Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
Augen …«
»Ich mache niemandem schöne Augen, sondern habe bloß einem hübschen Mädchen nachgeschaut, das ist alles!«
»Ja, ja … Dann müssen alle Mädchen, denen wir heute Abend begegnet sind, hübsch sein!«
Finlay warf ihm einen finsteren Blick zu und wandte sich ab. Nach Alexanders Auspeitschung war Christina Leslie jeden Tag in das Feldlazarett in Point Levy gekommen, um den jungen Mann zu pflegen und ihm Gesellschaft zu leisten. Offenbar wollte sie, dass ihre Zeugenaussage glaubwürdig blieb. Und als der Verletzte entlassen worden war, hatte sie in seinem Zelt Wohnung bezogen.
Offensichtlich war es für Alexander nicht in Frage gekommen, das, was sie behauptet hatte, in die Tat umzusetzen. Aber die junge Frau und die vier Männer hatten sich rasch angefreundet. Insbesondere an Finlay hatte sie sich angeschlossen. Und so kam es, wie es kommen musste. Als die Ehefrau eines der Offiziere im Kindbett starb, hatte Finlay die Erlaubnis erhalten, sich mit der hübschen Christina zu verheiraten. Die junge Frau hatte soeben ihren vierzehnten Geburtstag gefeiert; und ab diesem Alter war die Armee nicht mehr für ihren Unterhalt verantwortlich. Seitdem ließen die beiden Turteltauben keine Gelegenheit aus, allein miteinander zu sein.
Alexander und Coll wussten, dass Finlay verliebt war und er in jeder Frau seine junge Gattin sah. Doch sie zogen ihn halt gern auf. Finlay war ein guter Bursche; er ging nur rasch an die Decke, was seine Kameraden amüsierte.
Alexander stieß die Tür der Schmiede auf und ließ zwei Kunden hinaus, ehe er selbst eintrat. Der rotglühende Ofen erfüllte die Werkstatt mit einer angenehmen Wärme. Hinter dem Wandschirm, der das Feuer vor Zugluft schützte, war der Besitzer noch mit einer Kundin beschäftigt. Während er wartete, dass er zum Ende kam, zog der junge Mann das Stück aus seinem Sporran , das er an eine Kette arbeiten lassen wollte. Es war ein kleines Oval, geschnitzt aus einem Rinderhorn, das er sich eigentlich zurückgelegt hatte, um daraus ein Pulverhorn zu verfertigen.
Er wusste, dass seine Arbeiten geschätzt wurden und er mit dem Pulverhorn einen hübschen Verdienst hätte einstreichen können. Aber er hatte einen bestimmten Plan im Kopf, und er hatte nichts anderes gefunden, um ihn durchzuführen. Das ovale Stück sollte nach einem Entwurf, den er aufgezeichnet hatte, auf eine bestimmte Art gefasst werden, so dass es sich wie ein Medaillon öffnen ließ. Das erforderte eine so präzise Arbeit, dass er eigentlich einen Goldschmied damit hätte beauftragen müssen. Aber dazu fehlte Alexander das Geld. Wenn der Schmied dazu in der Lage war… So hätte er etwas, das er Isabelle zum neuen Jahr schenken könnte.
Nach einer Weile wurde Alexander ungeduldig und trat diskret näher, um sich bemerkbar zu machen. Die Stimme der Kundin, die zu ihm drang, kam ihm mit einem Mal bekannt vor, und er spitzte die Ohren.
»… Dann kommt Baptiste das Pfund Nägel und das Tranchiermesser abholen.«
»Abgemacht, Madame Gosselin. Ich mache Euch alles so rasch wie möglich fertig. Kann ich Euch sonst noch mit etwas dienen?«
»Natürlich, Monsieur Desjardins. Hier, da ist die Post für meinen Julien. Ich habe bei meiner Cousine nichts über den Engländer herausbekommen können. Er hat ihr …«
Als sie die Miene ihres Gesprächspartners sah, unterbrach sie sich abrupt. Angespannt wartete Alexander ab. Als Madeleine sich umdrehte, erbleichte sie und glaubte, ohnmächtig werden zu müssen.
»Tut mir leid, Euch unterbrochen zu haben«, sagte der junge Mann gleichmütig. »Guten Abend, Madame.«
»Monsieur Macdonald … ich … ich … habe Euch nicht eintreten hören. Ich dachte …«
»… Dass die letzten Kunden gegangen sind?«, beendete er den Satz an ihrer Stelle. »Ja, ich bin ihnen begegnet. Bedaure, mich nicht eher bemerkbar gemacht zu haben.«
»Nicht so sehr wie ich.«
»Das bezweifle ich nicht. Gebt mir bitte diesen Brief, Madame.«
Madeleine krallte die Finger um das Papier in ihrer Hand und wich einen Schritt zurück. Panik ergriff sie.
»Ihr habt nicht das Recht, diesen Brief zu lesen …«, stammelte sie.
Alexander stieß einen schrillen Pfiff aus. Einige Sekunden später tauchte Coll auf, Gewehr und Bajonett in der Hand.
»Coll, ich habe diese Dame im Verdacht, in ein Komplott gegen die Regierung von Murray und damit gegen König George verwickelt zu sein. Nimm ihr diesen Brief ab …«
»Ich habe nichts damit zu tun!«, schrie der Schmied und hob
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