freiheit waren die Soldaten zu allem bereit. So verging die Zeit…
    Ein Funkenregen stob in die Nacht hinauf. Einige Männer aus der Kompanie von Hauptmann Donald Macdonald saßen am Feuer. Andere widmeten sich, vom Rum berauscht, unter einem Zeltdach dem Spiel oder vergnügten sich in einer dunklen Ecke mit den Freudenmädchen, die aus Boston und New York gekommen waren. Alexander lehnte an einem Proviantwagen und arbeitete mit seinem Taschenmesser ein Ornament an seinem Pulverhorn aus. Doch eigentlich war er vor allem damit beschäftigt, die Bewegungen der Wachposten auszuspähen. Seit einigen Tagen beobachtete der junge Mann die Gewohnheiten jedes einzelnen, um sie sich einzuprägen.
    MacNicol schlug alle halbe Stunde an immer demselben Baum sein Wasser ab. Bestimmt hatte der Mann Probleme mit der Blase. Blaine hatte die schlechte Angewohntheit, auf

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