Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
sich mit Pierre Lahaye darüber verständigt, seine Tochter zu heiraten. In Geschäftsdingen hatte er schon immer eine glückliche Hand gehabt. Und so hatte er mit seinem Freund das Leben einer Frau gegen einen exklusiven Importvertrag getauscht. Und heute erntete er die Früchte dieses klugen Geschäfts, das ihm Reichtum und Macht eingebracht hatte … aber keine Liebe. In seinem Egoismus hatte er Justine jede Aussicht geraubt, die wahre Liebe zu erleben, diese Liebe, die alles vergibt …
Starr blickte er wieder auf die Zahlen, die vor seinen Augen lagen, und klappte dann mit einem Knall das Register zu. Er schämte sich so sehr … für seine Begierde, seine Habsucht … Was er wollte, das bekam er. Geld war die höchste Macht. Es konnte einen Mann dazu bringen, seine Tochter zu verkaufen oder einem hungrigen Kind die Nahrung vor dem Munde wegzunehmen. Geld schenkte einem Prestige, Achtung unter seinesgleichen, gesellschaftlichen Erfolg… Aber was war das alles wert, wenn einem das Wichtigste fehlte, die Liebe?
Er war sein ganzes Leben lang einen falschen Weg gegangen, und erst jetzt, an der Schwelle des Todes, wurde ihm das klar! Was für ein Narr er doch gewesen war! Zorn überkam ihn und legte sich ihm schwer auf die Brust. Er vermochte das Schluchzen, das ihm in die Kehle stieg, nicht länger zu unterdrücken. Lange weinte er und vergoss alle Tränen, die er seit Jahren unterdrückt hatte.
Sanft wirbelten die Schneeflocken und überzogen die neuen Dächer rund um den Exerzierplatz mit einem feinen Flaum. Auf den Stufen der Augustinerkirche zankten sich Tauben um ein paar Brotkrumen.
»Right about face! «, brüllte der Offizier. »Prime and load! «
Die Gewehrkolben klapperten auf dem gefrorenen Boden. Im Takt des Trommelschlags zog Alexander eine Kartusche aus seiner Patronentasche und riss die Papierhülle mit den Zähnen auf. Dann lud er mit den gewohnten Handbewegungen sein Gewehr.
»Port arm! … Make ready! … Take aim! «
Er legte den Gewehrkolben fest an die Schulter und zielte auf die Kanone, die direkt vor ihm stand. Doch da nahm er am Rande seines Sichtfelds einen Arm wahr, der ein blaues Band schwenkte, und sein Herz tat einen Satz.
»Fire! «
Eine Detonation hallte über den Platz. In einem Höllenradau aus Gurren und Flügelschlagen schwirrten die Tauben panikerfüllt in alle Richtungen davon. Ein paar Federn umschwebten die Köpfe der Soldaten.
»Hast du etwa gar nicht geschossen?«, flüsterte Munro seinem Cousin zu.
»Recover your arms! … Kneel! … Stand up! … Shoulder arms! «
Alexander schickte ein Lächeln in die Richtung, in der er das blaue Band gesehen hatte, und spitzte die Lippen, um Isabelle einen Luftkuss zuzuwerfen. Sie tat so, als finge sie ihn auf und führte ihre geschlossene Hand dann an die Brust. Dem jungen Mann fiel es schwer, sich auf die Kommandos zu konzentrieren. Seit sieben Tagen hatte er nichts von der jungen Frau gehört und sich Sorgen gemacht. Zwar hatte er Madeleine auf dem Markt gesehen, doch nicht gewagt, sie anzusprechen. Dazu kannte er ihre Meinung über die britischen Soldaten zu gut.
»Alas …«
Er hatte einen Befehl verpasst und noch Glück gehabt, dass der Offizier in eine andere Richtung gesehen hatte. Ansonsten hätte er sich gewiss einen Strafdienst eingefangen.
»Left wheel, march! … Halt! «
Der Schnee knirschte unter ihren Tritten. Er knallte die Hacken zusammen und suchte in der Menge der Neugierigen, die sich jeden Tag versammelten, um beim Exerzieren zuzusehen, nach Isabelle.
»Present arms! … Dismiss! «
Sofort lösten sich die Reihen der Soldaten auf. Alexander drückte Munro seine Brown Bess in die Hand und rannte zu der Stelle, an der er die junge Frau erblickt hatte. Aber sie war verschwunden. Verwirrt drehte er den Kopf in alle Richtungen. Mit einem Mal hielten zwei kleine, eiskalte Hände ihm die Augen zu, und ein köstliches Kichern drang an sein Ohr.
»Rate, wer hier ist!«
»Hmmm… Marie?«
»Wie denn, Marie?«
»Oh, bedauere … Dann muss es Jeanne sein.«
»Wie meinen?«
»Anne? Autsch!«
»Das soll dich lehren, Scherze mit mir zu treiben! Ich bin’s bloß. Oder hast du mich etwa schon vergessen?«
Er fuhr herum, dass die Rotschattierungen seines Tartans nur so um ihn flogen. Dann ergriff er Isabelles Hand und hob sie an seine Lippen.
»Ah, Isabelle! Wie könnte ich die Frau vergessen, die den schönsten Namen von allen hat? Wo bist du gewesen? Ich …«
Isabelle zog ihn hinter
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