Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
ihre Stirn. Er musste sich fast Gewalt antun, um sich mit diesen wenigen Liebkosungen und Küssen zufriedenzugeben.
»Ich würde es sofort wieder tun und noch mehr, um solche Momente noch einmal zu erleben, Isabelle. Aber jetzt muss ich fort. Und du musst schlafen.«
Er sah zu dem großen Bett, schloss die Augen und dachte an Isabelles Kurven, die er gestreichelt hatte. Er hatte es gewagt… sie hatte gebebt… für ihn.
»Ich werde heute Nacht an dich denken.«
»Und ich an dich, Alex.«
Sie schlug die blitzenden Augen zu ihm auf und schenkte ihm ein sanftes Lächeln. Eben hatte ihre Stimme singend geklungen, so wie die von Connie. Ihr Blick erinnerte ihn an Kirsty, und um ihren Mund spielte Leticias leises, spöttisches Lächeln. Nein, er konnte es nicht länger abstreiten: Er war verliebt in Isabelle, so wie in diese anderen Frauen… die er verloren hatte.
»Isabelle?«
Er zögerte. Sie wartete darauf, dass er sprach, und ihre feinen Augenbrauen zogen sich besorgt zusammen. Er küsste sie ein letztes Mal und drückte sie so fest an sich, dass sie aufstöhnte. In seinen Eingeweiden wühlte die Angst davor, auch sie zu verlieren, nachdem er diese Worte ausgesprochen hatte.
»I love ye …«
Noch ganz erschüttert sah Isabelle ihm nach, wie er mit fliegendem Haar und wehendem Umhang herumfuhr und in der eiskalten Nacht verschwand. Erst Madeleine riss sie aus ihrem glückseligen Zustand, als sie brummelnd die Fensterläden zuschlug.
»Und, was ist?«
»Er hat es mir gesagt … Er liebt mich …«
12
Schwarze Tage, weiße Nächte
Die Tage vergingen; das Eis auf dem Sankt-Lorenz-Strom und dem Saint-Charles-Fluss wurde immer dicker. Mit jungen Nadelbäumen hatte man »Brücken« markiert, auf denen Fuhrwerke von einem Ufer zum anderen fahren konnten. Bei Nacht hörte Alexander die Schellen der Pferde, wenn die Wagen durch die Straße fuhren und der Schnee unter den Kufen knirschte.
Die Lebensbedingungen in der besetzten Stadt waren schwierig. Der Mangel an frischen Lebensmitteln und die dadurch bedingte schlechte Ernährung waren für die rapide Zunahme der Skorbutfälle verantwortlich. Die Militärs waren durch ihren hohen Alkoholkonsum besonders betroffen. Die Krankheit wurde zu einer größeren Bedrohung als die französische Armee, deren kleinste Bewegung man argwöhnisch verfolgte. Der Winter versprach hart zu werden, insbesondere für die Kompanien, die in den requirierten, eilig ausgebesserten und schlecht geheizten Häusern in der Stadt wohnten.
Isabelle versuchte, Alexander den Alltag zu erleichtern, indem sie ihm, wenn sie konnte, Töpfe mit Konfitüre, Äpfel und andere Leckereien brachte, die er mit seinen Kameraden teilte. Der junge Mann fand, dass sein letztes Abenteuer zu gefährlich gewesen war, und war nicht noch einmal in die Rue Saint-Jean gegangen. Die Liebenden gaben sich mit kurzen Begegnungen in einem Hinterhof oder einer Verabredung bei der Mühle von Saint-Roch, am Ufer des Saint-Charles-Flusses, zufrieden.
Oft ging Isabelle mit Madeleine zum Schlittschuhlaufen auf dem zugefrorenen Fluss, und sie sahen den »Röckchenträgern« bei einem kuriosen Spiel zu, dem curling . Dabei ging es darum, dicke Steine über das Eis gleiten zu lassen, das man dazu blankfegte, damit sie so nahe wie möglich an einem Kegel landeten, und dabei, wenn nötig, auch die Steine der anderen wegzukicken. Diese Partien gingen häufig in Streitereien aus, bei denen sich die Neugierigen gut unterhielten.
Nach dem täglichen Exerzieren, zwischen seinen diversen Aufgaben – Schneeschaufeln, Latrinenreinigen oder Holzsägen – hielt sich Alexander, wenn er Isabelle nicht treffen konnte, in seinem Zimmer auf und schnitzte an Arbeiten, die andere für Geld bei ihm in Auftrag gaben, oder er ging in den Rennenden Hasen . Dort spielte er Karten oder Würfel, um sich von seiner Einsamkeit abzulenken und mit seinen Kameraden zu trinken.
An diesem letzten Tag des Jahres 1759 sah trotz des klaren Himmels und der milden Temperatur die Zukunft düster für ihn aus. Der junge Mann arbeitete mit seinem Messer an einer Figur und dachte an die Frau, die jetzt der Mittelpunkt seines Lebens war. In letzter Zeit hatte er viel nachgedacht… Trotz aller Liebe, die er für Isabelle empfand, konnte er sich keine Zukunft mit ihr vorstellen. Sein ganzes Vermögen bestand aus ungefähr zehn Pfund. Für einen einfachen Soldaten, der für gewöhnlich seinen Monatssold im Voraus ausgab, war das beträchtlich. Aber für eine
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