Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung
herumgebrüllt und alles kaputt gemacht.«
»Wirklich?«
»Ja. Einmal hat er meiner Mama die Nase gebrochen.«
»Oh«, sagte Ian, denn er wusste nicht, was er darauf antworten sollte. »Wie traurig.«
»Meint Ihr, er ist tot?«
»Ich hoffe es.«
»Ich auch«, sagte sie zufrieden. Sie gähnte herzhaft – er konnte ihre verfaulenden Zähne riechen – und legte sich dann auf den Boden, wo sie sich dicht an Hermione kuschelte.
Seufzend stand Ian auf, holte die Decke und deckte sie beide zu. Behutsam steckte er die Decke unter ihren kleinen, entspannten Körpern fest.
Und jetzt?, fragte er sich. Dieser Wortwechsel war das erste Mal gewesen, dass er sich tatsächlich mit den Mädchen unterhalten hatte, und er gab sich nicht der Illusion hin, dass ihr kurzer Ausflug in die Gefilde der Freundlichkeit den Tagesanbruch überdauern würde. Wo sollte er jemanden finden, der bereit und in der Lage war, sich um sie zu kümmern?
Leises Schnarchen, das wie das Summen von Bienenflügeln klang, kam unter der Decke hervor, und er lächelte unwillkürlich. Mandy, Briannas Tochter, hatte beim Schlafen solche Geräusche gemacht.
Er hatte Mandy hin und wieder schlafend auf dem Arm gehabt – einmal sogar über eine Stunde lang, weil er sich nicht von ihrem kleinen, warmen Gewicht lösen wollte – und dem Pulsschlag in ihrem Hals zugesehen. Hatte sich seine eigene Tochter vorgestellt, sehnsuchtsvoll und von einem Schmerz erfüllt, der durch den Abstand gedämpft wurde. Tot geboren, ihr Gesicht für ewig ein Rätsel. Yeka’a hatten die Mohawk sie genannt – »kleines Mädchen«, zu jung, um einen Namen zu haben. Doch sie hatte einen Namen. Iseabaìl . So hatte er sie genannt.
Er wickelte sich in das zerschlissene Plaid, das Onkel Jamie ihm mitgegeben hatte, als er beschlossen hatte, Mohawk zu werden, und legte sich neben das Feuer.
Bete. Das hätten ihm sein Onkel, seine Eltern geraten. Er war sich aber nicht sicher, zu wem er beten oder was er sagen sollte. Sollte er zu Christus sprechen oder zu Seiner Mutter oder vielleicht zu einem der Heiligen? Zum Geist der Zeder, die über dem Feuer Wache stand oder zum Leben, das sich im Wald bewegte und im Nachtwind flüsterte?
»A Dhia«, flüsterte er schließlich dem offenen Himmel zu, »cuidich mi«, und schlief ein.
Ob es Gott war oder die Nacht selbst, die ihm antwortete – in der Morgendämmerung wachte er auf und hatte eine Idee.
ER HATTE DAS SCHIELÄUGIGE DIENSTMÄDCHEN ERWARTET, DOCH MRS. SYLVIE kam selbst an die Tür. Sie erkannte ihn wieder; er sah die Erinnerung und – so glaubte er – Vergnügen in ihren Augen aufflackern, obwohl beides natürlich nicht so weit ging, dass ein Lächeln daraus wurde.
»Mr. Murray«, sagte sie kühl und ruhig. Dann senkte sie ihren Blick und verlor ein wenig von ihrer Fassung. Sie schob das Drahtgestell ihrer Brille etwas höher, um besser betrachten zu können, was ihn da begleitete, dann hob sie den Kopf und heftete den Blick voll Argwohn auf ihn.
»Was ist das?«
Er hatte diese Reaktion erwartet und war darauf vorbereitet. Ohne zu antworten, hielt er die fette kleine Börse hoch, die er vorbereitet hatte, und schüttelte sie, sodass sie das Metall darin klimpern hören konnte.
Da änderte sich ihre Miene, und sie trat zurück, um ihn und die Mädchen einzulassen, auch wenn sie nach wie vor argwöhnisch blickte.
Nicht so argwöhnisch wie die kleinen Heidenkinder – er hatte immer noch Schwierigkeiten, sie als Mädchen zu sehen -, die sich im Hintergrund hielten, bis er sie beide an den schmalen Hälschen packte und sie zielsicher in Mrs. Sylvies Salon schob. Sie setzten sich zwar hin – gezwungenermaßen -, sahen aber so aus, als würden sie irgendetwas im Schilde führen, und er ließ sie keine Sekunde aus den Augen, während er sich mit der Inhaberin des Etablissements unterhielt.
»Dienstmädchen?«, sagte sie unverhohlen ungläubig und musterte die Mädchen. Er hatte sie in ihren Kleidern gewaschen – zwangsweise, und zum Dank hatte er diverse Bisswunden vorzuweisen, auch wenn zum Glück noch keine davon zu eitern begonnen hatte -, doch ihre Haare konnte man eigentlich nur abschneiden, und er hatte nicht vor, sich den beiden mit einem Messer zu nähern, weil er Angst hatte, sie oder sich selbst im Verlauf des unvermeidlichen Gerangels zu verletzen. Also saßen sie da und funkelten unter ihren Haarmatten hervor wie Kobolde, rotäugig und böswillig.
»Nun, sie wollen keine Huren werden«, sagte er geduldig. »Und
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