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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Eigentlich wollte er selbst nicht hinsehen, doch er riskierte einen Blick. Sein Unterarm war fast auf den doppelten Umfang angeschwollen, und unter dem einbandagierten Umschlag liefen dunkelrote Streifen hervor, die auf sein Handgelenk wiesen.
    Der Englisch sprechende Mann – wie hatte Murray ihn genannt? Glutton, dachte er, doch warum? – zog sein Messer und schnitt den Verband auf. Erst
jetzt merkte William, wie unangenehm ihm der feste Verband gewesen war. Er unterdrückte das Bedürfnis, sich den Arm zu reiben, als er spürte, wie das Blut unter heftigem Kribbeln wieder zu zirkulieren begann. Äußerst heftiges Kribbeln. Es fühlte sich an, als steckte sein Arm in einer Masse von Feuerameisen, die allesamt auf ihn einstachen.
    »Mist«, sagte er mit zusammengebissenen Zähnen. Offenbar kannten sämtliche Indianer dieses Wort, denn sie lachten alle, bis auf Glutton und Murray, die seinen Arm mit zusammengekniffenen Augen betrachteten.
    Glutton – er sah gar nicht fett aus, warum hieß er Vielfraß? – betastete den Arm vorsichtig, zog die Stirn kraus und sagte etwas zu Murray. Dann zeigte er nach Westen.
    Murray rieb sich das Gesicht und schüttelte dann den Kopf mit der Miene eines Mannes, der die Erschöpfung oder Sorge von sich schiebt. Schließlich zuckte er mit den Schultern und richtete eine Frage an die ganze Gruppe. Kopfnicken und Achselzucken, und mehrere der Männer standen auf und gingen in den Wald.
    Eine Anzahl von Fragen kreiste langsam durch Williams Gehirn, rund und leuchtend wie die Metallkugeln des Miniatur-Sonnensystems seines Großvaters, das in der Bibliothek des Hauses an der Jermyn Street stand.
    Was haben die Männer vor?
    Was geht hier vor?
    Liege ich im Sterben?
    Sterbe ich wie ein britischer Soldat?
    Warum hatte er … britischer Soldat … Sein Verstand packte diese Frage am Schwanz, als sie vorüberhuschte, und zog sie zu Boden, um sie genauer zu betrachten. »Britischer Soldat« – wer hatte das gesagt? Die Antwort kreiselte langsam in sein Blickfeld. Murray. Als sie sich in der Nacht unterhalten hatten … Was hatte Murray gesagt?
    »Ist das denn für einen britischen Soldaten anders? Ihr wollt doch auch nicht als Feigling sterben, oder?«
    »Ich werde gar nicht sterben«, murmelte er, doch sein Verstand beachtete ihn nicht, weil er ganz darauf konzentriert war, dieses kleine Rätsel zu lösen. Was hatte Murray damit gemeint? Hatte er es theoretisch gemeint? Oder hatte er in William tatsächlich einen britischen Soldaten erkannt?
    Gewiss war das unmöglich.
    Und was zum Teufel hatte er geantwortet? Die Sonne ging jetzt auf, und das Licht der Dämmerung leuchtete so hell, dass seine Augen schmerzten, obwohl es eigentlich ein sanftes Licht war. Er blinzelte und konzentrierte sich wieder.
    »Es ist gar nicht so anders – die Hoffnung, tapfer zu sterben, meine ich«, hatte er gesagt. Also hatte er so geantwortet, als wäre er ein britischer Soldat, verdammt.
    Im Moment kümmerte es ihn allerdings kaum, ob er tapfer starb oder wie ein Hund … Wo war denn der – oh, da. Rollo schnüffelte an seinem Arm, stieß
ein leises Winseln aus, dann hielt er die Nase wieder an die Wunde und begann, daran zu lecken. Es fühlte sich sehr seltsam an: schmerzhaft, aber auch merkwürdig angenehm, und er machte keine Anstalten, den Hund zu verjagen.
    Was …? Oh, ja. Er hatte einfach nur geantwortet und gar nicht bemerkt, was Murray gesagt hatte. Doch was, wenn Murray tatsächlich wusste, wer – oder was – er war? Ein leiser, alarmierter Stich durchdrang das Durcheinander seiner langsamer werdenden Gedanken. War Murray ihm schon gefolgt, bevor er in den Sumpf ritt? Hatte er vielleicht gesehen, wie er sich mit dem Mann auf der Farm in der Wildnis am Rand des Sumpfes unterhielt, und war ihm dann gefolgt, um ihn anzuhalten, wenn sich die Gelegenheit ergab? Doch wenn das stimmte...
    Was Murray über Henry Washington gesagt hatte, über Dismal Town – war es gelogen?
    Der kräftige Indianer kniete sich neben ihn und drängte den Hund zur Seite. Ihm konnte William keine der Fragen stellen, die sein Gehirn bevölkerten.
    »Warum nennen sie Euch Glutton? «, fragte er stattdessen durch den Nebel aus brennendem Schmerz.
    »Habe einen Vielfraß erlegt«, sagte der Mann. »Mit bloßen Händen. Ist jetzt mein Schutzgeist. Habt Ihr auch einen?«
    »Nein.«
    Der Indianer sah ihn tadelnd an.
    »Den braucht Ihr aber, wenn Ihr das hier überleben wollt. Sucht Euch ein Tier aus. Eines mit viel Kraft.«
    William

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