Highschool der Vampire
ist das flache Ende? Einen Meter?«
Ich nickte.
»Wenn ich hineinginge, könnte ich im Notfall wirk lich schnell wieder draußen sein«, sagte er. »Und du wärst in der Nähe, oder?«
»Natürlich wäre ich das!«
»Lass uns eine Badehose für mich suchen«, sagte er.
Wir fanden eine Badehose und eine Sporttasche. Ich holte an die vierzig zusätzliche Handtücher, bloß für alle Fälle. Ich hoffte, dass ich nicht so verängstigt aussah, wie ich mich fühlte.
Ich ging zuerst ins Wasser.
»Okay«, sagte ich und täuschte ein Lächeln vor. »Ist nichts dabei. Immer schön einen Schritt nach dem ande ren.«
Justin setzte ein Gesicht auf, als stünde er vor einer Wand und überlegte sich, wie er mit dem Kopf durch käme. Er sah das Becken an und stieg auf der Leiter eine Stufe nach unten. Das Wasser rann über seinen Fuß. Er hielt inne.
»Wie fühlt sich das an?«, fragte ich.
»Nicht schlecht«, entschied er nach einem Augenblick.
Er setzte den zweiten Fuß neben den ersten.
»Ziemlich gut«, sagte er.
Er stieg noch eine Stufe herunter und stand jetzt bis zu den Oberschenkeln im Wasser.
»Wie geht's dir?«, fragte ich. Ich war bereit ihn an den Haaren aus dem Wasser zu zerren.
»Komisch«, meinte er. »Echt komisch.«
Das war's dann also. Ich streckte den Arm aus, um ihn am Nacken zu packen und herauszuziehen, aber bevor ich ihn erreichte, hatte Justin sich flach ins Wasser ge schmissen. Mit einem Platsch verschwand er unter Was ser und schoss von mir weg.
»Justin!«, rief ich. »Justin, nicht! Warte einen Moment!
Warte auf mich! Warte!«
Aber Justin hätte mich sowieso nicht gehört.
Wo sein Kopf gewesen war, sah ich einen Wasserpfeil wegschnellen und durchs Schwimmbecken flitzen, schnel ler, als ich es je bei irgendjemandem gesehen hatte. Dann tauchte er unter dem Sprungbrett auf.
»Juchhu!«
Ihr habt nie in eurem Leben tatsächlich jemanden
»Juchhu« rufen hören, stimmt's? Nun, ich auch nicht.
Aber genau das rief Justin. Dann sprang er aus dem Was ser. Und als er erst eineinhalb, dann drei Meter in die Luft sprang, sah ich, dass es nicht mehr Justin war.
Aus meinem Freund war ein dunkles stromlinienförmi ges Wesen geworden, das mit glattem braunem Fell be deckt war. Es sah menschlich aus - so wie ein Mensch aussehen würde, der für ein Leben im Wasser bestimmt ist.
Das Wesen erreichte den höchsten Punkt seines Sprungs, beschrieb einen anmutigen Bogen, platschte ins Wasser und kam auf mich zugeschossen.
»Das ist einfach großartig!«, sagte Justin. »Ich wünschte, ich hätte das schon vor Jahren gemacht. Komm schon!«
Aber ich hatte nicht die geringste Chance, mit ihm mitzuhalten. Er schoss durchs Wasser, hin und her, be schrieb in langen Schwüngen große Bögen, schwamm im Zickzack, sprang, tauchte. Es war, als würde er vom Schwimmbecken Besitz ergreifen.
Ich blieb einfach in der Mitte und rief Dinge wie: »Jus tin, vielleicht solltest du nicht ...«, »Vielleicht brauchst du ...« und »Es ist dein allererstes Mal«.
Aber er war für das geboren, was er da gerade machte.
Schließlich tauchte er neben mir auf, lächelte und sagte: »Jetzt hast du mich zum dritten Mal gerettet.«
»Was?«
»Zuerst hast du mich vor Gregor gerettet, dann davor, Ileanas Party zu versäumen. Und jetzt hast du mich davor gerettet, niemals herauszufinden, wer ich wirklich bin«, sagte er.
»Weißt du, es wird spät«, erwiderte ich. »Wir trocknen uns besser ab.«
»Ich möchte nie wieder trocken sein.«
»Mach schon. Die Wachleute werden vorbeikommen, um das Schwimmbad zu schließen und Underskinker aufzuwecken.«
»Okay«, sagte Justin zögernd. Er glitt in eine Ecke des Beckens und sprang aus dem Wasser.
Als er sich abtrocknete, wurde er wieder zu dem Jus tin, den ich kannte. Aber es gab einen Unterschied. Er lächelte und es lag keine Scheu darin. Er war glücklich und er wusste, dass niemand ihm dieses Glück nehmen konnte. Er bewegte sich sogar anders.
Wir zogen uns an und gingen in die frühe Dämme rung hinaus. Der Schnee hatte sich jetzt in die Ecken und an die schattigen Plätze zurückgezogen. Er leuchtete schwach.
»Also«, sagte Justin, als hätte er darüber nachgedacht,
»was muss ich tun, um in die Wasserballmannschaft auf genommen zu werden? Als regulärer Spieler, meine ich.«
Diese Idee war so einfach, dass sie genial war. U n d ich war mir sicher, Horvath würde sie hassen. Aber dann kam mir selbst eine Idee, die entweder genauso genial wie die von Justin oder
Weitere Kostenlose Bücher