Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
Frau wie Isabelle, die immer nur die angenehmen Seiten des Lebens gekannt hatte, war das ziemlich lächerlich und ganz und gar nicht ausreichend, um damit ein eigenes Heim zu gründen.
Wenn er sich so niedergeschlagen fühlte, hörte Alexander die Stimme der Vernunft, die ihm riet, Isabelle zu vergessen und sich lieber ein nettes Mädchen in den Vorstädten von Québec zu suchen. Er wusste auch, dass Émilie sich nicht bitten lassen würde, wenn er ihr ein Zeichen gab. Aber sein Herz rief ihm zu, dem Schicksal zu vertrauen. Doch hatte ihn das Schicksal letztendlich nicht immer im Stich gelassen? Wieder dachte er, wie so oft, an Leticia. Rasch überschlug er die Monate, die seit ihrer Fahnenflucht vergangen waren; sie musste Evans Kind inzwischen bekommen haben. Von ganzem Herzen hoffte er, dass mit ihr und dem Kind alles gut gegangen war und beide bei guter Gesundheit waren. Er hätte ihr so gern geholfen… nun gut, das Leben hatte anders entschieden.
Oft dachte er auch an seinen Bruder John. Er bedauerte, dass er nicht den Mut gehabt hatte, ihm gegenüberzutreten und diese Geschichte in Ordnung zu bringen, die ihn nunmehr seit fünfzehn Jahren umtrieb. Sein Bruder, sein Ebenbild… Vor seinem inneren Auge sah er, wie sie beide sich in den Lochs amüsiert hatten oder über die mit Heidekraut bewachsene Ebene gerannt waren. Nostalgie stieg in ihm auf. Er hatte schreckliches Heimweh nach Schottland, obwohl er sich das selbst nicht eingestehen mochte. Sein Leben war jetzt hier, in diesem Kanada, das sich im Aufbau befand. Das Problem allerdings war, dass er keine Ahnung hatte, wohin er sich wenden oder was er mit seinem Leben in diesem neuen Land anfangen sollte.
Einige Soldaten hatten sich vorgenommen, später ihr Glück im Pelzhandel zu machen. Seine Lust am Abenteuer und die Möglichkeit, genug Geld zu verdienen, damit er um ihre Hand anhalten konnte, reizten ihn an dieser Idee. Doch dazu müsste er mehrere Monate unterwegs sein, möglicherweise Jahre. So lange würde Isabelle nicht warten, und außerdem… würde er selbst die Trennung ertragen? Ohnehin musste er erst einmal abwarten, bis dieser verdammte Krieg zu Ende war. Momentan hatte Gouverneur Murray jede Heirat zwischen Soldaten und Kanadierinnen verboten. Alexander hatte den Eindruck, sich an einem toten Punkt zu befinden.
Eine Gruppe Soldaten trat in den Raum. Sie teilten sich dieses Zimmer, das ungefähr dreißig mal sechzehn Fuß maß, zu zehnt. Das sauber und ordentlich gehaltene Zimmer besaß nur zwei Fenster und einen Kamin, an dem sie sich aufwärmen sollten, der aber stattdessen die Kälte hereinließ. Die Offiziere dagegen hatten das Glück, Zimmer mit Öfen aus Gusseisen oder Blech zu bewohnen. Abgesehen von den Strohsäcken, die an den Wänden entlang aufgereiht waren, bestand das Mobiliar nur aus einem Tisch und fünf Sitzbänken
Munro legte ein dickes Huhn auf den Tisch. Die Männer machten sich bereits die Federn streitig, mit denen sie ihre dünnen Matratzen ausstopfen wollten. Die Soldaten teilten die Haushaltsarbeiten unter sich auf, wozu auch die Zubereitung der Mahlzeiten gehörte. Alexander hatte heute keinen Küchendienst. So sah er den anderen gleichmütig zu und wandte seine Aufmerksamkeit dann dem Jesuskind zu, das er fast vollendet hatte. Dieses Werk würde er Schwester Clotilde schenken, die ihm ein Paar Strümpfe gestrickt hatte, das bis über seine Knie reichte. Die Nonnen standen sich gut mit dem Highlander-Regiment. Gewiss hatte der Umstand, dass die Mehrheit der Soldaten katholisch war, mit dieser Mildtätigkeit zu tun, die in dieser kalten Jahreszeit mehr als willkommen war.
Jemand musste zu ihm getreten sein, denn mit einem Mal umwehte ihn Alkoholdunst. Er hob den Kopf und stellte fest, dass Coll hinter ihm stand und ihm, von einem Ohr zum anderen grinsend, einen Krug mit Branntwein anbot. Alexander nahm ihm den Behälter aus den Händen.
»Wo habt ihr das denn aufgetrieben?«
»Beim Tavernenwirt.«
»Hat er euch das geschenkt?«
»Wie kommst du denn darauf? Für die drei Krüge billigen Rum haben wir seinen Hauseingang vom Schnee freigeräumt und zwei Klafter Holz gehackt. Es ist kein Whisky aus der Destille von Glencoe, aber… immer noch besser als das dünne Wurzelbier, das man uns sonst auftischt.«
Alexander goss sich einen ordentlichen Schluck davon in den Hals und schüttelte sich, als er ihn hinunterschluckte. Das Feuer rutschte durch seine Kehle in seinen Magen. Dieser Rum war ganz schön stark! Immerhin
Weitere Kostenlose Bücher