Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
sich her und schlüpfte zwischen den Menschen hindurch, die sich jetzt zerstreuten, um wieder an ihre Beschäftigungen zu gehen. Ein paar missbilligende Blicke trafen die beiden, doch sie gaben nichts darauf und beeilten sich, ein ruhiges Eckchen zu suchen.
»Ach, Isabelle!«, flüsterte Alexander und drückte die junge Frau im Schatten eines Portals an eine Tür.
Sie küssten sich leidenschaftlich, umschlangen einander fest und sahen sich dann in die Augen. Ihr Atem vermischte sich und bildete in der eisigen Luft eine kleine weiße Dampfwolke.
»Isabelle … wo hast du nur gesteckt? Wir haben uns schrecklich lange nicht gesehen!«
»Dann habe ich dir ein wenig gefehlt?«
»Ein wenig? Nein, sehr …«
»Wahnsinnig?«
»Ja, wahnsinnig!«
Von neuem suchte er ihre Lippen, doch sie schob ihn sanft zurück.
»Ich war krank. Nur ein Schnupfen, aber ich wollte dich nicht anstecken.«
»Aber krank war ich trotzdem… vor Sorge!«
Sie lachte in seinen Armen und schmiegte die vor Kälte und Vergnügen gerötete Wange an seine Brust.
»Jetzt bin ich ja wieder gesund. Hast du ein paar Minuten Zeit?«
»Ich muss ab Mittag zum Wachdienst antreten… Damn it! «
»Oh! Ich dachte, du hättest vielleicht heute Abend frei.«
Er liebkoste ihr Gesicht und betrachtete sie zärtlich. Wie sehr er sich wünschte, einmal allein mit ihr zu sein… Vielleicht fand er ja doch eine Möglichkeit.
»Bist du heute Abend zu Hause?«
»Sicher, warum?«
»Deine Schleife … binde sie an dein Zimmerfenster. Ich will dir nichts versprechen, Isabelle, aber ich werde es versuchen.«
»Du bist ja verrückt, Alex …«
»Ja, verrückt nach dir!«
Er küsste sie ein letztes Mal und zog sich dann widerwillig zurück. Vor dem Wachwechsel musste er noch mit seiner Abteilung für Feuerholz sorgen. Resigniert rannte er davon und glitt auf dem Schnee aus. Isabelle wollte ihm schon nachrufen, dass sie auf ihn warten würde, doch ein Paar, das sie kannte, starrte sie sprachlos an. Daher lächelte sie nur und schlug den Weg zum Palastviertel ein.
Der Schnee war einem Sprühregen gewichen, der die Landschaft mit Reif überzog und eine Eisschicht über den Fahrdamm legte. Die Straßen waren praktisch verlassen; die Menschen zogen es vor, sich unter einem Dach, im Warmen aufzuhalten. Die Wachsoldaten wechselten sich jede Stunde ab, um sich vor einem Blechofen aufzuwärmen, den sie mit grünem Holz zu betreiben versuchten. Die Brennstoffreserven, die noch nie so niedrig gewesen waren, reichten nicht aus, um den Bedarf der Garnison zu decken.
Die dünne Eisschicht knackte unter seinen Füßen und machte den Patrouillengang gefährlich. Bei einigen Stadtbewohnern hatte er gesehen, dass sie eine Art Eisensporne mit Lederriemen unter ihren Stiefeln befestigten. Er musste versuchen, sich aus alten Nägeln auch so etwas Ähnliches herzustellen.
Alexander und seine Kameraden hatten ihre Runde durch die Unterstadt beendet. Vor dem Wachwechsel wollte Alexander noch in der Schmiedewerkstatt vorbeigehen, um eine ganz besondere Bestellung aufzugeben. Der Laden lag in der Rue Notre-Dame, in der Nähe der Pointe à Carcy und gleich neben der Werkstatt des Böttchers Bédard.
Der junge Mann warf einen Blick auf seine Uhr. Noch drei Stunden bis zu seiner Verabredung mit Isabelle. Er hatte Glück gehabt. Wie er vermutet hatte, war bis Mitternacht Archibald Campbell als Offizier für die Wachen verantwortlich. Sollte sein Ausflug auffliegen, konnte er es immer noch riskieren, ihn zu bitten, er möge ihn decken. MacNicol war einverstanden gewesen, ihn im Austausch für eine Stunde Schneeschaufeln eine Stunde lang zu vertreten. Allerdings hatte er ihn streng verwarnt, so etwas nicht zur Gewohnheit werden zu lassen.
In Gedanken verloren war Alexander am Ladenschild des Schmieds Desjardins vorbeigegangen. Jemand tippte ihm auf die Schulter und holte ihn in die Wirklichkeit zurück.
»War es nicht hier?«, fragte Coll und wies auf das hölzerne, halb verkohlte Schild.
Wie durch ein Wunder hatten die beiden ersten Etagen des Gebäudes die Bombardements überstanden und waren von den Flammen nur leicht beschädigt worden. Coll postierte sich neben der Tür, das Gewehr umgehängt, doch so, dass es leicht erreichbar war. Finlay Gordon lehnte sich an die Wand und beäugte eine junge Frau, die eilig, einen Krug unter den Arm geklemmt, vorbeiging.
»Heda, Finlay!«, scherzte Coll. »Und Christina? Wenn sie erfährt, dass ihr Mann anderen Mädchen schöne
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