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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Tatsache, dass er nicht möchte, dass jemand mit ansieht, wie er sich abmüht. Wahrscheinlich beides.
     
    Die dritte Seite des Briefes war deutlich anders. Die Handschrift war viel größer als sonst und schnörkeliger. Immer noch erkennbar die Handschrift ihres Vaters, doch die Buchstaben kamen ihr weniger verkrampft vor, weniger eckig. Sie spürte, wie sich ihr Herz zusammenzog, nicht nur bei dem Gedanken an die verstümmelte Hand ihres Vaters – sondern auch an das, was ihm diese Mühe und Anstrengung wert gewesen war:
    Meine Liebste,
     
    Dein Bruder lebt und ist unverletzt. Ich habe ihn mit seinen Männern aus Saratoga abmarschieren sehen, erst gen Boston und später nach England. Er wird in diesem Krieg nicht mehr zur Waffe greifen. Deo gratias.
     
    Dein Dich liebender Vater JF
     
    Postscriptum: Es ist das Fest aller Heiligen. Bete für mich.
    Das hatten ihnen die Nonnen immer erzählt – und sie hatte es ihm erzählt. Wenn man an Allerheiligen ein »Vaterunser«, ein »Gegrüßet seist Du, Maria« und ein »Gloria« betet, kann man die Entlassung einer Seele aus dem Fegefeuer erwirken.
    »Verflixter Kerl«, flüsterte sie. Sie zog heftig die Nase hoch und kramte im Schreibtisch nach einem Papiertaschentuch. »Ich wusste doch, dass du mich zum Weinen bringen würdest.«

    »BRIANNA?«
    Zu ihrer Überraschung kam Rogers Stimme aus der Küche. Sie hatte damit gerechnet, dass es noch mindestens ein oder zwei Stunden dauern würde, bevor er von den Ruinen der Kapelle herunterkam, und sie putzte sich hastig die Nase, rief »Komme!« und hoffte, dass man es ihr nicht anhören konnte, dass sie gerade geweint hatte. Erst als sie den Flur betrat und sah, wie er die Küchentür halb offen hielt, begriff sie, dass auch seine Stimme irgendwie seltsam geklungen hatte.
    »Was ist denn?«, sagte sie und beschleunigte ihre Schritte. »Die Kinder -«
    »Alles okay«, unterbrach er sie. »Ich habe Annie gesagt, sie soll mit ihnen in den Ort fahren und ein Eis essen.« Dann trat er beiseite und winkte sie in die Küche.
    Sie erstarrte noch in der Tür. Ein Mann lehnte im Stehen an der alten Steinspüle, die Arme verschränkt. Er richtete sich auf, als er sie sah, und verneigte sich auf eine Weise, die ihr äußerst merkwürdig erschien – und doch vertraut. Bevor sie darauf kommen konnte, warum das so war, richtete er sich erneut auf und sagte mit leiser Stimme: »Euer Diener, Ma’am.«
    Sie blickte ihm geradewegs in die Augen, die genau wie Rogers Augen aussahen, und sah sich hastig nach Roger um, nur, um sicherzugehen. Ja, es war so.
    »Wer -«
    »Erlaube mir, dir William Buccleigh MacKenzie vorzustellen«, sagte Roger, dessen Stimme einen deutlich gereizten Unterton hatte. »Auch bekannt als der Nuckelavee. «
    Im ersten Moment ergab kein Wort davon einen Sinn. Dann schoss ihr eine solche Welle von Eindrücken – Erstaunen, Wut, Unglaube – durch den Kopf, dass ihr keiner davon über die Lippen kam und sie den Mann einfach nur angaffte.
    »Ich bitte um Verzeihung, Ma’am, dass ich Eure Kinder erschreckt habe«, sagte der Mann. »Erstens hatte ich ja keine Ahnung, dass es die Euren sind. Aber ich weiß, wie Kinder sind, und ich wollte nicht entdeckt werden, bevor ich mir nicht einen Reim auf das alles machen konnte.«
    »Das alles … Was denn nur?« Endlich fand Brianna die Sprache wieder. Der Mann lächelte kaum merklich.
    »Aye, nun ja. Das wisst Ihr und Euer Mann wahrscheinlich besser als ich.«
    Brianna zog einen Stuhl unter dem Tisch hervor und setzte sich abrupt hin. Sie winkte dem Mann, das Gleiche zu tun. Als er ins Licht des Fensters trat, sah sie, dass er eine Schürfwunde auf dem Wangenknochen hatte – einem vorstehenden Wangenknochen, der ihr gemeinsam mit der Form von Schläfe und Augenhöhle schrecklich vertraut vorkam, genau wie der Mann selbst. Aber natürlich war er ihr vertraut, dachte sie benommen.
    »Weiß er, wer er ist?«, fragte sie, an Roger gewandt, der sich, wie sie jetzt erst bemerkte, die rechte Hand hielt, deren Knöchel zu bluten schienen. Er nickte.

    »Ich habe es ihm gesagt. Bin mir aber nicht sicher, ob er mir glaubt.«
    Die Küche war so solide und gemütlich wie immer, friedlich in der Herbstsonne, und die blau karierten Geschirrtücher hingen am Herd. Doch momentan fühlte sie sich an wie die Rückseite des Jupiter, und als Brianna nach der Zuckerschale griff, wäre sie nicht überrascht gewesen, wenn ihre Hand einfach hindurchgeglitten wäre.
    »Ich bin heute bereit, einiges

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