Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
Schwelle. Sie kniff die Augen zu, öffnete sie wieder und legte langsam den Kopf zurück, um den Blick an seinem hochgewachsenen, in Leder gekleideten Körper mit den sehnigen Muskeln und den kleinen Narben emporwandern zu lassen, bis hin zu seinem Kopf mit dem Federkamm und dem tätowierten Gesicht, in dem sich nicht das Geringste regte – bis auf die Augen, deren Hoffnung und Angst er nicht verstecken konnte, Mohawk oder kein Mohawk.
    Jennys Mund zuckte. Einmal … Zweimal … Dann löste sich ihr Gesicht auf, und sie begann, kleine, hysterische Jauchzer auszustoßen, die unmissverständlich in Gelächter übergingen. Sie schluckte, jauchzte noch einmal und lachte so hemmungslos, dass sie rückwärts ins Haus taumelte und sich auf die Bank im Flur setzen musste, wo sie sich mit verschränkten Armen vornüberbeugte und lachte, bis ihr Stimme und Atem versagten und sie nur noch japsen konnte.
    »Ian«, keuchte sie schließlich und schüttelte den Kopf. »O Gott, Ian. Mein Junge.«
    Ian sah völlig verdattert aus. Er blickte Jamie ratsuchend an, der mit den Achseln zuckte, während auch ihm der Mund zuckte – dann wieder seine Mutter.
    Sie schnappte mühsam nach Luft, dann stand sie auf, ging zu ihm und schlang die Arme um ihn, während sie ihr tränenüberströmtes Gesicht an ihn drückte. Seine Arme legten sich langsam und vorsichtig um sie, und er hielt sie fest wie etwas Zerbrechliches, das von unschätzbarem Wert ist.
    »Ian«, schluchzte sie, und ich verfolgte, wie ihre schmalen, angespannten Schultern plötzlich zusammensackten. »Oh, Ian, Gott sei Dank, dass du noch rechtzeitig gekommen bist.«

    SIE WAR KLEINER, ALS ICH SIE IN ERINNERUNG HATTE, UND SCHLANKER. IHR Haar war mit etwas mehr Grau versetzt, obwohl es immer noch dunkel zu pulsieren schien – doch die dunkelblauen Katzenaugen waren noch genau dieselben, ebenso wie die angeborene Befehlsgewalt, die sie mit ihrem Bruder gemeinsam hatte.
    »Lasst die Pferde stehen«, sagte sie knapp und wischte sich mit der Schürze über die Augen. »Einer der Jungen soll sich darum kümmern. Ihr seid bestimmt durchgefroren und halb verhungert – zieht euch aus und kommt ins Wohnzimmer.« Sie richtete einen kurzen Blick auf mich, voll Neugier und etwas anderem, das ich nicht interpretieren konnte, sah mich aber nicht direkt an und sagte nicht mehr als »Komm!«, bevor sie ins Wohnzimmer vorausging.
    Das Haus roch vertraut und fremd zugleich, es war in Torfrauch und Kochgerüche gehüllt; jemand hatte gerade Brot gebacken, und Hefegeruch schwebte aus der Küche durch den Flur. Hier im Flur war es fast genauso kalt wie im Freien; die Türen der Zimmer waren fest geschlossen, um die Wärme der Kaminfeuer zu bewahren, und eine willkommene Hitzewelle schlug uns entgegen, als Jenny die Wohnzimmertür öffnete und sich dann umwandte, um Ian als Ersten hineinzuziehen.
    »Ian« sagte sie in einem Ton, den ich noch nie bei ihr gehört hatte. »Ian, sie sind hier. Dein Sohn ist heimgekommen.«
    Der ältere Ian saß in einem großen Sessel am Feuer und hatte eine warme Decke über den Beinen liegen. Er kämpfte sich augenblicklich hoch, ein wenig unsicher auf dem Holzbein, das er anstelle seines im Krieg verlorenen Beins trug, und kam einige Schritte auf uns zu.
    »Ian«, sagte Jamie leise und sanft vor Schreck. »Gott, Ian.«
    »Oh, aye«, sagte Ian, der selbst ironisch klang. »Keine Sorge, ich bin’s immer noch.«
    Phthisis nannte man es. Zumindest die Ärzte. Auf Griechisch bedeutete es Verfall. Die Laien nannten es unverblümter »Schwindsucht«, und der Grund dafür war deutlich zu sehen. Die Krankheit verzehrte ihre Opfer, fraß sie lebendig auf. Eine Seuche der Verwüstung, die Fleisch fraß und Leben vergeudete, verschwenderisch und kannibalistisch.
    Im England der dreißiger und vierziger Jahre hatte ich sie oft gesehen, öfter noch hier in der Vergangenheit. Doch noch nie hatte ich mit angesehen, wie sie jemandem, den ich liebte, das Leben von den Knochen schnitt, und mein Herz wurde zu Wasser und floss davon.
    Ian war immer schon drahtig gewesen, selbst in Zeiten des Überflusses. Sehnig und zäh, und seine Knochen waren immer dicht unter seiner Haut zu sehen gewesen, genau wie die seines Sohnes. Jetzt …
    »Kann sein, dass ich huste, aber ich zerbreche nicht«, versicherte er Jamie. Dann legte er Jamie die Arme um den Hals. Jamie umarmte ihn sehr sanft, doch dann wurde seine zurückhaltende Umarmung inniger, als er feststellte, dass Ian tatsächlich nicht

Weitere Kostenlose Bücher