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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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seiner Augen bildete sich gerade ein monströses Veilchen, doch nach allem, was ich sehen konnte, als ich mich im Zwielicht über ihn beugte, waren seine Pupillen gleich groß, und er atmete so regelmäßig, wie es mit dem Lumpen möglich war, den man ihm in den Mund gestopft hatte. Einen Moment lang stand ich da und starrte ihn an. Es war schwer zu sagen – das einzige Licht kam durch ein Prismenglas, das oben in das Deck eingelassen war -, doch ich hatte den Eindruck, dass das, was ich für ein böses Funkeln gehalten hatte, in Wirklichkeit nur ein Ausdruck der Verzweiflung war.
    »Müsst Ihr vielleicht pinkeln?«, erkundigte ich mich höflich.
    Der Mann und Jamie stießen beinahe identische Laute aus, obwohl es im ersten Fall das Stöhnen eines Mannes in Not war und in Jamies Fall ein enervierter Ausruf.
    »In Gottes Namen!«, sagte er und packte meinen Arm, den ich nach dem Mann ausgestreckt hatte. »Ich kümmere mich um ihn. Geh nach oben.« Seinem strapazierten Tonfall war anzumerken, dass sein Geduldsfaden kurz vor dem Zerreißen war, und es war sinnlos, mit ihm zu diskutieren. Ich ließ die beiden allein und stieg vorsichtig die Treppe zur Luke hinauf, begleitet von gälischem Gemurmel, das ich gar nicht erst zu übersetzen versuchte.
    Der Wind war so heftig, dass ich alarmierend ins Wanken geriet, als er sich in meinen Röcken verfing. Doch ich packte ein Tau und hielt mich fest, um mir von der frischen Luft den Kopf freipusten zu lassen, bevor ich mich stabil genug für den Weg zum Heck fühlte. Dort fand ich Ian, der wie angekündigt auf einem Fass saß und eine geladene Pistole nachlässig auf dem Knie liegen hatte, während er sich anscheinend in aller Freundschaft mit dem Seemann am Steuer unterhielt.
    »Tante Claire! Geht es dir wieder gut?«, fragte er. Dabei sprang er auf und winkte mich zu seinem Fass.

    »Ja«, sagte ich und nahm das Angebot an. Ich glaubte zwar nicht, dass etwas in meinem Knie gerissen war, aber ein wenig schmerzhaft fühlte es sich doch an. »Claire Fraser«, sagte ich und nickte dem Herrn am Steuer freundlich zu – es war ein Schwarzer, dessen Gesicht mit kunstvollen Tätowierungen verziert war, obwohl er vom Hals abwärts normale Seemannskleidung trug.
    »Guinea Dick«, sagte er mit einem breiten Grinsen, bei dem er – ohne jeden Zweifel – spitz gefeilte Zähne zeigte. »Diener, Ma’m!«
    Einen Moment lang betrachtete ich ihn mit offenem Mund, doch dann gewann ich meine Selbstkontrolle zumindest ansatzweise zurück und lächelte ihn an.
    »Wie ich sehe, holt sich Seine Majestät Seine Seeleute, wo er sie finden kann«, murmelte ich Ian zu.
    »So ist es. Mr. Dick hier wurde auf einem Piratenschiff aus Guinea in den Dienst gepresst. Dort hatte man ihn von einem Sklavenschiff geholt, das ihn wiederum aus einem Sklavenlager an der Küste Guineas hatte. Ich bin mir nicht sicher, ob er die Unterbringung auf einem Schiff Seiner Majestät für eine Verbesserung hält – aber er sagt, er hat nichts dagegen, mit uns zu kommen.«
    »Und traust du ihm über den Weg?«, fragte ich in stockendem Gälisch.
    Ian warf mir einen leicht schockierten Blick zu. »Natürlich nicht«, erwiderte er in derselben Sprache. »Und bitte sei so gut, ihm nicht zu nahe zu kommen, Frau des Bruders meiner Mutter. Er sagt zwar, er isst kein Menschenfleisch, doch das bedeutet nicht, dass er ungefährlich ist.«
    »Schön«, sagte ich jetzt wieder auf Englisch. »Was ist denn aus -«
    Bevor ich meine Frage beenden konnte, brachte mich ein lauter Plumps an Deck dazu, mich umzudrehen, und ich sah John Smith – den Herrn der fünf Ohrringe -, der aus der Takelage gesprungen war. Er lächelte ebenfalls, als er mich sah, doch seine Miene war angespannt.
    »Alles gut bis jetzt«, sagte er zu Ian und tippte sich an mich gewandt an die Stirn. »Geht es Euch gut, Ma’am?«
    »Ja.« Ich blickte zum Heck, entdeckte aber nichts außer lebhaften Wellen. In allen anderen Richtungen sah es genauso aus. »Äh … Wisst Ihr zufällig, wohin wir unterwegs sind, Mr. Smith?«
    Er blickte ein wenig überrascht drein.
    »Aber nein, Ma’am. Der Kapitän hat es uns nicht gesagt.«
    »Der Kap-«
    »Er meint Onkel Jamie«, sagte Ian, und es klang belustigt. »Erbricht er sich eigentlich gerade dort unten?«
    »Nicht, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe.« Mich beschlich langsam ein ungutes Gefühl. »Soll das heißen, dass niemand an Bord dieses Schiffes die geringste Ahnung hat, wohin wir unterwegs sind – oder auch nur,

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