Highlander meiner Sehnsucht
sie sich an ihn erinnern konnte, schien er kein Mann zu sein, der sie dazu zwingen würde, einen Mann zu heiraten, den sie nicht wollte. Doch sie konnte kein Risiko eingehen. Selbst wenn Rory sich überreden ließe, würden Hector und ihr Cousin Argyll nicht zulassen, dass die Angelegenheit entschieden wurde, ohne dass sie sich einmischten.
Alle drei würden vor Wut rasen, wenn sie entdeckten, was sie getan hatte.
Ihre Brüder hätten es besser wissen müssen, als zu versuchen, sie zu zwingen. Obwohl sie sich schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen hatten, hatte sie sich in mancherlei Hinsicht nicht verändert. Doch vielleicht hatten sie das kleine Mädchen vergessen, das es gehasst hatte, in die Ecke gedrängt zu werden.
Flora warf William in der Dunkelheit erneut einen Blick zu, um ihn noch etwas länger zu mustern, und fragte sich nicht zum ersten Mal, warum er ihrem Plan, miteinander durchzubrennen, zugestimmt hatte. Doch schnell verdrängte sie den plötzlichen Anflug von Unsicherheit wieder.
Er war die perfekte Wahl. Ihre Brüder würden sie möglicherweise sogar gutheißen, dachte sie ironisch. Nicht, dass sie ihnen die Gelegenheit dazu geben würde, in dieser Sache ein Wörtchen mitzureden.
»Du hast nichts zu befürchten«, beruhigte Lord Murray sie, als ob er ahnte, welche Richtung ihre Gedanken eingeschlagen hatten. »Selbst wenn sie davon erfahren, wird es bereits zu spät sein. Wir sind fast da.«
Flora zog eine Augenbraue hoch. »Du kennst meine Brüder nicht.«
Im weichen Schimmer des Mondlichts huschte ein eigenartiger Ausdruck über sein Gesicht. »Nicht gut«, gab er zu. »Hauptsächlich vom Hörensagen.«
Flora unterdrückte ein unfeines Schnauben. »Dann weißt du wahrscheinlich, dass es einen guten Grund gibt, sich zu fürchten. Meine berüchtigt grimmigen Brüder sind keine Männer, die man verärgern sollte.« Sie machte eine kurze Pause. »Obwohl ich sie zugegebenermaßen nicht mehr allzu gut kenne.«
»Wann hast du sie zum letzten Mal gesehen?«
Sie dachte einen Moment lang nach. »Das ist schon eine
ganze Weile her. Meine Mutter zog es vor, bei Hofe oder auf Castle Campbell zu bleiben.« Das war die Festung des Earl of Argyll in den Lowlands. Dadurch war ihre Mutter den »Barbaren«, wofür die Highlander bei Hofe gehalten wurden, aus dem Weg gegangen, die ihr so viel Leid verursacht hatten. »Meine Brüder geben ihr Bestes, die Highlands nicht zu verlassen«, erklärte sie. »Ich sehe meinen Cousin Argyll viel öfter, als ich Rory und Hector sehe.« Oder irgendeines ihrer anderen Halbgeschwister.
Abgesehen von ein paar kurzen Gelegenheiten bei Hofe hatte Flora seit ihrer Kindheit mit keinem aus ihrer Familie besonders viel Zeit verbracht. Obwohl sie acht Halbgeschwister hatte – fünf MacLeods, mit denen sie den Vater gemeinsam hatte, und drei Macleans, mit denen sie die Mutter gemeinsam hatte –, hätte sie genauso gut ein Einzelkind sein können.
Nicht, dass ihr das etwas ausgemacht hatte. Sie hatte schließlich immer ihre Mutter gehabt.
Doch ihre Mutter war nun fort.
Flora schluckte den Kloß hinunter, der sich in ihrer Kehle gebildet hatte. Sie vermisste sie schrecklich.
Sie konnte nur hoffen, dass ihre Mutter im Tod das Glück gefunden hatte, das ihr zu Lebzeiten verwehrt geblieben war. Da sie viermal mit Männern verheiratet worden war, die sie sich nicht selbst ausgesucht hatte, war ihre Mutter bestrebt gewesen, sicherzustellen, dass ihre Tochter nicht dasselbe Schicksal erleiden musste, und ihr letzter Wunsch war es gewesen, dass Flora nicht ohne Liebe heiratete. Ein Wunsch, den sie mit einem Versprechen auf dem Sterbebett besiegelt hatte.
Versprich es mir, Flora. Was es auch kostet, heirate niemals jemanden, den du nicht liebst.
Flora verdrängte die Erinnerung – und das Schuldgefühl. Sie liebte William nicht. Doch wie konnte sie das Versprechen
halten, das sie ihrer Mutter gegeben hatte? Ohne den Schutz ihrer Mutter war Flora der Gnade von Männern ausgeliefert, die danach trachteten, sie zu kontrollieren. Eine Frau konnte sich ihr eigenes Schicksal nicht aussuchen. Ob es ihr gefiel oder nicht, Flora war ein Ehepreis. Ihre Pflicht war es, den Mann zu heiraten, den ihr Bruder aussuchte.
Doch war es auch ihre Pflicht, mit ihrem Leben unglücklich zu sein?
Nein . Sie weigerte sich, wie eine wertvolle Jungkuh verschachert zu werden.
Sie hatte ihre Wahl getroffen.
»Gehörte das deiner Mutter?«
Erschrocken wandte sie sich wieder William zu.
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