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Hilfe, die Googles kommen!

Hilfe, die Googles kommen!

Titel: Hilfe, die Googles kommen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Mann
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zukommen lassen, die mit ihren überfrachteten Werbenachrichten voll bunter Bilder eigentlich eine Epilepsie-Warnung verdient hätten, genau wie 3D-Filme. » KAUF! BILLIG! REDUZIERT !«, schreit es uns an und piepst wie ein Tinnitus in unseren Augen. Manchmal wirkt es fast wie Stalking, wenn einen der lange nicht besuchte Onlineshop mit » WIR VERMISSEN DICH! HABEN WIR ETWAS FALSCH GEMACHT ?« anschreibt. Man fühlt sich ähnlich wie das Arschloch, das sich nach dem One-Night-Stand nicht mehr meldet.
    Wie oft hatte ich deswegen schon ein schlechtes Gewissen – also jetzt nicht wegen vereinzelten Poppens 161 –, sondern wegen einmaligen Shoppens in Onlineshops, mit denen ich nach dem Geschäftsverkehr nichts mehr zu tun haben wollte. Wenn die sich dann unterwürfig wieder bei mir melden mit »Haben wir es dir nicht gut besorgt?«, musste ich schon oft reumütig etwas kaufen, das ich eigentlich gar nicht gebraucht hätte. Ich bin eben ein gutmütiger Typ mit einem ehrenhaften Gewissen. Gut, oft wurde ich natürlich auch von dem beigefügten Zwei-Euro-Gutschein geködert. Ich bin halt obendrein auch ein billiger Hund.
    Warum aber tut man sich das alles an? Hätte man die Bettelmail nicht von vornherein verhindern können? Mitnichten, der Newsletter ist für das Internet das, was der Fußpilz für das Hallenbad ist. Ob man will oder nicht: Wenn man regelmäßig dort verkehrt, bekommt man ihn früher oder später. Es ist natürlich nichts gegen dezente gewerbliche Informationen einzuwenden, die in zurückhaltenden zeitlichen Abständen hereinflattern, aber leider sieht die Realität anders aus.
    Ohne Unterlass penetrieren diese digitalen Flugblätter unsere E-Mail-Programme und lassen uns einfach keine Ruhe mehr, auch wenn man probiert, sich abzumelden. Das klappt nämlich oft gar nicht oder ist so kompliziert, 162 dass man aufgibt und einfach angemeldet bleibt.
    Es ist gerade so, als habe man Mephisto seine Seele verkauft und käme aus dem Deal nicht mehr raus, auch wenn man noch so oft auf »Abmelden« klickt. Heinrich Faust hatte sich wenigstens freiwillig auf den Deal eingelassen. Wie oft übersieht man aber beim Einkauf im Netz ein Häkchen oder das Kleingedruckte und wird damit quasi zwangsangemeldet. Am Briefkasten vor dem Haus hilft ein einziges kleines »Keine Werbung«-Schild, um die Postwurfsendungen fernzuhalten. Im Internet kämpft man wie Don Quichotte gegen jede einzelne Windmühle.
    Wenn Sie nun aber glauben, die Impertinenz von vernachlässigten Firmen sei ein Netzproblem, täuschen Sie sich. Ich erhalte heute noch Anrufe von Verlagen, bei denen ich in den 80ern mal eine Jugendzeitschrift im Test-Abo bezogen hatte. Geschulte Callcenter-Mitarbeiter erinnern mich dann an die gute, alte Zeit und appellieren, die schöne Jugendliebe doch wieder zu aktivieren – am besten mit einem Test-Abo, das sich automatisch um vierzig Jahre verlängert, wenn man vergisst, zu kündigen.
    Falls ich nicht direkt zusage, ködern mich die gerissenen Telefonhypnotiseure mit Radioweckern, Baumarktgutscheinen oder Langschlitztoastern, womit ich dann tatsächlich meistens verloren bin. Tja, wenn mir jemand einen Langschlitztoaster anbietet, kann ich einfach nicht nein sagen.
    Daher habe ich mittlerweile so viele Abos, dass ich fast schon ein Zeitungsbüdchen aufmachen könnte, an dem es mittags auch noch frischen Schinken-Käse-Toast gibt. »Telefonische Newsletter« funktionieren also recht gut bei mir. Aber egal ob offline oder online – die Grenzen zwischen Newsletter und Spam sind fließend.
    Wer hat schon noch den Überblick, welches webbasierte Werbeblättchen er tatsächlich freiwillig bestellt hat, und welches ungefragt in den Posteingang flattert? Die Verspammung des Internets schreitet trotz unzähliger Gegenmaßnahmen genauso fort wie die Abholzung des Regenwaldes und die Verfettung der Jugend.
    Dabei hätte ich anfangs nicht damit gerechnet, dass das Konzept der Spam-E-Mail sich so lange im Internet hält. Schließ ­lich ist sie vom Prinzip her vergleichbar mit einem Raubritter, der aus dem Hinterhalt eine Kutsche überfällt, nur um dann den Opfern Potenzmittel, Plastiklanzen und sonstigen Tineff aus den Ein-Taler-Shops des Mittelalters anzudrehen. ­Alles in allem also ein ziemlich dämliches Geschäftskonzept, welches darauf basiert, dass der Überfallene plötzlich denkt: »Ui, eine Plastiklanze fehlt mir noch in meiner Kemenate.«
    Ich für meinen Teil kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich noch nie in

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