Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
die Christen finden uns grausam!«
    »Aye, nun ja«, erwiderte Murray, »aber denk doch einmal nach. Sagen wir, ein Mann ist ein Feigling und ist nicht tapfer gestorben. Das Fegefeuer gibt ihm die Chance, seinen Mut doch noch unter Beweis zu stellen, aye? Und wenn er sich als richtiger Mann erwiesen hat, steht ihm die Brücke offen, und er kann ungehindert durch die Wolken der Schrecknisse ins Paradies aufsteigen.«
    »Hmm!«, sagte Glutton, obwohl er immer noch einen skeptischen Eindruck machte. »Wenn ein Mann denn Jahrhunderte der Folter ertragen kann … Aber wie geht das, ohne Körper?«
    »Glaubst du etwa, ein Mann braucht einen Körper, um Qualen zu empfinden?«, fragte Murray mit einem trockenen Unterton, und Glutton grunzte – vielleicht zustimmend, vielleicht belustigt – und ließ das Thema fallen.
    Eine Weile gingen sie schweigend weiter, umringt von Vogelrufen und dem lauten Summen der Fliegen. William, der ganz damit beschäftigt war, sich auf den Beinen zu halten, konzentrierte sich auf Murrays Hinterkopf, um nicht vom Weg abzukommen. Daher fiel es ihm auch auf, als der Schotte, der das Pferd führte, seine Schritte ein wenig verlangsamte.
    Er dachte zunächst, dies geschähe aus Rücksicht auf ihn, und war schon im Begriff, Protest einzulegen und zu sagen, dass er noch mithalten konnte – zumindest noch ein wenig -, doch dann sah er, wie Murray einen raschen Blick auf die beiden anderen Männer warf, die vorausgingen, und sich dann Glutton zuwandte und ihn etwas fragte, allerdings so leise, dass William die Worte nicht ausmachen konnte.
    Glutton zog zögernd die Schultern hoch, ließ sie dann aber resigniert fallen. »Oh, ich verstehe«, sagte er. »Sie ist wohl dein Fegefeuer, wie?«
    Murray stieß einen Laut widerstrebender Belustigung aus. »Ist das wichtig? Ich habe gefragt, ob es ihr gut geht.«
    Glutton seufzte und zog eine Schulter hoch.
    »Ja. Es geht ihr gut. Sie hat einen Sohn. Und eine Tochter, glaube ich. Ihr Mann …«
    »Aye?« Murrays Stimme hatte einen harten Unterton angenommen.
    »Kennst du Thayendanegea?«
    »Ja.« Jetzt klang Murray neugierig. Auch William war auf vage, verschwommene Art und Weise neugierig und wartete darauf zu hören, wer wohl Thayendanegea war und was er mit der Frau zu tun hatte, die Murrays Geliebte war – gewesen war? Oh, nein.
    »Ich bin nicht mehr verheiratet.« Seine Frau also. William verspürte einen Stich des Mitgefühls und dachte an Margery. Er hatte in den letzten vier Jahren
höchstens flüchtig an sie gedacht, wenn überhaupt, doch plötzlich schien ihm ihr Verrat eine wahre Tragödie zu sein. Ihre Bilder umschwebten ihn, gebrochen durch seinen Schmerz. Er spürte, wie ihm Feuchtigkeit über das Gesicht lief, und wusste nicht, ob es Schweiß oder Tränen waren. Ihm kam der Gedanke, langsam, wie aus großer Entfernung, dass er den Verstand verloren haben musste, doch er hatte keine Ahnung, wie er das ändern sollte.
    Die Fliegen stachen ihn zwar nicht mehr, doch ihr Summen hatte er nach wie vor im Ohr. Er lauschte dem Geräusch mit großer Konzentration, weil er überzeugt war, dass die Fliegen versuchten, ihm etwas Wichtiges mitzuteilen. Er hörte aufmerksam zu, konnte aber nur Silben ausmachen, die keinen Sinn ergaben. »Shosha.« »Nik.« »Osonni.« Nein, das war ein Wort, er kannte es! Weißer Mann, es bedeutete weißer Mann – war von ihm die Rede?
    Er schlug unbeholfen nach seinem Ohr, um die Fliegen zu verscheuchen, und wieder fing er dieses Wort auf: »Fegefeuer.«
    Eine Zeit lang konnte er die Bedeutung dieses Wortes nicht erfassen; übersät mit Fliegen, hing es vor ihm in der Luft. Dumpf nahm er die Hinterhand des Pferdes wahr, die in der Sonne glänzte, die doppelte Linie im Staub, hinterlassen von – was war es noch? Ein Ding aus einem Bett – nein, aus Leinen; er schüttelte den Kopf. Es war sein Bettsack, der zwischen zwei Baumschösslinge gespannt war, die über den Boden schleiften … »Schleppbahre«, das war das Wort – ja. Und die Katze; da war eine Katze, die ihn mit Augen aus rohem Bernstein ansah, den Kopf nach hinten verdreht, das Maul aufgerissen, sodass er die Fangzähne sah.
    Jetzt sprach die Katze auch mit ihm.
    »Ihr seid verrückt, wisst Ihr das?«
    »Ich weiß«, murmelte er. Die Antwort der Katze verstand er nicht, denn sie wurde mit schottischem Akzent geknurrt.
    Er beugte sich dichter über die Katze, um sie besser zu hören. Hatte das Gefühl, durch Luft, die so dick war wie Wasser, zu dem offenen Maul

Weitere Kostenlose Bücher